Mannheim/Rhein-Neckar/Berlin/Chemnitz, 31. August 2018. (red/pro) Seit Tagen scheint es nur noch das Thema Chemnitz zu geben. Klar, es gibt auch andere Nachrichten. Aber Chemnitz überlagert scheinbar alles. Irgendwie fühlt sich der mediale Hype an wie die Vorrunde zur Entscheidung. Zu welcher auch immer.
Kommentar: Hardy Prothmann
RNB-Leser wissen, dass ich eher ein unängstlicher Typ bin. Ich lasse mich eher nicht von linken oder rechten Krawallos einschüchtern, auch, wenn der Staatsschutz eine “abstrakte Gefährdung” für mich durch meinen Job erkennt, dessen Ausübung manche nicht “gut finden”.
Ich lasse mich auch nicht durch Prozesse einschüchtern, wer das dachte, hat schon lange verloren.
Ich sage Ihnen aber ganz aktuell und mit Blick auf die Zukunft: Ich habe Angst.
Die aktuellen Prozesse sind derart alarmierend, dass es mir nicht nur Angst wird, sondern Bange.
Chemnitz steht nicht für Gesamtdeutschland, aber es wird medial dazu gemacht.
Damit wird ein lokales Feuer zu einem Flächenbrand entfacht.
Verantwortlich dafür sind insbesondere Medien. Leitmedien, die mehr und mehr zu Leidmedien werden.
Verantwortlich sind ebenso Verbände, Parteien, einzelne Personen, die von links wie rechts zum totalen Endkampf aufrufen.
Ich bin aktuell geschockt, obwohl ich seit Jahren immer wieder vor dieser Situation gewarnt habe. Sie verdichtet sich mehr und mehr.
Und ich fühle mich endlos hilflos, weil alles recherchieren und mit Fakten argumentieren nichts nutzt.
Ich bin der festen Überzeugung, dass man sich in vielen Redaktionsstuben bereits auf den Bürgerkrieg vorbereitet, den extreme Kräfte seit langem propagieren.
Denn Gewalt liefert geile Bilder, viele Emotionen. Viele Medien freuen sich drauf und meinen, damit ihre Bedeutungslosigkeit überwinden zu können.
Das ist ein Trugschluss.
Wenn Sie vernünftig prüfen, ob Sie noch vernünftig von Medien informiert werden, werden Sie vernünftig feststellen müssen, dass Sie überwiegend nur noch mit Schäden zugeballert werden.
Reaktionen auf Gefahr bedient Urinstinkte. Menschsein ist die Überwindung niederer Instinkte und das, was uns von Tieren unterscheidet.
Medien und große Teile der Politik, damit meine ich nicht nur (neue) Parteien, sondern auch Vereine oder Verbände oder sonstige Interessengruppen, konzentrieren sich mehr und mehr auf Urinstinkte und fordern diese heraus.
Ich habe mit erheblicher Mühe und erheblichem Einsatz immer wieder versucht, auf Probleme aufmerksam zu machen. In allen möglichen Politikfeldern und in erheblichem Maße zur Flüchtlings- und Integrationsfrage. Dabei habe ich immer den Schutz von Menschen im Blick gehabt – Deutschen wie Zuwanderern.
Ich bin in erheblichem Maße verunglimpft worden, weil ich mich nie bedingungslos einem “Ja” untergeordnet habe. Die heftigsten Angriffe habe ich von “links” erhalten, die mich persönlich zu einem “Nazi” definieren wollten, weil ich kritisch geblieben bin. Die Rechten haben sich auch gerne abgearbeitet, aber das war pillepalle.
Der Rechtsruck in Chemnitz, der dort als massiv und impulsiv erlebt wird, sorgt für Bilder und Aufreger, aber offensichtlich nicht für Nachdenken und Analyse.
Chemnitz steht aktuell sicher nicht für Gesamtdeutschland – aber möglicherweise als ein weiteres Phänomen, das sich ausbreiten wird.
Was ich vermisse, ist ein ordentlicher Umgang damit. Ein vernünftiger, ein seriöser, ein nachdenklicher und verantwortlicher.
Stattdessen wird Lagerdenken gefördert – dafür oder dagegen. Der geforderte Absolutismus wird von links betrachtet keine Integration voranbringen. Und von Rechts betrachtet kann die Konsequenz nur Kampf sein, der von Links mit Gegenkampf beantwortet werden wird.
Deswegen habe ich Angst.
Nicht um mich, aber um diese Gesellschaft.
Sie verliert ihre Mitte und damit ihre Basis. Die Extremen übernehmen und die Medien haben ihren Anteil daran.
Intellektuelle wandern zuhauf nach rechts, weil bei vielen Medien keine Herausforderungen mehr zu erwarten sind. Die reagieren mit “ich bin links und damit richtig” und wundern sich über ein Erstarken der AfD.
Ich habe Angst – vor Irrsinn auf vielen Seiten.