Weinheim, 31. Juli 2018. (red) Die heimlich eingefädelten Verkaufsverhandlungen zur Burgruine Windeck, die wir vergangenen Freitag exklusiv berichtet hatten, ist das letzte Husarenstück des “Hoiner”. Oberbürgermeister Heiner Bernhard hat am übernächsten Wochenende fertig und das ist gut so. Denn zum Ende seiner Amtszeit wird mehr als deutlich, das Hinterzimmerpolitik und Mauschelei sein Wirken bis zuletzt prägten. Das braucht niemand und vor allem nicht die Gemeinde Weinheim, die noch lange am System Bernhard leiden wird. Und der vermutlich gewählte Nachfolger Manuel Just steht bereits im Schatten seines Vorgängers.
Von Hardy Prothmann
Nein, es war keine gute Idee, Herrn Bernhard zum Weitermachen aufzufordern, wie ich das am 05. Juli vorgeschlagen hatte, nachdem klar war, dass der neu gewählte Oberbürgermeister Manuel Just auf vermutlich lange Zeit wegen einer Wahlanfechtung das Amt nicht würde antreten können. In der Not, Sie wissen schon. Doch so groß kann die Not nicht sein.
Weinheim muss froh sein, Herrn Bernhard endlich los zu sein, wenn am übernächsten Woche seine Amtszeit beendet ist.
Nein, es gibt keine “persönliche Fehde” mit Herrn Bernhard. Das wird immer wieder behauptet, wenn ich mich als Journalist kritisch mit Personen befasse. Persönlich ist der Umgang stets freundlich gewesen. Es geht um die Sache und die ist kritisch betrachtet, höchst unerfreulich. Um das mal euphemistisch auszudrücken.
Bilanz der Amtszeit – jede Menge Fehltritte
Ich nenne nur einige Fehltritte des Herrn Bernhard:
- Sein dramatisches Schauspiel, mit dem er den Gemeinderat so sehr unter Druck setzte, dass dieser einem Flächentausch Breitwiesen/Hammelsbrunnen zunächst zustimmte. Der folgende Versuch der Abwehr eines Bürgerentscheids, der dann mit klarem Votum der Bürger gegen die Erschließung der Breitwiesen ausging.
- Sein “volksnahes” Foto mit dem Neonazi und NPD-Kreisvorsitzenden Jan Jaeschke. Nein, das war kein Versehen, sondern Herr Bernhard kannte den aktivsten Rechtsradikalen nach Günter Deckert in der eigenen Gemeinde einfach nicht, dem es später gelang, drei NPD-Bundesparteitage in Weinheim abzuhalten.
- Die Randale beim NPD-Bundesparteitag 2015 in Weinheim. Gewaltbereite Aktivisten der Antifa sorgten für einen Ausnahmezustand in der Stadt, während Aktionsbündnisse ein buntes Weinheim ausriefen. Die Rolle des Herrn Bernhard? Der ließ sich als strammen Antifaschisten feiern und musste dann feststellen, dass die Antifa in organisierter Guerillaformation Polizeibeamte angegriffen hatte und für zwei Tage die öffentliche Ordnung in Weinheim bedrohte. Kosten: Rund 1,5 Millionen Euro Steuergelder für den Polizeieinsatz.
- Der Versuch der Verwaltung, die Stadthalle nicht an die NPD vermieten zu müssen, wurde mit Lügen vor Gericht bestritten. Wir haben das exklusiv und investigativ aufgedeckt. Letztlich bekam die NPD gegen die Stadtverwaltung Weinheim vor dem Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg Recht. Das Gericht erließ eine Eilverfügung zugunsten der NPD.
Die Liste ließe sich eindrucksvoll fortführen, aber es soll nicht um alte Wäsche gehen, sondern um den jüngsten Skandal. Über Monate hinweg fädelte Herr Bernhard schon fast bis zur Unterschriftsreife den Verkauf der Burgruine Windeck, eines der zwei Wahrzeichen der “Zwei-Burgen-Stadt”, an den Privatinvestor Thomas Noor ein.
Fatales Signal zum Ende
Das mag grundsätzlich “im Geschäftsbereich” des OB liegen, solche Verhandlungen zu führen – doch welch fatales Signal ist das in Richtung Gemeinderat und die Bürgerschaft Weinheims, hier ohne Auftrag vorzugehen?
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Die SPD-Gemeinderatsfraktion schreibt an OB Bernhard (SPD):
Es mag zwar sein, dass dieses Vorgehen rechtlich in das Aufgabengebiet des Oberbürgermeisters gehört, aber das Verhältnis zwischen Verwaltung und Gemeinderat bzw. das Verhältnis zwischen Verwaltung und Mitbürger-/innen wird durch so eine intransparente Vorgehensweise nicht verbessert. Außerdem ist man wieder den Vorwürfen der „Vetterleswirtschaft“ ausgesetzt bzw. befeuert diese unnötig!
Die Grün-Alternative Liste (GAL) teilt mit:
„Von der Nachricht über die weit gediehenen Verhandlungen zum Verkauf unserer Burg Windeck sind wir völlig überrumpelt worden,“ berichtet die GAL-Fraktionvorsitzende Elisabeth Kramer. „Diese Art und Weise am Ende der Amtszeit des Oberbürgermeisters, das ist nicht nur eine grobe Missachtung des Rechte von der Gremien und auch der Bevölkerung. Leider bestätigt sich hier auch die mangelnde Lernfähigkeit unseres Stadtoberhaupts.“ Eine so folgenreiche Entscheidung hätte nicht hinter dem Rücken der Öffentlichkeit stattfinden dürfen. Schließlich, dies betont auch Stadtrat Sckerl, handele es sich bei der Burg nicht nur um das weitaus älteste Gebäude von Weinheim: „Es ist unser bedeutendstes Wahrzeichen mit enormer Außenwirkung und besonderer Attraktivität.“ Und er fügt hinzu: „Diesen beispiellosen Vorgang hinter dem Rücken des Gemeinderats können und werden wir nicht akzeptieren.“
Gut gebrüllt, Herr Sckerl, mag man darauf antworten – was wollen Sie denn tun? Die Amtszeit des OB Bernhard ist in wenigen Tagen Geschichte – ob der den Grünen nahestehende Erste Bürgermeister und OB-Stellvertreter Dr. Thorsten Fetzner nach der Sommerpause von der GAL gegrillt werden wird, bleibt abzuwarten.
Die Causa Burgruine ist nicht erledigt
Die Causa Burgruine beschädigt auch ihn. Denn wenn er etwas gewusst hat, war er Teil der Mauschelei und wenn er nichts gewusst hat, steht er da wie ein Depp. Eine dritte Alternative drängt sich nicht auf. Einen Tod wird er sterben müssen.
Dieser Dr. Fetzner muss, aller Voraussicht nach, nicht nur seinen Job erledigen, sondern kommissarisch auch den des OB, denn Manuel Just tritt bekanntlich nicht als Amtsverweser an, denn das könnte ein Risiko für dessen Versorgungsbezüge darstellen. Dieser Überlegung kann man folgen und auch wir haben diese für nachvollziehbar eingeschätzt.
Was hingegen nicht nachvollziehbar ist, ist, was seitdem geschah: Laut uns vorliegenden Aussagen, ist Herr Just seit der Wahl häufiger in “vier-Augen-Terminen” mit Herrn Bernhard gewesen. Was die beiden in der Zeit wohl gemacht haben? Halma haben sie sicherlich nicht gespielt. Es ist eher davon auszugehen, dass der scheidende OB dem vermutlichen Nachfolger die Amtsgeschäfte übergeben hat.
Rechtlicher Status: Tourist oder Nachfolger?
Doch darf er das? Das ist rechtlich mindestens kniffelig und wird meist aus guten Gründen geduldet, denn schließlich ist es von Vorteil, wenn der “Alte” dem “Neuen” wichtige Informationen übermittelt. Rein faktisch gesehen, gibt es dazu nach unserer Auffassung keine Pflicht. Herr Bernhard lässt den Griffel mit Amtsende fallen, Herr Just nimmt ihn mit Amtsbeginn auf.
Doch welche Rechtsstellung hat Herr Just in Weinheim? Nach unserer Auffassung nur die eines Bürgers der Nachbargemeinde Hirschberg. Er hat also noch nicht einmal Weinheimer Bürgerrechte. Bis auf weiteres ist er eine Art “Tourist”, wenn er nach Weinheim kommt.
Herr Just hat kein Recht auf Kenntnis innerer und sensibler Angelegenheiten der Gemeinde Weinheim, solange er nicht im Amt ist. Doch genau das Gegenteil belegt das Schreiben von OB Bernhard, mit dem er die Stadträte in Kenntnis über die Verkaufsverhandlungen der Burgruine auf dem letzten Meter informierte. Auch Herr Just sei als “gewählter Bürgermeister” in Kenntnis gesetzt worden.
Tatsache ist: Bis dato hat Herr Just zwar die Wahl eindrücklich gewonnen, aber er ist eben noch längst nicht der gewählte Oberbürgermeister, weil die Wahl angefochten worden ist und diese Prüfung dieser Anfechtung noch beim Regierungspräsidium läuft. Wird die Anfechtung verworfen, könnte Herr Just Oberbürgermeister werden, außer, die Entscheidung wird gerichtlich angegriffen. Dann geht alles “seinen sozialistischen Gang” und der wird dauern, bis die Instanzen ausgeschöpft sind. Bis ein Urteil feststeht, ist Herr Just in Weinheim ein Tourist. Nicht mehr, nicht weniger und in der Vergangenheit ist nicht bekannt geworden, dass Herr Bernhard Touristen in die innersten Angelegenheiten der Gemeinde eingeweiht hätte.
Zwei email-Anfragen vom vergangenen Freitag hatte die rechte Hand des OB Bernhard, was “Kommunikation” angeht, Roland Kern, uns nicht beantwortet, während andere Medien wohl Auskunft erhielten. Auf erneute Anfrage teilt uns Herr Thomas Fischer mit:
Herr Just wurde am 10. Juni mit deutlicher Mehrheit zum neuen Weinheimer Oberbürgermeister gewählt. Seither wird er im Sinne einer möglichst reibungslosen Amtsübernahme von OB Heiner Bernhard über wichtige Angelegenheiten der Stadtverwaltung in Kenntnis gesetzt. Das halten wir auch für eine effiziente Vorgehensweise im Sinne der Weinheimer Bürgerinnen und Bürger. Wenn der Amtsantritt schon durch das Anfechtungsverfahren verzögert wird, sollte es nicht auch noch Defizite bei der Information geben. Wir denken, die Weinheimerinnen und Weinheimer sehen das genauso. Als Bürgermeister mit großer Verwaltungserfahrung wird Herr Just interne Angelegenheiten natürlich auch entsprechend vertraulich behandeln.
Für das Regierungspräsidium gibt es derzeit keine Veranlassung, hier rechtsaufsichtlich tätig zu werden.
Stadtverwaltung denkt für die Bürger
Herr Just macht massive Fehler
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Wir müssen die Fragen des Mietverhältnisses und finanzielle Dinge zunächst selbst erst intern klären – aber das machen wir. Der Verkauf steht aktuell allerdings nicht auf der politischen Agenda. Er wird nur dann weiter verfolgt und auf die Tagesordnung des GR gesetzt werden, wenn der Wunsch ausdrücklich von einer Fraktion gefordert wird. Für das Thema Pachtrückstände wird sich die Verwaltung eine Handlungsempfehlung vom Gemeinderat oder Hauptausschuss geben lassen. Wir verfolgen das Thema rund um den Verkauf ansonsten nicht weiter,
Anm. d. Autoren: Nein, es macht mir überhaupt keine Freude, solche Artikel zu schreiben. Am liebsten würde ich über eine Welt schreiben, die toll funktioniert, in der alles in Ordnung ist, mit vielen Blümchen außenrum. Aber das ist nicht meine Aufgabe. Als verantwortungsbewusster Journalist muss ich Probleme benennen. Ich fand den Wahlerfolg von Herrn Just bockstark. Ich habe mich klar für ihn positioniert, weil ich ihn über Jahre kenne und schätze. Aktuell falle ich allerdings von diesem “Glauben” ab und bin sehr fassungslos, was sich ereignet. Herr Bernhard erzeugt den Schaden. Aber Herr Just tut nichts, um diesen abzuwenden. Das ist bitter und erfordert eine “Neuordnung” der Einschätzung.