Rhein-Neckar/Stuttgart, 30. März 2016. (red/ths) 143 Abgeordnete aus fünf Parteien wurden am 13. März 2016 in den künftigen Landtag von Baden-Württemberg gewählt. Die konstituierende Sitzung ist für den 11. Mai anberaumt. 56 Abgeordnete der bisher 138 Abgeordneten werden dann ihren Sessel geräumt haben. Dafür ziehen 61 Mandatsträgern neu in den Landtag ein – das Parlament vergrößert sich also auf 143 Mitglieder. Der Frauenanteil beträgt 24,5 Prozent – damit liegt Baden-Württemberg auf dem vorletzten Platz im Ländervergleich. Neben der AfD will niemand sitzen – vermutlich trifft es die CDU, weil die AfD rechts außen platziert wird.
Von Achim Wirths
Es ist der größte Wechsel in diesem Jahrhundert. 2001 schieden 70 Abgeordnete aus, allein 14 Republikaner, die an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert waren. Der Wechsel liegt vor allem an den starken Stimmverlusten von CDU und SPD und dem Einzug der AfD in den Landtag. Die CDU hat statt 60 nur noch 42 Abgeordnete, die SPD-Fraktion mit bisher 35 Mitgliedern schrumpft auf 19 Parlamentarier. Die stärkste Fraktion stellen Bündnis 90/Die Grünen mit 47 Abgeordneten, zwölf Sitze hat die FDP ergattert und die AfD zieht mit 23 Abgeordneten erstmals in den Landtag ein.
Platz ist in der kleinsten Hütte
Da seit 2013 das Landtagsgebäude energetisch renoviert und dann endlich auch Tageslicht in den Plenarsaal fallen wird, dient seit Baubeginn der Kuppelsaal des Kunstgebäudes am Stuttgarter Schlossplatz als Interimsplenarsaal. „Da werden wir auch noch einen Platz für die fünf zusätzlichen Abgeordneten finden“, war man sich auf unsere Anfrage in der Pressestelle des Landtags sicher. Die Anzahl der Büros für die Abgeordneten wird ebenfalls als ausreichend bezeichnet, da sich neben den Räumlichkeiten im „Haus des Landtags“ über 200 weitere Büroräume im gegenüberliegenden „Haus der Abgeordneten“ befinden.
Diäten und andere Zulagen
Eine Belehrung über Rechte und Pflichten, wie man es aus der Kommunalpolitik kennt, gibt es auf Landesebene nicht. Die neuen und erneut gewählten Abgeordneten zählen als solche, sobald sie ihre Wahl angenommen haben. Geld gibt es ab dem 01. Mai, an diesem Tag beginnt die Wahlperiode des 16. Landtags. Auf der Homepage des Landtags ist nachzulesen, dass „ein Abgeordneter derzeit monatlich 7.448 Euro erhält – bezeichnet als Entschädigung“. Die Summe muss versteuert werden. Ein 13. Monatsgehalt wird nicht gezahlt.
Für allgemeine Kosten wie Wahlkreisbüro, Porto, Mehraufwendungen am Sitz des Landtags und bei parlamentarisch bedingten Reisen erhalten Abgeordnete eine monatliche Pauschale in Höhe von 1.545 Euro. Zur Aufwandsentschädigung gehört ferner, dass dem Abgeordneten Telefon, Fax und Internet im Landtag kostenlos zur Verfügung stehen. Die Kosten für einen Mitarbeiter in Höhe von bis zu rund 5.400 Euro werden vom Land übernommen.
Auch wenn der baden-württembergische Landtag ein Vollzeitparlament ist, dürfen Abgeordnete bezahlten Nebentätigkeiten nachgehen. Alle Nebentätigkeiten müssen dem Landtagspräsidenten angezeigt werden, dieser ist jedoch zur Geheimhaltung verpflichtet. Beruf und die Mitgliedschaft in Aufsichtsräten werden derzeit im Handbuch des Landtags veröffentlicht.
Die Rente ist sicher
Die ausgeschiedenen Parlamentarier müssen sich ebenfalls keine Gedanken machen, womit sie ihre Brötchen bezahlen sollen. Nach dem Ausscheiden aus dem Landtag steht den Abgeordneten Übergangsgeld zu. Die Dauer der Zahlung hängt davon ab, wie lange man im Parlament war. Für das erste Jahr im Landtag erhält er drei Monate lang Übergangsgeld in Höhe des aktuellen Diätensatzes (7.448 Euro monatlich). Für jedes weitere Jahr wird für einen weiteren Monat Übergangsgeld gewährt, längstens jedoch für 24 Monate.
Für die Altersvorsorge, die eigenständig erfolgt, erhalten die Abgeordneten einen Vorsorgebeitrag in Höhe von monatlich 1.638 Euro, wenn sie nach Oktober 2013 ins Parlament kamen. Vor dem 01. November war die Altersversorgung staatlich geregelt.
Wohin mit der AfD?
Auch wenn niemand mit der AfD koalieren mag, irgendwer muss dennoch neben deren Abgeordneten sitzen. Auf unsere Anfrage schätzt die SPD-Fraktion, dass man wohl einem Vorschlag der Landtagsverwaltung folgen wird, wonach die AfD-Parlamentarier aus Sicht des Landtagspräsidenten rechts außen sitzen werden – neben dem CDU-Block. In Richtung links würden dann FDP, SPD und die Grünen ihre Plätze einnehmen.
Die FDP teilte auf Anfrage mit, dass sie diese Sitzordnung teilt. Die Grünen meinten, dass die Sitzordnung noch nicht geplant sei. Von CDU und AfD lagen bis Redaktionsschluss keine Antworten vor.
Hick-Hack um Vertreteramt
Ebenso wenig auf die Frage, welche Parteien den oder die Vertreter des Präsidenten des Landtags stellen sollen. Der Landtagspräsident wird vom Landtag in geheimer Wahl gewählt. Traditionell wird der Präsident von der stärksten Fraktion gestellt, also von den Grünen. Die Vertreter stellen die anderen Parteien in der Reihenfolge der meisten Sitze – das wären also CDU und AfD.
Dies ist zwar zu den historisch gewachsenen parlamentarischen Gewohnheiten zu zählen, die Geschäftsordnung des Landtags sieht indessen keinerlei feste Regelung vor. So plädiert die SPD wegen der Arbeitsfülle und Terminflut für zwei Stellvertreter, die Pressestelle der Fraktion teilte uns mit: „Die SPD-Fraktion hat beschlossen, keinen Vertreter der AfD zum stellvertretenden Landtagspräsidenten zu wählen.“
Aus Sicht der FDP-Fraktion wäre ein Stellvertreter des Landtagspräsidenten ausreichend. Dazu sagte Dr. Hans-Ulrich Rülke, Vorsitzender der FDP-Fraktion, am 22. März: „Diese Entscheidung würde nicht nur den Streit um die Frage beenden, ob der AfD ein Vizepräsident zugebilligt werden kann oder nicht, sondern auch den Steuerzahler entlasten.“
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