Rhein-Neckar, 29. Dezember 2016. (red/cr) Spätestens nach der vergangenen Silvesternacht, die von zahlreichen Übergriffen überschattet wurde, fühlen sich viele Menschen in Deutschland weniger sicher. Das hatte damals zu einem Ansturm auf Selbstverteidigungswaffen geführt. Wie ist die Lage nun, fast ein Jahr danach? Und wie viele der Waffenbesitzer machen tatsächlich Gebrauch von Pfefferspray, Elektroschocker oder Schreckschusswaffen? Und warum?
Von Christin Rudolph
Seit September 2015 ist die Nachfrage nach Sicherheitswaffen stark gestiegen. Nach den Anschlägen in Paris im November 2015 und der Silvesternacht, in der es in Köln und anderen Städten zu Übergriffen kam, gab es einen regelrechten Ansturm auf Waffen- und Sicherheitsgeschäfte. Hier unser Bericht aus dem Januar 2016.
Damals sagte uns Hans-Jürgen Demmer:
So eine Panik habe ich noch nie erlebt.
Herr Demmer ist Geschäftsführer mehrerer “Demmer”-Filialen in der Region, in denen frei verkäufliche Waffen und Sportbekleidung angeboten werden.

Herr Demmer leitet das Familienunternehmen mit seinen sechs Filialen in Landau, Speyer, Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen.
Stagnation auf hohem Niveau
Nun, fast ein Jahr danach, haben wir wieder mit ihm gesprochen. Wie ist die Entwicklung? Wer kauft was? Und wie viele Kunden benutzen ihre Waffen wirklich?
Grundsätzlich ist die Nachfrage nach Sicherheitswaffen immer noch wesentlich höher als 2014.
Generell habe sich die Lage jedoch etwas beruhigt. Von Panik spricht Herr Demmer nicht mehr. Allerdings bemerkt er, dass Medienberichte über Gewalttaten wie zum Beispiel Angriffe auf Joggerinen immer wieder für Spitzen in der Nachfrage sorgen.
Der Verkaufsschlager ist nach wie vor Pfefferspray. Danach kommen Elektroschocker und Signalwaffen. Dabei ist eine klare Tendenz auszumachen.
Absatz von Pfefferspay weiterhin hoch
Frauen kaufen extrem viel Pfefferspray.
Pfefferspray ist nicht nur einfach anzuwenden und effektiv. Es hat eine Reichweite von vier bis fünf Metern. Männer würden eher Elektroschocker und Signalwaffen kaufen, so Herr Demmer. Um einen Elektroschocker anzuwenden, brauche man Körperkontakt – das sei der entscheidende Unterschied.
Davon abgesehen braucht man einen kleinen Waffenschein, wenn man Schreckschusswaffen und Gaspistolen in der Öffentlichkeit führen will. Den muss man jedoch “nur” bei der örtlichen Waffenbehörde beantragen – ein Nachweis der Sachkenntnis ist hierfür nicht notwendig.
Wann und warum werden die Waffen benutzt?
Im Januar hatte Herr Demmer gesagt, nur wenige Kunden kämen tatsächlich in die Situation, in der sie ein Pfefferspray einsetzen müssten. Vielen helfe es, sich sicherer zu fühlen. Hat sich das so bewahrheitet?
Ab und zu, berichtet Herr Demmer, kämen Kunden in das Geschäft, die ihr Pfefferspray wieder auffüllen lassen. Daraus könne man allerdings nicht schließen, dass diese Kunden alle beim Joggen überfallen wurden.
Überfälle und Vergewaltigung sind zwar eine Gefahr. Doch viel öfter käme die Gewalt nicht “von außen” durch Fremde. Eher seien es Streitigkeiten innerhalb der Familie oder unter Bekannten, die Menschen zu Selbstverteidigungswaffen greifen lassen. Herr Demmer sieht hier mehr Aggressivität in der Bevölkerung als früher.
Bleibt abzuwarten, ob sich das 2017 ändern wird.
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