Rhein-Neckar, 27. Mai 2016. (red) Sie wollen wissen, wie gebührenfinanzierter Journalismus funktioniert? Ganz einfach: Wichtig sind die drei Buchstaben: S, E, X. Dann brauchen Sie noch etwas “Kurioses”. Das rühren Sie einmal um und schon kommt eine Top-Story raus. Diese Erfolgsformel wenden nicht nur öffentlich-rechtliche Sender an, sondern alle, die “Clickbaiting” betreiben.
Vorab: Diese Story läuft nicht exklusiv bei SWR3, sondern wurde von vielen Medien gebracht. Warum? Ganz einfach: Man braucht null Recherche, es geht um SEX und alles was mit den drei Buchstaben zu tun hat, findet immer Aufmerksamkeit.
Was ist also passiert? Ein Pärchen hat Sex in einem Park. Die Polizei rückt an, prüft die Personalien, lässt den Mann gehen und die Frau muss für ein Jahr ins Gefängnis.
Die Story wird von SWR3 “angeteasert” – also “aufgemacht”. Das liest sich erst so, als müsste die Frau WEGEN des Sex im Park in den Knast. Doch das stimmt nicht. Der Sex und der Knast haben gerade mal gar nichts miteinander zu tun. Sie werden aber so verknüpft, als hätten sie was miteinander zu tun.
Die Frau hätte auch in einer Bahn kontrolliert werden können oder auf der Straße. Gegen sie lag ein Haftbefehl vor. Jeder Polizeibeamte, der die Frau identifiziert hätte, hätte sie in irgendeiner anderen Situation ebenfalls verhaftet. Doch wie “sexy” wäre so eine Meldung? “Bei einer Polizeikontrolle einer 30-jährigen Frau wurde festgestellt, dass gegen diese ein Haftbefehl vorlag. Dieser wurde vollzogen und die Frau in eine Justizvollzugsanstalt eingeliefert.” Das wäre überhaupt kein Aufreger und hätte es niemals in die Schlagzeilen geschafft.
Indem der Sex dazu kommt und man die Mediennutzer erst auf eine falsche Fährte führt, wird daraus doch eine Geschichte.
Ob gebührenfinanzierte Sender gut mit solchen Stories fahren, darf bezweifelt werden. Denn die Menschen erwarten Qualität fürs Geld und nicht irgendwelche Stories mit den drei Buchstaben.
Man nennt das “Clickbaiting” – angebliche “Informationen” werden mit einem “Klickköder” versehen, damit die Nutzer eben genau das machen, schnell mal klicken. Man erhofft sich davon höhere Zugriffszahlen. Für Medien, deren Werbepreise von der Höhe der Klickzahlen abhängen, ist das noch nachvollziehbar. Bei öffentlich-rechtlichen Sendern hingegen überhaupt nicht.