Rhein-Neckar/Weinheim, 29. Oktober 2014. (red/ld) Wenn Wasserpegel steigen, Unwetter drohen oder Großveranstaltungen anstehen, müssen viele Rettungs- und Hilfsorganisationen Hand in Hand arbeiten. Um die verschiedenen Stellen sinnvoll zu koordinieren, ist die Stabsarbeit wichtig, und war trotzdem lange Zeit unterschätzt. Kein Wunder also, dass am Wochenende gleich mehr als viermal so viele Teilnehmer zur Fachfortbildung Stabsarbeit nach Weinheim kamen, wie ursprünglich gedacht.
Von Lydia Dartsch
Ursprünglich war die Fachfortbildung Stabsarbeit im Seminarraum des Feuerwehrzentrums Weinheim gedacht worden. “Wir hatten damals mit rund 40 Teilnehmern gerechnet”, sagt Ralph Mittelbach, Kommandant der Abteilung Stadt. Gut 180 Personen kamen dann am Samstag ins Feuerwehrzentrum: Vertreter von Rettungs- und Hilfsorganisationen wie Feuerwehren, Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter Unfallhilfe, Malteser Hilfsdienst, dem DLRG, dem Technischen Hilfswerk und der Bundeswehr. Die Teilnehmer kamen aus dem gesamten Bundesgebiet.
Wie wichtig diese Arbeit ist, zeigte sich während der Vorträge der verschiedenen Referenten. Kai Ullwer, Kommandant der Feuerwehr Heitersheim berichtete von der Organisation des “Rescue Days” Anfang Oktober. Rund eineinhalb Jahre habe man damit verbracht, den Ablauf zu planen: Von der Unterbringung der Helfer, über Shuttle-Services, bis hin zu den Stellplätzen für die einzelnen Hilfsorganisationen, die dort ihre Arbeit präsentieren sollten.
Hochwasserlagen und Großveranstaltungen als Herausforderung
Dazu kamen Aufgaben wie Öffentlichkeitsarbeit und auch die Gefahrenabwehr: “Wir haben Checklisten erstellt für die verschiedenen Notfälle, die eintreten könnten”, sagte Herr Ullwer. Eingetreten seien diese aber glücklicherweise nicht. “Von diesen Erfahrungen können wir eine Menge lernen”, sagte Stadtbrandmeister Reinhold Albrecht. Beispielsweise für die Ausrichtung des Landesturnfests in zwei Jahren. Zu diesem Großereignis würden rund 20.000 Gäste in der Stadt erwartet, sagte er.
Auch beim Thema Hochwasserschutz gibt es Übungsbedarf, was die Stabsarbeit angeht. In den kommenden Jahren werden Unwetterlagen immer stärker zunehmen, sagte Gerold Reichenbach, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Deutschen Kommittees für Katastrophenvorsorge. Er referierte über die Risiken und wie man mit Hilfe der Bevölkerung Krisenlagen besser stemmen könnte – beispielsweise bei einem Stromausfall, sei es durch einen Cyberangriff oder ein Hochwasser.
Wie die Rettungskräfte in diesem Fall reagieren, wurde im Rhein-Neckar-Kreis bereits vor zwei Jahren in einer Simulation geübt. Das Szenario sah damals vor, dass die Stadt Mannheim durch ein Rhein-Hochwasser unterzugehen drohte und dadurch ein immenser finanzieller und wirtschaftlicher Schaden entstehen werde. Neben Sandsäcke füllen und Dämme bauen und sichern, war der Stab damals vor eine ganz besondere Frage gestellt, die so noch nie gestellt wurde:
Wir sprengen den Damm!
Dies sei die letzte Maßnahme gewesen, sagte Jürgen Link, Sachgebietsleiter für Feuerwehr und Katastrophenschutz, der zu dieser Übung referierte. Würde der Damm gesprengt, könnte zwar die Stadt Mannheim vor dem Hochwasser verschont bleiben. Dafür würde aber der Rhein-Neckar-Kreis immense Schäden erleiden. Wer übernimmt in so einem Fall die politische Verantwortung? Wie ist diese Entscheidung rechtlich geregelt? Und wie vermittelt man diese Entscheidung den Bürger/innen? Denn denen sei es egal, ob Mannheim sicher ist, wenn ihr eigenes Haus unter Wasser steht, sagte Herr Link.
Doch auf die Antworten auf diese Fragen warte er noch immer. Nach zwei Jahren. Diese Frage sei nun einmal nicht so einfach zu klären. Der stellvertretende Kreisbrandmeister Axel Schuh, der über die Systematik der Führungsgruppen im Rhein-Neckar-Kreis referierte, sagte auf Anfrage, dass man anhand solcher Beispielen merke, dass es einen Bedarf für Fortbildungen in der Stabsarbeit gibt. Er sagte:
Die Arbeit bei den Einsatzkräften funktioniert. Aber die Stabsarbeit wurde immer vernachlässigt.