Weinheim, 29. Dezember 2016. (red/pm) Seit 30 Jahren ist der Stadtjugendring dabei, wenn Schülerbegegnungen zwischen den Weinheimer Gymnasien und der israelischen Weinheimer Partnerstadt Ramat Gan stattfinden. Lehrer und Jugendliche erinnern sich an das Begegnungsjahr 2016.
Information der Stadt Weinheim:
“Joachim Gund, mittlerweile pensionierter Lehrer, kannte das schon. Seit den 90er-Jahren begleitet der weltoffene Pädagoge die Schülerbegegnungen zwischen den Weinheimer Gymnasien und der israelischen Weinheimer Partnerstadt Ramat Gan.
Das Abschiednehmen nach der zweiten Begegnung des Jahres, wenn die Weinheimer in Israel sind, ist immer hart und geht ans Herz.
„Am Flughafen muss man sie immer auseinanderreißen, sonst würde der Flieger ohne uns gehen“, schmunzelt er.
Freundschaften für immer
Gund und andere langjährige Begleiter der bundesweit besonders etablierten Begegnung zwischen deutschen und israelischen Schülern weiß aber auch, dass viele den Kontakt nicht abbrechen lassen, dass sich einige ihr Leben lang immer wiedersehen, dass manche feste Freundschaften für immer schließen.
So war es auch diesmal, wie jetzt Leon Kirsch und Lisa Schaaf gemeinsam mit ihrem Lehrer Tobias Tempel berichteten. Die beiden Jugendlichen gehörten diesmal zu den Israel-Reisenden. Im Juli waren die Israelis in Weinheim, der Gegenbesuch fand im November statt.
Die Nachfrage nach Plätzen, schildern Tempel und Gund, ist sowohl im Werner-Heisenberg-Gymnasium als auch im Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium deutlich höher als das mögliche Angebot von 20 Plätzen. Wer ausgewählt wird, muss sich zuvor mit einem persönlichen Schreiben bewerben und seine Motivation erläutern.
Gemeinsame Geschichte erleben
Auch Leon Kirsch und Lisa Schaaf haben bleibende Freundschaften geschlossen. „Meine israelische Freundin möchte unbedingt wieder nach Deutschland kommen“, berichtete Lisa Schaaf jetzt Stadtjugendring-Geschäftsführer Martin Wetzel; die Jugendorganisation betreut und „trägt“ die Begegnung seit ihren Anfängen in den 80er Jahren.
Mittlerweile sind es schon die Kinder der Jugendlichen von damals, die sich auf die Spuren ihrer Eltern machen. Seit jeher wird die Begegnung vom zuständigen Bundesministerium gefördert.
Die Begegnungen sind bewusst nicht mit historischen Erinnerungen überladen, beschreibt Joachim Gund.
Dennoch spielt die gemeinsame Geschichte immer wieder eine Rolle. In Israel besuchen die Gruppen gemeinsam die Gedenkstätte Yad Vashem, in Deutschland ein früheres Konzentrationslager. Aber wichtig: Die junge Generation fühle sich nicht mehr belastet, beschreibt Leon Kirsch. „Es gibt Familien“, beschreibt er, „in denen es eine Holocaust-Geschichte gibt, aber die Menschen in Israel gehen sehr offen damit um, es geht auch nie um die Frage der Schuld.“
Interesse statt Ressentiments
Ressentiments seien keine (mehr) zu spüren, viel eher das Interesse an Deutschland. Man werde auf deutsche Kultur angesprochen, auf die Musik, auf das Oktoberfest. „Wir sind nur auf positive Einstellungen getroffen“, erinnert sich Lisa Schaaf.
Sie und Leon Kirsch haben außerdem eine gewisse Leichtigkeit des Lebens festgestellt – und wenig von den Belastungen oder Bedrohungen durch Konflikte mit den arabischen Nachbarn gespürt. „Es gab keine einzige Situation, in der wir uns unsicher gefühlt hätten“, beschreibt auch Lehrer Tobias Tempel.
Mit Freude und etwas Stolz hat die Reisegruppe bemerkt, dass Weinheim unter den vielen weltweit verstreuten Partnerstädten Ramat Gans (darunter sind Weltstädte wie Rio de Janeiro!) zu den beliebtesten und bei der Schülerbegegnung zu den begehrtesten Reisezielen gehört. Das mag daran liegen, schätzt auch Jugendexperte Martin Wetzel, „dass es ein Austausch im Hier und Jetzt ist, der die Vergangenheit kennt, sie aber nicht belastend betont“.
An den Schulen haben schon wieder die Bewerbungsphasen begonnen. Und wieder ist der Andrang riesengroß.”