Mannheim/Rhein-Neckar, 30. März 2015. (red) Die Krimi-Kommissarin im Buch ermittelt in derselben Straße, durch die man in der Realität zur Arbeit fährt: Sich und seine Umgebung im Buch wiedererkennen zu können, ist eine der Stärken von Regional- und Lokalkrimis, wie sie die Autorin Claudia Schmid schreibt. Ihre Figuren leben in der Kurpfalz und in der Bergstraße. Was dieses Krimi-Genre so beliebt macht, erklärt sie in unserer Reihe Montagsgedanken.
Gastbeitrag: Claudia Schmid
Als Jugendliche hatte ich oft das Gefühl, das eigentliche, wirkliche und aufregende Leben spielt sich mit Sicherheit ganz woanders ab als dort, wo ich mich aufhalte. Vielleicht ist eine Facette der ungebrochenen Beliebtheit von Regionalkrimis, die eigene Region: Den Ort, an dem man selbst lebt, in den Fokus gerückt zu sehen. Und einen Handlungsort braucht ein Plot ja immer, wieso also nicht als Autorin die Region wählen, in der man sich selbst gut auskennt und gerne lebt? Zusätzlich verleiht es einer Figur Lebendigkeit, wenn sie etwa einige Worte dialektal gefärbt verwendet und sie lässt sich sehr gut damit charakterisieren.
Bei meinen vielen Lesungen bekomme ich häufig bestätigt, dass es die Zuhörerschaft sehr anspricht, in meinen Texten Regionales zu erkennen. Und da ich mit Vorliebe Recherchearbeit betreibe, ist in meinen Büchern nebenbei auch immer Historisches und Wissenswertes eingearbeitet, da ist dann vielleicht auch noch das eine oder andere Unbekannte dabei. Die Kurpfalz hält ja einen schier unerschöpflichen Fundus bereit, so dass sich immer wieder neue Themen finden lassen.
Der Reiz, Bekanntes und Vertrautes zu entdecken
Ich habe soeben „druckfrisch“ einen „kriminellen Reiseführer“ für Mannheim im Gmeiner-Verlag veröffentlicht, da konnte ich dieser Leidenschaft ungehemmt frönen und meinen Text ordentlich mit Lokalkolorit versehen. Selbstverständlich kommt die Spannung dabei nicht zu kurz. Die Region hier hat so viele positive Seiten, die ich gerne in meinen unterhaltenden Texten durchscheinen lasse. Denn ich habe hier, wie bereits so viele „Neigschmeckte“ vor mir, Wurzeln gefasst, was natürlich durchklingt.
Für Viele stellt es einen besonderen Reiz dar, beim Lesen Bekanntes und Vertrautes zu entdecken. Für Leser außerhalb der jeweiligen Region ist es spannend, Einblicke in andere Gegenden zu erhalten.
Globalisierte Welt weckt Sehnsucht nach Regionalität
Im Grunde genommen sind die äußerst beliebten skandinavischen Krimis ja auch Regionalkrimis. Neben ihrer gesellschaftlichen Relevanz spielt sicherlich ihre Verortung eine wesentliche Rolle für ihre Authentizität. Wobei vor geplanten Urlauben zu hoffen bleibt, dass die Mörderdichte vor Ort dann doch nicht so hoch ist, wie die Anzahl der Krimis suggeriert. Oder die Venedig-Krimis von Donna Leon, welche die Italiensehnsucht der Deutschen stimuliert, die spätestens seit Goethe in der Welt ist. Übrigens wohnten bereits zur Zeit der Renaissance viele Deutsche am Canale Grande!
In einer globalisierten Welt, in der Vieles austauschbar geworden ist, gewinnt das Regionale zunehmend wieder an Bedeutung. Auf Reisen ist oft feststellbar, dass die Innenstädte sich mit ihren ewig gleichen Ketten in den Fußgängerzonen ähneln. Was eine Weile als „weltmännisch“ galt, diese Angleichung an internationale Standards, ist gar nicht mehr so angesagt und die Besonderheiten der Regionen werden wieder mehr betont und als Alleinstellungsmerkmal hervorgehoben. Dies bringt Vielfalt und Abwechslung, auch in der Spannungsliteratur. Und man merkt: Das Leben findet für mich genau da statt, wo ich mich selbst grade befinde.
Anm. d. Red.: Unsere Kolumne Montagsgedanken greift außerhalb des Terminkalenders Themen auf – ob Kultur oder Politik, Wirtschaft oder Bildung, Gesellschaft oder Regionales oder Verkehr. Teils kommen die Texte aus der Redaktion – aber auch sehr gerne von Ihnen. Wenn Sie einen Vorschlag für Montagsgedanken haben, schreiben Sie bitte an redaktion (at) rheinneckarblog.de, Betreff: Montagsgedanken und umreißen uns kurz, wozu Sie einen Text in der Reihe veröffentlichen möchten. Natürlich fragen wir auch Persönlichkeiten an, ob sie nicht mal was für uns schreiben würden…