Weinheim, 29. Mai 2019. (red/pm) Mustafa ist ein Vorbild. Der Algerier kam mitten in der hektischen Phase der Flüchtlingskrise nach Deutschland. Seine Perspektiven, Arbeit und Lohn zu finden, waren schlecht. Mustafa machte sich große Sorgen um seine Frau und die vier Kinder. Jetzt hat der Familienvater einige seiner Probleme gelöst. Mustafa hat einen Ausbildungsplatz bei der Firma Weidler bekommen; er lernt Gebäudereiniger – und das ist ein sicherer Job. Schließlich wird es immer Schmutz geben und Menschen, die wissen, wie man ihn am besten beseitigt.
Information der Stadt Weinheim:
„Mustafa kam über die Weinheimer Lern-Praxis-Werkstatt und einen ehrenamtlichen Betreuer an seinen ersten festen Job; die Einrichtung unter dem Dach von Job Central, gefördert von Stiftungen und den Weinheimer Firmen Naturin und Freudenberg, gibt es seit dem vergangenen Jahr. Dort lernen überwiegend junge Flüchtlinge, aber auch anders Gestrandete, die Grundlagen von Erwerbsarbeit: Pünktlichkeit und Verlässlichkeit, Teamfähigkeit und andere soziale Kompetenzen, sie tanken Selbstvertrauen und lernen handwerkliche Grundbegriffe sowie bestenfalls die deutsche Sprache.
„Vor allem lernen sie, sich selbst um ihr Leben zu kümmern“, beschreibt Khalil Sepehrnia, der neulich als Werkstattleiter der Lern-Praxis-Werkstatt eingestiegen ist. Das Projekt nahm im letzten Frühjahr unter der Leitung von Job Central-Mitarbeiter Ante Rasic an Fahrt auf, nachdem die Firma Naturin Werkstatt-Räume und die Firma Freudenberg Werkzeuge aus ihrer früheren Lehrwerkstatt zur Verfügung gestellt hat. Seither hat man die Männer der Lern-Praxis-Werkstatt immer wieder im Einsatz gesehen, zum Beispiel bei der Renovierung des Carrillonia-Clubs des Stadtjugendrings, bei der Erstellung von Ruhebänken auf dem Alten Friedhof, der Renovierung eines Bauwagens im Kindergarten Waid und neulich beim Aufstellen des ersten Weinheimer „Foodsharing-Regals“.
Projekt zeigt Früchte
Es gibt im Moment einige ganz konkrete Erfolge des Projektes, wie Rasic und Sepehrnia jetzt betonten. So wurde tatsächlich Mustafa in einer festen Ausbildung angestellt, ein weiterer junger Mann absolviert gerade im Bodelschwinghheim ein Praktikum als Altenpfleger und hat gute Chancen auf einen Ausbildungsplatz.
Außerdem kann die Werkstatt jetzt auch selbst Schülerpraktika für Schülerinnen und Schüler aus Vorbereitungsklassen anbieten und anerkennen, so kommt es auch immer öfter zum gewünschten Austausch von Teilnehmern mit und ohne Flüchtlingshintergrund, betont Sepehrnia. Der gebürtige Iraner ist selbst gelernter Schreiner und als Handwerksmeister ein erfahrener Ausbilder; er besitzt Berufserfahrung in arbeitspädagogischen Bereichen.
Im Moment arbeiten die „Werkstättler“ emsig an der Sanierung der Holzhütten, die von der IG Marktplatz auf dem Weihnachtsmarkt eingesetzt werden. Die Hütten werden mit dicken Holzbalken statisch verstärkt. Eine weitere Spezialität sind Ruhebänke aus Holz, die durchaus vielseitige handwerkliche Kenntnisse erfordern. Als Abnehmer kommen staatliche oder gemeinnützige Einrichtungen in Frage, genau wie bei handwerklichen Dienstleistungen zum Beispiel bei Garten oder Renovierungsarbeiten. „Denn klar ist“, erklärt Ante Rasic, „dass nicht mit Handwerksbetrieben konkurrieren können und wollen“.
An jedem Werktag wird geschafft
Jeden Werktag herrscht in der früheren Naturin-Werkshalle am Käsackerweg emsiges Werkeln. Auch eine Fahrradwerkstatt wurde eingerichtet, in der die angehenden Berufseinsteiger zweimal in der Woche von einem Fachmann angeleitet werden – ehrenamtlich passiert das, wie so vieles in der Flüchtlingsarbeit. „Das Netzwerk der Ehrenamtlichen ist besonders wichtig“, bescheinigt auch Ante Rasic. Mittlerweile gibt es auch eine ehrenamtlich betreute Nähgruppe für Frauen. Mittags sitzen alle gemeinsam zum Essen am Tisch – auch die Pause gehört zum Arbeitsrhythmus.
Mittlerweile ist die Expertise von Rasic und Sepehmia auch gelegentlich von Besuchern gefragt, die gehört haben, dass man in der Lern-Praxis-Werkstatt auch gute Praxistipps bekommt zum Einstieg in einen Beruf. „Zu uns kann jeder kommen, der sich her entwickeln will“, beschreibt der Projektleiter, „denn unsere Aufgabe ist es, Perspektiven zu eröffnen“.“