Schwetzingen, 30. September 2017. (red/pro) Hetze und Hass im Internet, insbesondere bei (a)sozialen Medien wie Facebook, sind ein großes Thema. Aktuell lässt der Schwetzinger Oberbürgermeister Dr. René Pöltl massive Beleidigungen gegen den verantwortlichen Redakteur dieses Angebots zu. Ein Teil seiner Facebook-Freunde ist außer Rand und Band – offenbar mit Zustimmung des OB, denn dieser löscht trotz Aufforderung die Beleidigungen nicht, in denen Alkoholsucht und eine psychische Erkrankung unterstellt wird und auch nicht “kleines A……” fehlt. Warum nicht? Weil ihm gefällt, wenn ein Journalist auf kritische Anmerkungen hin von seiner Meute niedergemacht wird? Oder weil er kritikunfähig ist? Oder weil ihm, obwohl Jurist, nicht klar ist, wie massiv er in den wirtschaftlichen Wettbewerb eingreift? Wieso lässt ein deutscher Oberbürgermeister zu, dass ein Journalist, der klare Fragen stellt, massiv beschimpft und beleidigt wird?
Von Hardy Prothmann
Gegenwärtig ist eine massive Veränderung des gesellschaftlichen Diskurses im Netz und insbesondere in den sozialen Netzwerken festzustellen. Die Debatten- kultur im Netz ist oft aggressiv, verletzend und nicht selten hasserfüllt. Durch Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte kann jede und jeder aufgrund der Meinung, Hautfarbe oder Herkunft, der Religion, des Geschlechts oder der Sexu- alität diffamiert werden. Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte, die nicht effektiv bekämpft und verfolgt werden können, bergen eine große Gefahr für das friedliche Zusammenleben einer freien, offenen und demokratischen Gesellschaft.
So beginnt die Einleitung des Gesetzesentwurfs für das Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG, das am 01. Oktober 2017 in Kraft tritt. Anbieter technischer Plattformen wie Facebook werden zu umfangreichen Maßnahmen verpflichtet. Das Gesetz ist aus verschiedenen Gründen umstritten.
Hass und Hetze auf Facebook
Unumstritten ist, dass auf Facebook gehasst und gehetzt wird, dass die Schwarte kracht. Meist denkt man dabei an unzivilisierte Radikale, ob von rechts oder links? Was aber, wenn ein Oberbürgermeister einer nordbadischen Stadt dazu beiträgt? Bekommt das dann ein “Geschmäckle”?
Die Beleidigungen finden Sie am Ende des Artikels – zuvor stelle ich Ihnen den Ablauf und die grundsätzliche Problematik dar.
Aktuell wurde ich zufällig auf ein Facebookposting von Dr. René Pöltl, Oberbürgermeister von Schwetzingen, aufmerksam.
Fehlende Staatsferne und möglicherweise unlauterer Wettbewerb
Ich habe ihn freundlich darauf hingewiesen, dass seine Postings zu Geschäftseröffnungen vermutlich das Neutralitätsgebot verletzen. Weiter könnte es sich um Verstöße nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb handeln und insgesamt sind staatliche Behörden verpflichtet, “Staatsferne” zu gewährleisten. Insbesondere im Bereich der Wirtschaft. Dazu gehört auch die privatrechtliche Medienlandschaft. Konkret: Beamte und Angestellte von Verwaltungen, dürfen selbst nicht publizistisch tätig werden.
Ein Oberbürgermeister genießt eine hohe Bekanntheit, ein hohes Ansehen und eine hohe Aufmerksamkeit. Er ist Leiter der Gemeindeverwaltung, Leiter des Gemeinderats, häufig Mitglied in Aufsichtsräten und vielen anderen Gremien. Ein Oberbürgermeister ist in herausgehobener Position eine Person der Zeitgeschichte. Ein lokaler “Promi”.
Selbstverständlich kann ein Oberbürgermeister Vereine und Feste besuchen, auch Firmen. Sich erkundigen, wie er im Rahmen seiner Möglichkeiten hilfreich tätig werden kann. Was ein Oberbürgermeister aber absolut muss, ist, sich an die rechtsstaatliche Ordnung zu halten. Er darf niemanden bevorzugen und er darf nicht in den privatwirtschaftlichen Sektor eingreifen.
Wenn ein Oberbürgermeister in sozialen Medien wie Facebook Fotos zu einer Geschäftseröffnung veröffentlicht und dazu einen positiven Text schreibt, dann schaut das auf den ersten Blick wie ein freundliches Engagement aus. Aber ist es auch erlaubt? Dazu gibt es noch wenig Rechtsprechung, denn Facebook ist gerade mal elf Jahre alt und Gemeinden wie Gemeindevertreter “experimentieren” erst seit wenigen Jahren damit. Das aber immer offensiver. Und möglicherweise rechtswidrig.
Positiv gemeint, aber mit negativen und rechtswidrigen Folgen?
Klar – der Geschäftsbetrieb freut sich über die prominente Werbung. Das hat sicherlich einen positiven Effekt, wie man auch an den positiven Kommentaren bei Herrn Dr. Pöltl nachlesen kann. Aber freuen sich andere Geschäftsleute, die im Wettbewerb mit dem beworbenen Betrieb stehen, auch? Wo ist der positive Effekt für sie? Dazu gibt es bereits ein Urteil, dass einer Gemeinde eine ähnliche Bewerbung wegen unlauteren Wettbewerbs verboten hat. (Bundesgerichtshof, I ZR 54/11):
Stellt eine öffentlich-rechtliche Körperschaft in amtlichen Nachrichten und Schreiben eine Zusammenarbeit mit einem einzelnen Unternehmen promi- nent heraus, ohne auch andere Anbieter der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen zu nennen, und entnehmen die Verbraucher der Darstellung, dass es sich aus Sicht der öffentlichen Hand um ein besonders vertrauenswürdiges Unternehmen handelt, liegt ein Verstoß gegen die Pflicht zur neutralen und objektiven Amtsführung und eine unlautere geschäftliche Handlung der öffentlich-rechtlichen Körperschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG vor.
Der Fall ist sicher “größer” gelagert als die Empfehlung eines Ladengeschäfts in Schwetzingen. Aber prinzipiell geht es um die Frage, inwieweit es einer öffentlichen Behörde und ihren Vertretern, in diesem Fall dem obersten Vertreter erlaubt ist, “wirtschaftlich tätig” zu werden?
Schaden für die Pressefreiheit
Ein weiterer Aspekt ist durchaus “eigennützig”. Wenn Behördenvertreter sich werblich für Unternehmungen äußern, schaden sie massiv der Medienlandschaft. Medienschaffende, ob journalistisch oder nicht, bieten verschiedene Dienstleistungen an, die man insgesamt unter “Aufbereitung von Informationen” zusammenfassen kann.
Klassischerweise könnte eine Geschäftseröffnung folgende Dienstleistungen beanspruchen: Texterstellung, Lichtbilder, Grafik und Layout sowie Publikation. Übersetzt: Werbetexter kommen zum Zug, Fotografen, Grafiker und Verlage, Sender, Internetpublikationen, die für Verbreitung sorgen. Insbesondere werbefinanzierte Medien sind auf die Schaltung von Anzeigen zum Betrieb angewiesen, der auch die journalistisch-redaktionelle Leistung finanziert.
Herr Dr. René Pöltl schaltet diese “Verwertungskette” mit einem Schlag aus. Er schreibt den Empfehlungstext, fotografiert (vermutlich mit Diensthandy) und publiziert über Facebook als Oberbürgermeister. Anders formuliert: Der Oberbürgermeister der Stadt Schwetzingen verschafft aus “freundlichen Gründen” einem einzelnen Betrieb einen Vorteil und beschädigt massiv jede Menge andere.
Das ist ein ganz heißes Eisen.
Oberbürgermeister lässt massive Beleidigungen zu
Nun zum politischen Teil. Ich habe Herrn Dr. Pöltl, mit dem ich bis jetzt ein freundliches und respektvolles Verhältnis pflegte, auf diesen Missstand hingewiesen. Sehr ausführlich und freundlich formuliert. Herr Dr. Pöltl reagierte verständnislos und unwirsch. Inhaltlich zeigte er sich desinteressiert, dabei ist der Mann promovierter Jurist.
Dann wurde ich massiv durch Kommentatoren beleidigt, wie die Screenshots belegen. Dr. René Pöltl überschreitet also nicht nur klar seine Kompetenzen und verhält sich marktschädlich und pressefeindlich, er lässt auch noch aktiv Hass und Hetze zu. Und das als Oberbürgermeister von Schwetzingen. Repräsentiert er damit seine Gemeinde? Pöbelstadt Schwetzingen? Willkommen in Schwetzingen – wer anderer Meinung ist, ist ein “kleines A…….”?
Keine Sorge – die örtlichen Zeitungen werden das Thema nicht aufgreifen, weil es von uns kommt und man dem Ruf als Lückenpresse weiter gerecht werden will.
Den kompletten Kommentarverlauf können Sie hier nachlesen.
Nachtrag: Bis heute waren ich und Herr Dr. Pöltl auf Facebook befreundet. Er hat diese “Freundschaft” dann beendet. Er war ein paar Minuten schneller als ich.