Rhein-Neckar, 30. April 2013. (red/aw/tegernseerstimme.de) Der Billigstromanbieter FlexStrom musste Insolvenz anmelden. Von der Zahlungsunfähigkeit sind deutschlandweit rund 500.000 Haushalte betroffen, auch in der Metropolregion. Allein im Netzgebiet der MVV sind es etwa 1.200 Kunden. Doch was passiert nun? Bleiben die Kunden auf ihren Kosten sitzen und stehen trotzdem bald ohne Strom da?
Aus und vorbei. Mit FlexStrom und dessen Tochtergesellschaften sind erneut sogenannte Billigstromanbieter pleitegegangen. Bereits 2011 war es Teldafax ähnlich ergangen. Die Dummen sind in diesen Fällen immer die Kunden. Sie bleiben auf ihren Kosten sitzen, vor allem wenn sie sogenannte „vergünstigte“ Vorkasse-Tarife abgeschlossen haben. Gleichzeitig müssen sie sich einen neuen Anbieter suchen.
Bereits am 18. April haben Flexstrom und die Tochterunternehmen OptimalGrün und Löwenzahn aufgehört, Strom zu liefern. Im Dunkeln und Kalten werden die betroffenen Verbraucher aber nun trotzdem nicht sitzen müssen. Die ehemaligen FlexStrom-Kunden erhalten jetzt den Strom von den Ersatzversorgern. Allerdings zum Grundversorgungspreis. Und der ist meist alles andere – nur kein Schnäppchen.
Ersatzversorgung gesetzlich vorgeschrieben
Die MVV Energie teilte mit:
Wir stellen bei Bedarf jederzeit eine lückenlose Stromlieferung sicher.
Aufatmen also, für etwa 1.200 Kunden im Netzgebiet Mannheim. Entlang der Bergstraße – in Hirschberg, Schriesheim, Ladenburg, Ilvesheim und Dossenheim – sorgt die EnBW für die Ersatzversorgung. Im hessischen Viernheim springen, ebenso wie in Weinheim, die Stadtwerke ein.
„Wir informieren die betroffenen Kunden jetzt schriftlich über die Ersatzversorgung durch uns und das weitere Prozedere“, erklärt Peter Krämer, Geschäftsführer der Stadtwerke Weinheim.
Es handelt sich in unserem Gebiet um 175 Strom- und 26 Gaskunden der drei insolventen Anbieter.
Peter Krämer bittet diese, umgehend ihre Zählerstände abzulesen und diese den Stadtwerken Weinheim mitzuteilen. Das sei wichtig für eine korrekte Abrechnung. Der Haken: Der Grundversorgertarif ist der Standardtarif des Stromnetzbetreibers und deshalb im Vergleich zu Billigstromanbietern teurer. Die Ersatzversorgung ist gesetzlich vorgeschrieben. Da sie für die Grundversorger mit einem hohen Aufwand verbunden ist, ist sie teurer als die Versorgung zu Sondertarifen der Strom- und Gasanbieter.
Bei Lieferproblemen oder einem Konkurs des Versorgers sind immer die Verbraucher die Dummen, das hat man schon bei der Pleite von Teldafax gesehen und auch bei der von EnerGen Süd im vergangenen Jahr,
betont der Stadtwerke-Chef und meint weiter, „ein solches Geschäftsmodell ist unseriös und kann einfach nicht aufgehen!“
“Geschäftsmodell ist unseriös”
In der Tat hatten Firmen wie FlexStrom oder auch Teldafax stets versucht, neue Kunden mit besonders günstigen Einstiegsangeboten oder Bonuszahlungen anzuwerben. Gerade letztgenanntes Bonussystem wurde jüngst vor Gericht für rechtswidrig erklärt. FlexStrom versprach seinen Neukunden bei Vertragsabschluss eine Einmalzahlung von 40 Euro. Als einige Verbraucher ihren Kontrakt Ende des Jahres auflösen wollten, verweigerte der Anbieter die fällige Auszahlung.
In den Augen der Richter ein rechtswidriges Verhalten. Nur so und durch die teure Paketbezahlung können diese Anbieter auch solche Dumpingpreise aufrufen, wie das Urteil deutlich macht. Und auch bei Stiftung Warentest kommen die Verbraucherschützer zum selben Fazit: „Es sind vor allem diese Boni, die den FlexStromtarif so preisgünstig gemacht haben.“
Die Stadtwerke Weinheim weisen betroffene Verbraucher darauf hin, dass sie bei Lieferausfällen ihrer Versorger – wie also jetzt bei FlexStrom, Löwenzahn und OptimalGrün der Fall – ein Sonderkündigungsrecht haben und schnell aus ihren Verträgen herauskommen. Doch auch, wenn die Verbraucher dieses schnell erledigen, bleibt per Vorauskasse bezahltes Geld verloren.
Die Stiftung Warentest sieht das in einer Stellungnahme auf ihrer Homepage ähnlich und betont, dass „eine Teilauszahlung des Guthabens schon aus insolvenzrechtlichen Gründen nicht infrage kommt.“
So geht’s für die Betroffenen weiter
Den größten Teil des Strompreises – nämlich rund 50 Prozent – machen bei allen Anbietern die gesetzlich festgelegten Steuern und Umlagen aus. Dazu kommen die Kosten für die Netznutzung – auch diese liegen bei fast allen Dienstleistern konstant um 20 Prozent. Lediglich im verbleibenden Vertriebsanteil haben die Anbieter die Möglichkeit, an der Preisspirale zu drehen. Doch was heißt das nun für die betroffenen Konsumenten in der Metropolregion?
Die Ersatzversorgung für die nächsten drei Monate ist auf alle Fälle gesichert. In dieser Zeit sollten Verbraucher sich entweder einen neuen Stromanbieter suchen oder aber mit dem Ersatzversorger in Kontakt treten, um einen geeigneten – meist auch günstigeren – Stromtarif zu verhandeln. Sollten Kunden bis zum Ablauf der drei Monate keinen Vertrag abgeschlossen haben, werden sie automatisch weiter über die Grundversorgung beliefert.
Klar ist derzeit allerdings eines: für die Betroffenen wird im Jahr 2013 wohl die höchste Stromrechnung seit Jahren anfallen. Das an FlexStrom vorausbezahlte Geld ist nämlich bereits weg, und trotzdem müssen sie für den Rest des Jahres eine zweite Stromrechnung begleichen.