Mannheim, 30. Juli 2015. (red/ms) Das Tötungsdelikt vor der H4-Wache in der Mannheimer Innenstadt konnte vor Gericht nicht eindeutig aufgeklärt werden. Der Angeklagte Mehmet S. wurde zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt – klar ist, dass neben ihm noch andere an der Tat beteiligt waren. Wer für die tödlichen Messerstiche verantwortlich ist, konnte nicht zweifelsfrei ermittelt werden. Gegen die anderen Beteiligten wird möglicherweise ein Verfahren eingeleitet. Da es sich bei Mehmet S. um einen Asylbewerber handelt, könnte er nach der Hälfte seiner Haftstrafe abgeschoben werden – dann wäre er in der Türkei voraussichtlich wieder auf freiem Fuß.
Am 04. September 2014 wurde ein 20-jähriger vor der Polizeiwache im Quadrat H4 erstochen. Im Dezember erhob die Mannheimer Staatsanwaltschaft Anklage gegen Mehmet S., einen Kurden, der in Deutschland Asyl beantragte. Über seinen Bleibestatus wurde noch nicht abschließend entschieden. Obwohl er mehr als zwei Jahre in Deutschland verbracht hat, hat es noch nicht einmal eine Anhörung in seinem Asylverfahren gegeben, wie Richter Dr. Ulrich Meinerzhagen, der den Prozess gegen Mehmet S. leitete, bei der Urteilsverkündung gegen ihn erwähnte.

Am Mannheimer Landgericht wurde am vergangenen Dienstag das Urteil gegen den 22-jährigen Mehmet S. verkündet.
Mehmet S. wurde zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Während der Verhandlung wurde ersichtlich, dass mehr als nur ein Täter am Tötungsdelikt beteiligt gewesen sind – es konnte nicht mit Sicherheit geklärt werden, wer von ihnen welchen Anteil am Tötungsdelikt hatte und für die tödlichen Messerstiche verantwortlich ist. Deswegen wurde Mehmet S. nur wegen einer Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt – nicht wegen Totschlags, wie die Staatsanwaltschaft beantragt hatte.
Nach Angaben der Mannheimer Staatsanwaltschaft habe man das Verfahren von Beginn an gegen vier Personen geführt. Gegen drei der Tatverdächtigen sei die Beweislast zum damaligen Zeitpunkt allerdings nicht ausreichend gewesen, daher habe man die Ermittlungen eingestellt.
Verfahren gegen die anderen Beteiligten?
Am 17. Dezember 2014 wurde Anklage gegen Mehmet S. erhoben. Am 28. Juli fand die Urteilsverkündung statt. Dieses Urteil ist allerdings noch nichts rechtskräftig. Möglicherweise beantragt die Verteidigung Revision.
Sandra Utt, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Mannheim, sagt über das weitere Vorgehen:
Ob eine Wiederaufnahme der eingestellten Verfahren gegen die drei anderen Tatverdächtingen erfolgt, wird erst nach Vorlage der schriftlichen Urteilsgründe geprüft werden.
Sollte das Urteil gegen Mehmet S. rechtskräftig werden, erscheint es sehr wahrscheinlich, dass auch gegen die anderen drei Tatverdächtigen Anklage erhoben wird – schließlich gab es in der Verhandlung eindeutige Indizien und belastetende Zeugenaussagen, die ein Verfahren rechtfertigen würden.
Steht Mehmet S. eine Abschiebung bevor?
Wie uns die Staatsanwaltschaft Mannheim auf Nachfrage mitteilte, spielt der Aufenthaltsstatus einer Person zunächst noch keine Rolle für den Strafvollzug – entscheidend ist das Bundesland, in dem ein Verurteilter seinen letzten Wohnsitz hatte. Dann greift der jeweilige Vollstreckungsplan eines Bundeslands, in dem festgelegt wird, wer wo inhaftiert wird.
Über eine Abschiebung entscheidet dann das zuständige Regierungspräsidium. Sollte eine sogenannte „vollziehbare Abschiebungsentscheidung“ vorliegen, wird nach Paragraph 456a der Strafprozessordnung grundsätzlich von einer Vollstreckung in Deutschland abgesehen, sobald die Hälfte der Strafe verbüßt ist und der Verurteilte muss ausreisen.
Für Mehmet S. könnte das bedeuten, dass bereits nach nur zwei Jahren und neun Monaten von einem Strafvollzug abgesehen werden könnte – dann wäre er ein freier Mann. Sollte er allerdings wieder nach Deutschland einreisen, würde der Strafvollzug fortgesetzt werden.