Rhein-Neckar/Stuttgart/Mainz/Baden-Baden, 30. Januar 2018. (red/pro) Der Südwestrundfunk ist die zweitgrößte Anstalt der ARD (Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands) und zuständig für das Sendegebiet Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Am 29. Januar 2018 haben wir die Seite SWR.de besucht. Aus Neugier, was wohl gerade so an wichtigen Themen ansteht. Der Aufmacher war: “So funktionieren polyamore Beziehungen”. Direkt darunter: “Nach Mücken schlagen kann sich lohnen” und “Gefährliche Beißer und lästige Höhlenbauer”. Diese Banalität macht fassungslos und wütend. Der Sender kassiert Milliarden, um einen öffentlich-rechtlichen Auftrag zu erfüllen – nämlich die Bevölkerung journalistisch zu informieren. Unterhaltung gehört dazu – aber sicher nicht als “Aufmacher”.
Kommentar: Hardy Prothmann
Um es kurz zu machen. Ich bin entsetzt. Ich bin fassungslos. Und ich bin wütend.
Die öffentlich-rechtlichen Sender erhalten über eine “Rundfunkabgabe”, was nichts anderes ist als eine staatlich verordnete Steuer, rund 8,5 Milliarden Euro jährlich. Damit soll eine sehr umfangreiche Programmvielfalt aus Nachrichten, Unterhaltung und Sport finanziert werden, bei der man aber immer mehr den Journalismus vermisst.
Es geht in Ordnung, wenn eine “Mischung” angeboten wird.
Es geht aber überhaupt nicht in Ordnung, wenn man die Internetseite der zweitgrößten Anstalt der ARD aufruft und über Dreier-Beziehungen, Stechmücken und Biber als Top-aktuelle Themen informiert wird. Das ist vollständig absurd.
Da läuft etwas gewaltig schief im Kopf der Programmverantwortlichen, die eben keine Mischung mehr anbieten, sondern komplett meschugge sind. Man muss sogar annehmen, dass diese “Informationsauswahl” was mit dem ureigensten Lebensbereich zu tun haben könnte. Wie erklär ich meiner Frau, dass ich gerne noch meiner neuen Praktikantin hätte und möglichst mit beiden zusammen? Mein nächstes Urlaubsziel, sehr teuer, ist was in Asien – muss ich mich vor Stechmücken fürchten oder kann ich die wegklatschen? Und Biber – die kleinen Nager sind so süß und hey, doch voll öko. Ist es nicht ein Verbrechen an der Biberschaft, wenn wir denen nicht ihren Lebensraum zurückgeben?
Sie halten das für Satire? Ich halte das für “Willkommen in der Wirklichkeit” der SWR-Befindlichkeiten.
Im Sendegebiet des SWR gab es vor einem Monat einen Mord und am Sonntag eine damit verbundene Großdemonstration. Eine Ministerin wird unter Personenschutz gestellt – die Wogen kochen hoch. Und auf der gesamten SWR-Seite gibt es dazu am 29. Januar genau keine Meldung? Ist das wirklich wahr?
Die Metallgewerkschaften streiken, es gibt Verkehrschaos, im Großraum Mannheim passieren viele Straftaten, es gibt Hochwasser. Und es gibt “Bunte Bilder von der SWR4-Radiofastnacht” auf SWR.de. Sauber.
Was ist mit diesem Sender los? Was mit den Verantwortlichen? Sind die alle komplett gaga?
Gibt es noch einen Funken journalistischen Sachverstand? Irgendeine Haltung in Sachen “gesellschaftlicher Aufgabe”? Oder gibt man sich der kompletten Dekadenz hin?
In Zeiten, in denen die Glaubwürdigkeit von journalistischen Medien unter – extremer – Kritik steht, kontert man bestimmt nicht mit Aufklärung zu “polyamoren Beziehungen”.
Der SWR folgt wie viele Medien einer Blut- und Spermaspur. Das geht immer. Und der Erfolgsformel der Bild: TTT – Tiere-Titten-Tote.
Aber das ist nicht seine Aufgabe.
Intendant Peter Boudgoust hat offenbar seinen Laden gar nicht mehr im Griff und lässt zu, dass der SWR zur Boulevardschleuder wird, die allem, nur nicht dem gesetzlichen Auftrag entspricht.
Gerade in unruhigen Zeiten wie aktuell müssen die Menschen erwarten können, dass der SWR eben nicht “polyamore Beziehungen” zum Titel macht, während in Berlin noch nicht mal eine Groko zustande kommt.
Die Menschen dürfen das zudem erwarten, weil der SWR wie andere ARD-Anstalten den Menschen jeden Monat fast 20 Euro aus der Tasche zieht – wie Straßenräuber. Die bieten auch keine Gegenleistung.
In der Schweiz ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk kurz vor der Abschaffung.
Ganz ehrlich? Ich finde einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk wichtig. Der darf sogar über Gebühren finanziert werden. Aber er muss Leistung bringen. Auf den Arm nehmen kann ich mich selber, dafür brauche ich kein solches Angebot. Schon gar nicht für saftige Zwangsgelder.
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