Viernheim/Rhein-Neckar, 31. Mai 2017. (red/pm) Am 03. Juni ist bundesweit der Tag der Organspende. Da es in Deutschland immer noch zu wenige gibt, die ihre Organe spenden, organisiert die Stadt Viernheim an diesem Tag einen Infostand mit Ärzten und Psyychologen auf dem Wochenmarkt.
Information der Stadt Viernheim:

Hämodialysepatient Siegfried Schneider, Prof. Dr. Martin Zeier (Ärztlicher Leiter des Nierenzentrums Heidelberg), Zahnarzt Dr. Henrik Stülpner, Bürgermeister Matthias Baaß, Wencke Stülpner und Dr. Ranny Goldwasser (Arzt in der kinderkardiologischen Intensivstation Heidelberg – zuständig für Herztransplantationen/Kunstherzen) wiesen auf beeindruckende Weise auf die Notwendigkeit hin, im Familien- und Freundeskreis über Organspende nachzudenken und sich einen Organspende-Ausweis zuzulegen. Foto: Stadt Viernheim.
„Es war ein nicht alltägliches Pressegespräch. Dr. Henrik Stülpner und seine Frau Wencke berichteten in berührender Weise, wie schnell in ihrer Familie das Thema Organspende seinen abstrakten Charakter verlor. „Plötzlich mussten wir uns mit Fragen einer Herztransplantation auseinandersetzen. Doch weil kein lebensrettendes Spenderorgan für unsere herzkranke Tochter zur Verfügung stand, mussten wir hilflos zusehen, wie das Herz unserer glücklichen, lebensfrohen Tochter aufgehört hat zu schlagen.“
Zahnarzt Dr. Stülpner und seine Frau werben aufgrund dieses Schicksals um Solidarität für viele wartende Patienten. „Organspende geht uns alle an. Jeder von uns kann betroffen sein. Als wartender Patient, als potentieller Organspender oder als Angehöriger. Wir bitten Sie, sich mit dem Thema zu beschäftigen, sich zu informieren, eine Entscheidung zu treffen und diese schriftlich in einem Organspende-Ausweis festzuhalten.“
Leider gibt es in Deutschland (noch) nicht die Widerspruchslösung wie in anderen EU-Ländern, womit jeder erstmal Organspender ist und dieser Bereitschaft widersprechen muss.
Im Organspende-Ausweis kann man grundsätzlich Spendenbereitschaft oder auch Ablehnung dokumentieren. Man kann einzelne Organe freigeben oder auch ausschließen. Man kann auch einen Angehörigen benennen, der im Falle eines Falles die Entscheidung trifft.
„Unabdingbar hierfür ist aber, dass wir uns in unseren Familien mit den Fragen um die Organspende beschäftigen und im Vertrauen darauf, dass wir hoffentlich nie in eine solch tragische Situation kommen werden, dennoch unseren Willen bekunden und einen Organspende-Ausweis mit uns tragen“, so Wencke Stülpner. Glück im Unglück hatte die jüngere nierenkranke Tochter. Die gespendete Niere des Vaters ersparte ihr das Leben mit der Dialyse.
Von den Strapazen seiner 10-jährigen Dialysebehandlung berichtete Siegfried Schneider. „Das ist alles andere als unbeschwerlich. Eine 4-5-stündige Dialysebehandlung, der er sich gleich drei Mal in der Woche unterziehen muss, sei vergleichbar mit einem Marathonlauf. „Danach ist man fix und fertig. Zweieinhalb Liter Wasserentzug – so viel schwitzt man bei einem Marathonlauf – steckt man nicht so einfach weg. Deshalb ist es so wichtig, dass Spenderorgane zur Verfügung stehen.“
Prof. Dr. Martin Zeier (Ärztlicher Leiter des Nierenzentrums Heidelberg) und Dr. Ranny Goldwasser (Arzt in der kinderkardiologischen Intensivstation Heidelberg – zuständig für Herztransplantationen/Kunstherzen) begrüßen die von Dr. Stülpner initiierte und gemeinsam mit der Stadt Viernheim (Presse- und Informationsstelle) vorgesehene Informationsveranstaltung zu diesem Thema am kommenden Samstag auf dem Wochenmarkt. Im Interesse derer, die auf lebensrettende Spenderorgane hoffen, sei es wichtig, das Thema Organspende so in die Gesellschaft hineinzutragen, dass es „zündet“, immer mehr Bürgerinnen und Bürger zu Organspendern werden. „Denn Organspende geht uns alle an. Jeder von uns kann heute oder morgen – schneller als man denkt – in eine Situation geraten, wo er auf ein Spenderherz oder eine Spenderniere angewiesen ist.“
Bürgermeister Matthias Baaß appelliert an alle Bürger, sich mit dem Thema Organspende ernsthaft auseinanderzusetzen, den Informationsstand am Samstag zu besuchen, das Gesprächsangebot mit kompetenten Ärzten zu nutzen und sich dann zu entscheiden. „Informieren tut nicht weh. Mit einem Spenderausweis kann jeder und jede für eine Besserung der Situation beitragen.“
Im europäischen Vergleich der postmortalen Organspende ist Deutschland leider zweitletzter. Noch immer stehen über zehntausend Menschen auf den Wartelisten. Und die Zahl der Organspender ist rückläufig (2007 = ca. 1350, 2016 = ca. 850).
Acht Gründe, um über Organspende nachzudenken
1. Organspende rettet Leben
Über 200.000 Organe wurden seit 1963 allein in Deutschland transplantiert. Dadurch wurde vielen Patienten das Leben gerettet. Noch fünf Jahre nach der Transplantation genießen mehr als 70 Prozent der Nierenempfänger ihr „zweites“ Leben.
2. Transplantation ist Erfolgsmedizin
Die Transplantationsmedizin gehört inzwischen zum Standard der gesundheitlichen Versorgung und ist so erfolgreich, dass die gespendeten Organe sogar über Jahrzehnte hinweg funktionsfähig bleiben können.
3. Ein Spender rettet viele Empfänger
Bis zu sieben Menschen können durch Herz, Lunge, Leber, Nieren Bauchspeicheldrüse und Dünndarm überleben. Im Durchschnitt schenkt ein Organspender drei schwerkranken Menschen die Chance auf ein neues Leben.
4. Angehörigen die Entscheidung nehmen
Im Fall einer möglichen Organspende werden die Hinterbliebenen nach dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen befragt. Dies ist eine schwierige Entscheidung in einer ohnehin schon schwierigen Situation, die man seinen Angehörigen ersparen kann. Deshalb sollte man zu Lebzeiten seine eigene Entscheidung treffen und auch mitteilen.
5. Die Wahrscheinlichkeit spricht fürs Leben
Organspende geht uns alle an. Jeder von uns kann plötzlich durch eine schwere Krankheit oder einen Unfall in die Situation geraten, auf ein neues Organ angewiesen zu sein. In dieser Situation wäre sicher jeder dankbar und würde eine Organspende gerne annehmen. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, selbst irgendwann auf eine Organspende angewiesen zu sein, viel höher, als tatsächlich als Organspender in Frage zu kommen. Nur bei einem sehr geringen Prozentsatz aller Patienten, die in deutschen Krankenhäusern sterben, kommt es zu einem unumkehrbaren Ausfall der Gesamtfunktion des Gehirns, bevor der Herzstillstand eintritt.
6. Ärzte kämpfen um jedes Leben
Jeder Arzt versucht bis zuletzt alles, um das Leben des ihm anvertrauten Patienten zu retten. Egal, ob dieser Organspender ist oder nicht. Eine Organspende kommt erst in Betracht, wenn keine Rettung mehr möglich ist und der Tod des Patienten nach den Richtlinien der Bundesärztekammer festgestellt wurde.
7. Die Würde des Spenders bleibt bewahrt
Der Koordinator der DSO trägt dafür Sorge, dass der Leichnam des Spenders in einem würdigen Zustand übergeben wird. Auf Wunsch können die Angehörigen vor oder nach der Organentnahme Abschied nehmen.
8. Organspende spendet auch Trost
Organspende kann Trost schenken, sodass aus einem schmerzlichen Verlust neue Hoffnung entsteht. Eine Umfrage der DSO unter Angehörigen zeigte durchweg positive Ergebnisse: Keine bereute die Entscheidung ausdrücklich, über 90 Prozent würden wieder so entscheiden und ein Drittel gab sogar an, dass die Organspende eine Hilfe war, den Verlust eines geliebten Menschen zu verkraften.
Weitere Informationen:
Über 3.000 Menschen in Deutschland wurde im letzten Jahr durch Organspenden die Chance auf ein neues Leben geschenkt. Doch noch immer stehen über 10.000 Menschen auf den Wartelisten für ein Spenderorgan. Viele warten bereits seit Jahren –und zu viele warten leider vergeblich. Täglich sterben Patienten, denen mit einer Transplantation hätte geholfen werden können.
Am Samstag, 3. Juni 2017, findet auf dem Domplatz in Erfurt die zentrale Veranstaltung zum bundesweiten „Tag der Organspende“ statt. Diesen wichtigen Aktionstag nimmt die Stadt Viernheim auf Initiative des Viernheimer Zahnarztes Dr. Henrik Stülpner zum Anlass, die Viernheimer Bevölkerung umfassend über alles Wissenswerte rund um das Thema Organspende zu informieren: am Samstag, 3. Juni, von 9-13.00 Uhr auf dem Wochenmarkt in der Schulstraße (vor dem Eingang Hallenbad) unterm blau-weiß-roten Marktschirm der Stadtverwaltung mit gleich mehreren kompetenten Ansprechpartnern:
Initiator Dr. Henrik Stülpner,
Prof. Dr. Stefan Winghardt (dso- Deutsche Stiftung Organspende),
Monika Schmid (Ärztin an der Uni-Klinik Heidelberg, zuständig für Transplantationskoordination – Nieren und Pankreas) sowie
Anna-Sophia Rösch
und weiteren Mitgliedern des Arbeitskreises „Aufklärung Organspende“
Umfangreiche Informationsmaterialien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung liegen aus und werden kostenlos abgegeben. Auch Informationen darüber, wie man einen Organspendeausweis beantragt, welche Voraussetzungen für eine Organspende gegeben sein müssen, wie die gesetzlichen Bestimmungen lauten, wie hoch die Altersgrenze ist und welche Organe bzw. Gewebe man spenden kann.
Näheres unter: www. Organspende.de.
WICHTIG: Seit November 2012 gilt in Deutschland für die Organspende die sogenannte Entscheidungslösung. Sie sieht vor, dass jeder Mensch ab 16 Jahren sich mit dem Thema Organspende auseinandersetzen und eine selbstbestimmte Entscheidung treffen sollte. Diese kann in einem Organspendeausweis dokumentiert werden. Wichtig ist auch, die Entscheidung in der Familie und im Freundes- und Bekanntenkreis mitzuteilen.
LEBENSWICHTIG: Noch immer stehen über 10.000 Menschen auf den Wartelisten für ein Spenderorgan. Viele warten bereits seit Jahren – und zu viele warten leider vergeblich. Täglich sterben Patienten, denen mit einer Transplantation hätte geholfen werden können.
Zahl der Organspenden weiterhin niedrig
857 Menschen haben im Jahr 2016 nach ihrem Tod Organe für schwer erkrankte Patienten gespendet. Damit liegt die Zahl der Organspender in etwa auf dem Niveau von 2014 (864 Spender) bzw. 2015 (877 Spender). Demgegenüber stehen nach wie vor über 10.000 Patienten auf den Wartelisten, die in Deutschland dringend auf ein Spenderorgan warten.
Die Anzahl der postmortal gespendeten Organe lag 2016 bei insgesamt 2.867 gegenüber 2.901 Organen im Vorjahr. Insgesamt konnten bundesweit 3.049 Organe transplantiert werden, im Jahr zuvor waren es 3.084 Transplantationen.
Organspende ist gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Einen wichtigen Partner in den Bemühungen um steigende Spenderzahlen sieht die Deutsche Stiftung Organtransplantation, deren Hauptaufgabe die bundesweite Koordinierung der postmortalen Organspende ist, nach wie vor in den Krankenhäusern. Der bundesweite Einsatz von Transplantationsbeauftragten in jedem Entnahmekrankenhaus sei ein grundlegender Schritt des Gesetzgebers, die Rahmenbedingung für die Organspende zu verbessern. Entscheidend ist jedoch, dass die strukturellen Voraussetzungen in den Krankenhäusern auch flächendeckend umgesetzt werden.
Mehrheit der Bundesbürger für Organspende
Acht von zehn Bundesbürgern stehen der Organspende positiv gegenüber, das belegt die jüngste Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Es wäre zu begrüßen, wenn noch mehr Menschen ihre Entscheidung in einem Organspendeausweis und möglichst auch in ihrer Patientenverfügung festhalten und dokumentieren würden, heißt es in einer Pressemitteilung der städtischen Presse- und Informationsstelle.