Ludwigshafen/Mannheim/Rhein-Neckar, 29. Januar 2015. (red) Für den 08. Februar hat „Gemeinsam stark Deutschland e.V.“ eine Kundgebung in Ludwigshafen mit 1.000 Teilnehmern angekündigt. Vor Ort wird es fünf Gegenveranstaltungen geben sowie eine aus Mannheim, die über die Konrad-Adenauer-Brücke nach Ludwigshafen ziehen will. Nach außen distanzieren sich die Gegendemonstranten von Gewalt – die Antifa hingegen plant „Aktionen“. Die Polizei bereitet sich auf mögliche gewalttätige Auseinandersetzungen vor.
Von Hardy Prothmann
Wer „Gemeinsam stark Deutschland e.V.“ (GsD, http://www.gemeinsamstark-ev.net/blog/) ist, darüber braucht man sich keinen Illusionen hingeben. Als Abspaltung von „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa) ist der am 03. Januar in Fulda gegründete Verein eindeutig der rechtsradikalen Szene zuzuordnen (https://www.facebook.com/pages/Gemeinsam-Stark-Deutschland/918246318186112).
Von Hogesa zu GsD
Am 08. Februar 2014 traten zum ersten Mal Hooligans gegen Salafisten in Mönchengladbach auf. Im März 2014 wurde der Name „Hogesa“ in Mannheim „geboren“, als über 200 Hooligans eigentlich verfeindeter Vereine zusammen gegen eine Kundgebung des konvertierten Salafisten Pierre Vogel am Marktplatz auftraten. Ihr Motto: „In den Farben getrennt, in der Sache vereint“.
In Köln kam es im vergangenen Jahr zu schweren Ausschreitungen mit über 40 verletzten Polizisten, als rund 4.000 „Hogesa“-Teilnehmer randalierten. Auch in Hannover gab es Verletzte – diesmal aber „Hogesa“-Teilnehmer, die von „Antifaschisten“ schwer verletzt worden waren.
Ruhe in Mannheim, Krawall in Ludwigshafen?
Die Großveranstaltung „Mannheim sagt Ja zu Flüchtlingen“ am 17. Januar blieb friedlich. Die Initiatoren unterstützen das in Ludwigshafen geplante „Kulturfest“ auf dem Theaterplatz, das durch das „Netzwerk gegen Rechte Gewalt und Rassismus“ veranstaltet wird. Zu weiteren vier Veranstaltungen rufen der Deutsche Gewerkschaftsbund sowie die Dienstleistungsgewerkschaft verdi auf.
Von Mannheim aus soll zusätzlich eine Demo vom Paradeplatz nach Ludwigshafen ziehen – Anmelder hier ist das Mannheimer „Bündnis gegen rechts“, eine Anmeldung ist nach Auskunft der Behörden noch nicht erfolgt.
Und hier scheiden sich die Geister. Während der grüne Stadtrat Gerhard Fontagnier behauptet, es handle sich um zwei getrennte Veranstaltungen, „Mannheim sagt Ja“ würde das Kulturfest unterstützen, das „Bündnis gegen Rechts“ die Demo veranstalten, kennen sich die verantwortlichen Organisatoren gut und gehören denselben Parteien wie SPD und Grünen oder diversen Gewerkschaften an.
Stadträtin Schmit-Illert positioniert sich gegen Gewalt
Bei der von unseren Berichten ausgelösten Debatte, wieso man „linksradikale“ Gruppen als Unterstützer von „Mannheim sagt Ja“, akzeptiere, wurde explizit betont, dass diese Gruppen auch beim Mannheimer „Bündnis gegen rechts“ seit Jahren aktiv sind. Das Ludwigshafener Bündnis gegen Rechte Gewalt hat eine Unterstützerliste veröffentlicht, auf der die Antifa- und Anarchistenruppen fehlen. Diese wiederum haben eine eigene Liste veröffentlicht, auf der eben diese „gewaltbereiten“ Gruppen aufgeführt werden. Über verschiedene „Szene“-Seiten im Internet wird unverhohlen zu Aktionen und auch zu Gewalt aufgerufen:
Klar ist, dass die politische Auseinandersetzung nicht nur über direkte Aktionen zu entscheiden sein wird- ohne aber auch nicht. Neben Blockaden, inhaltlicher Auseinandersetzung und Gegendemonstrationen wird es in Ludwigshafen die Bereitschaft brauchen, sich den Nazis direkt entgegenzustellen. Antifa bleibt Handarbeit! (…) Zu guter Letzt existieren in Ludwigshafen und Mannheim Bündnisstrukturen, die durch Anmeldungen Anlaufpunkte bieten werden, die ein offensives Agieren ermöglichen werden.
Die CDU-Stadträtin Rebekka Schmitt-Illert hat wegen dieser Konstellation heute ihren sofortigen Ausstieg aus dem Initiatorenkreis von „Mannheim sagt Ja“ öffentlich gemacht. Der Grund: Sie akzeptiert nicht, dass über die „Netzwerke“ unter ihrem Namen möglicherweise Blockaden oder Gewalttätigkeiten begangen werden:
Aus voller Überzeugung habe ich mich in der Initiatorengruppe „Mannheim sagt Ja“ engagiert, um ein Zeichen für Nächstenliebe und gegen Fremdenfeindlichkeit zu setzen. (…) Ich respektiere das Engagement von Mannheim gegen Rechts gegen Rechtsradikale und Faschisten. Ich akzeptiere aber keine Aktionen linksradikaler Gruppierungen, die möglicherweise gewaltbereit sind
Diese Haltung hatte sie auch während der Debatte unmissverständlich klar gemacht. Durch ihre Positionierung hatte sie erreicht, dass viele CDU-Mitglieder „trotz“ der „linksradikalen“ Gruppen bei der Großdemo mitgelaufen sind – für ein friedliches Miteinander. Auf Facebook wurde sie daraufhin von Gerhard Fontagnier regelrecht angefeindet:
Weiter behaupten die verbliebenen „Mannheim sagt Ja“-Initiatoren Marianne Bade, Petar Drakul, (beide SPD-Stadträte), Gerhard Fontagnier (Grünen-Stadtrat), Holger Keck (SPD), Uwe Moravec (SPD), Thorsten Riehle (SPD-Stadtrat), Markus Sprengler (Musiker), Dr. Angela Wendt (Grüne) in einer „modifizierten“ Erklärung:
Die angeblichen Hinweise auf „linke Gewaltbereitschaft“ die Frau Schmitt-Illert formuliert hat, sind weder begründet noch belegt.
Unterschiedliche Situationen
Die Mannheimer Demo war insofern „unproblematisch“, als es keine Veranstaltung von rechtsradikalen Gruppen gab. Hier reichten gut 60 Polizeibeamte, um die Demo der 12.000 Menschen zu sichern. Für Ludwigshafen ergibt sich nun eine grundlegend andere Situation. Bis zu 1.000 Rechte, darunter vermutlich mehrere hundert gewaltbereite Hooligans, auf der einen Seite und auf der anderen Seite zum einen friedliche Bürger/innen bei den angemeldeten Veranstaltungen, aber auch gewaltbereite Personen aus der linksradikalen Szene.
Die Polizei rüstet sich für eine „Großlage“. Wie viele Beamte zum Einsatz kommen, steht noch nicht fest. Heiko Arnd, Leiter der Polizeiinspektion Frankenthal, leitet den Planungsstab: „Wir sind noch in Gesprächen mit den verschiedenen Anmeldern. Welche Maßnahmen wir tatsächlich treffen, wird erst in den Tagen vor dem 08. Februar entschieden“, sagte er uns bei unserem Besuch im Ludwigshafener Polizeipräsidium.
Rechte und linke Gewalttäter unter Beobachtung
Die Zahl von 1.000 Teilnehmern der „GsD“ sieht er als „realistisch“ an: „Die Gruppe mobilisiert massiv im Internet für die Veranstaltung.“ Außerdem gebe es in Mainz am Samstag ein Spiel gegen Hertha: „Möglicherweise nutzen das Berliner Hooligans für einen Wochenendausflug.“ Die Polizei beobachtet ebenfalls eine Mobilmachung im linken Lager.
Geplant seien drei Reden von „GsD“ – von welchen Rednern und zu welchen Themen stehe noch nicht fest. Der ursprünglich beantragte Berliner Platz stehe aus Sicherheitsgründen für keinen Veranstalter zur Verfügung, so die Polizei. Die „GsD“ wird voraussichtlich vom Bahnhof um die Innenstadt zurück zum Bahnhof ziehen – auch das kann sich je nach Sicherheitslage noch ändern. Die Polizei prüft auch, ob Meldeauflagen ausgesprochen werden oder „Gefährderansprachen“ nötig sind. Auch szenekundige Beamte in Kaiserslautern werden zu Rate gezogen.
Unklare Teilnehmerzahlen
Wie viele Teilnehmer für die Gegen-Demos angemeldet werden, weiß man ebenfalls noch nicht: „Wir gehen jeweils von einigen hundert Menschen aus“, sagt Polizeirat Arnd. Den Einsatz wird der Leiter der Polizeidirektion Ludwigshafen leiten, Kriminaldirektor Werner Reichert.
Für Ludwigshafen sind Demos in dieser Größenordnung kein Alltag und der 08. Februar könnte zur Herausforderung werden, wenn es zu Ausschreitungen von rechts oder links oder beiden Seiten kommen sollte.
In Mannheim drohte diese Gefahr am 17. Januar nicht, da keine rechte Demo stattgefunden hat. Die unmittelbar zuvor ausgeübten Terroranschläge hatten zudem viele Menschen mobilisiert. Über Facebook hatten sich fast 8.500 Menschen „angemeldet – rund 50.000 waren eingeladen worden. Danach wurde die Veranstaltung für eine Mobilisierung für den 08. Februar umgewidmet – 900 Personen haben sich daraufhin abgemeldet. Die Facebook-Veranstaltungsseite für das „Kulturfest“ hat bislang gerade mal 1.500 Zusagen, hier wurden aber auch nur 12.000 Personen eingeladen. Sicher werden sich viele Menschen überlegen, ob sie teilnehmen – denn die möglicherweise gewalttätige Lage schreckt sicher viele ab.
Mannheimer Polizei ebenfalls gefordert
Auch die Mannheimer Polizei wird gefordert sein und die Kollegen in Ludwigshafen – allein durch die Anreisesituation. Zudem dürften auch Mannheimer Hooligans mit von der Partie sein. Der Mannheimer NPD-Stadtrat Christian Hehl, selbst ein „Alt-Hooligan“ soll zudem eng verbunden mit der „Hogesa“-Bewegung sein, unter Umständen gar einer aus dem inneren Kreis.
Am 01. Mai 2012 waren in Mannheim-Neckarau 300 NPD-Anhänger aufmarschiert – gut 3.500 Menschen demonstrierten dagegen, darunter rund 200 Linksradikale, die aber von der Polizei gut abgeschirmt waren. In Mannheim war großräumig abgesperrt worden, etwa 1.200 Polizisten sicherten NPD- sowie die Gegenkundgebung. Der damalige Einsatzleiter und heutige Mannheimer Polizeipräsident Thomas Köber setzte auf Deeskalation und trennte die Gruppen räumlich weit voneinander. Das wird auch die beste Strategie für Ludwigshafen sein, auch wenn sie sehr personalintensiv ist. Heiko Arnd sagt: „Wir appellieren an die Friedlichkeit aller Teilnehmer.“