Rhein-Neckar/Mannheim, 30. Januar 2019. (red/pro) Am 26. Mai werden die Mitglieder von Gemeinde-, Ortschafts- und Kreisräten neu gewählt. Für fünf (lange oder kurze – je nach Perspektive) Jahre. Kommunalwahlen zeichnen sich durch eine deutlich niedrigere Wahlbeteiligung aus, als Landtags- und Bundestagswahlen. Das ist paradox, weil die Wähler/innen über die kommunalen Gremien viel mehr konkreten Einfluss auf Politik vor Ort nehmen könnten – gingen sie denn wählen. Das RNB wird das Thema mit einer Artikelserie in den Fokus nehmen.
Von Hardy Prothmann
Aktuell bemühen sich alle Parteien und Wählerlisten um eine Botschaft: Wir sind stolz und zufrieden und haben eine tolle Liste aufgestellt.
In den vergangenen Tagen nominierten in Mannheim die CDU, die FDP, die Freien Wähler/Mannheimer Liste und die AfD ihre Kandidaten durch interne Wahlen. Die SPD hat das schon 2018 erledigt. Die Linke wird irgendwann folgen, sicher auch MfM und “Mannheimer Volkspartei”. Die NPD hat auf RNB-Nachfrage mitgeteilt, dass man den Gemeinderatssitz verteidigen wolle. Die “Bürgerfraktion” (ex-AfD, dann Alfa, dann LKR) wird nicht antreten. Mal schauen, ob es weitere Wahllisten geben wird.
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Am Samstag habe ich mir die Nominierung der CDU-Kandidaten angeschaut, am Montag die der Freien Wähler. Beide Veranstaltungen waren spannend und es greift zu kurz, nur eine Meldung zu machen. Eindrücke müssen Zeit haben, sich zu entwickeln und auch mit weiteren Informationen aufbereitet werden.
FDP und AfD haben ebenfalls ihre Kandidaten aufgestellt – da war ich nicht dabei, was aber nicht heißt, dass ich dazu keine Informationen habe. Ein persönlicher Eindruck ist wichtig, aber nicht notwendig. Recherche ist wesentlich und vor allem eine fundierte Analyse.
Soviel vorab:
Die CDU hat in Mannheim die Chance, größte Fraktion zu werden. Nicht, weil die CDU so überzeugend wäre, sondern weil die SPD bundesweit in einer existenziellen Krise ist und das vermutlich auch auf das Mannheimer Ergebnis durchschlägt.
Bitter für die SPD – die Partei hat wie die CDU auch engagierte Lokalpolitiker.
Die Grünen erreichen nach dem Trend der vergangenen Jahre vor allem in Städten sehr gute Ergebnisse – ich bezweifle, dass die Grünen sich in Mannheim wesentlich steigern werden. Mannheim ist zwar längst keine Arbeiterstadt mehr, aber die Leute, die hier leben, arbeiten hart, sind unter anderem mit Migration und Verkehr voll konfrontiert und wissen, was Wirklichkeit und was Ideologie ist.
Für die AfD wird Mannheim ein Fiasko. Während die AfD bei der Landtagswahl 2016 in Mannheim mit dem Gewinn des Direktmandats im Mannheimer Norden einen sensationellen Wahlerfolg erreichen konnte (vor allem, weil man der SPD das letzte Direktmandat abgenommen hatte), zeigen sich Kreisvorstand und Landtagsabgeordneter Rüdiger Klos und sein Intimfeind Robert Schmidt zutiefst und hassvoll zerstritten. Damit gewinnt man keine Wähler. Vor einem Jahr noch hätte ich der Partei 8-10 Sitze zugetraut. Ich behaupte, dass die AfD, bei klugem Agieren, durchaus die zweitstärkste Fraktion hätte werden können. Aktuell tippe ich auf 3-4 Sitze. Sollte es noch einen spektakulären Kriminalfall mit Bezug zu Migranten geben, ist die Skala allerdings nach oben offen.
Die ehemalige AfD-Fraktion spielt keine Rolle mehr. Die vier Mitglieder traten 2015 nach der Spaltung aus, wurden Alfa, dann LKR. Helmut Lambert war Einzelstadtrat und schlug sich dann auf Seiten der MfM. Auf RNB-Anfrage teilt Eberhard Will mit, dass er nicht mehr kandidieren wird:
Die Bürgerfraktion wird nicht antreten und nur bis zum Ende der Wahlperiode brav ihre Arbeit machen. In der Folge hat sich Dr. Schäffner anderweitig orientiert. Warum nicht? Ich selbst werde mir ein gutes Leben als Altstadtrat machen, Bücher lesen und der Selbstabschaffung Deutschlands zuschauen. Auch Roland Geörg wird sich ausschließlich seinem Privatleben widmen.
Dass Herr Dr. Schäffner wieder bei der AfD antritt, wird noch Thema sein – denn eigentlich geht das nicht nach AfD-Manier, aber die Partei ist ja immer für Überraschungen gut. Überraschend kommt das nicht, ich habe Dr. Schäffner häufig bei AfD-Veranstaltungen getroffen, er meinte, er wolle sich informieren.
Eine besondere Rolle könnten Freie Wähler/Mannheimer Liste spielen. Die setzen jedenfalls auf Erhalt des aktuellen Zustands, also vier Stadträte, sehen eher 5+. Wenn sie klug agieren und nicht in Populismus verfallen, was vorkommen kann, könnte dies gelingen.
Die Linke hat einen Vorteil, den sie bislang nur wenig spielt: Gökay Akbulut ist Bundestagsabgeordnete, hat aber den Gemeinderat verlassen. Die “Prominenz” könnte helfen, aber möglicherweise will sich Frau Akbulut nicht zur sehr an eine durchaus radikale Linke binden, Verfassungsschutz und so.
Die FDP hat mit Volker Beisel und Dr. Birgit Reinemund zwei solide Vertreter im Gemeinderat. Frau Dr. Reinemund ist aber beruflich nicht in Mannheim und auch Herr Beisel ist längst nicht mehr so frisch wie früher.
Kurzum: Diese Kommunalwahlen 2019 werden spannend. Inhaltlich und auch, was die Akteure angeht. Ohne Arbeit kann sich nur die AfD auf Wählerstimmen freuen. Die anderen müssen ranklotzen.
A propos, die AfD meint zu den erstplatzierten Kandidaten: “Sie bringen breite kommunalpolitische Expertise für den Stadtrat mit.” Das kann man getrost als Meinung oder auch als Fake News auffassen, ganz, wie es beliebt.
Die Kommunalwahlen, in Mannheim und in BW, sind wesentlich und wichtig. Sie können als Wähler/in mitwirken und Einfluss ausüben. Deshalb informieren wir Sie dazu umfassend und hintergründig.
Sie bilden sich Ihre Meinung und entscheiden selbst, wie Sie sich verhalten.