Mannheim/Rhein-Neckar, 28. Mai 2014. (red) Die NPD hat für die Wahlperiode 2014-2019 einen Platz im Mannheimer Gemeinderat erhalten. Verschiedene Politiker äußerten sich „entsetzt“. Für heute, 18 Uhr, hat das Bündnis „Mannheim gegen Rechts“ zu einer Demo am Paradeplatz aufgerufen. Das ist eine erste, klare Positionierung gegen Faschisten und Rechtsextremisten. Ändern wird das aber nichts – der mehrfach vorbestrafte Rechtsextremist Christian Hehl ist für den Gemeinderat gewählt. Die Frage ist: Wie geht man damit die nächsten fünf Jahre um?
Kommentar: Hardy Prothmann
Immer wieder Mal gibt es in den Gemeinderäten Auseinandersetzungen. Oft wird über’s Geld gestritten und wofür man es verwendet. Dann über Projekte, ob man die will oder nicht oder wie und wann und wo. Insgesamt gibt es aber einen großen Hang zur „Einigkeit“ – je mehr Gemeinderäte einer Beschlussvorlage ihre Stimme geben, umso „überzeugender“ ist das Ergebnis. Je „harmonischer“, desto besser.
Mit der Harmonie ist es jetzt vorbei. In der kommenden Wahlperiode wird einer von 48 Gemeinderäten ein Nazi sein. Das NPD-Mitglied Christian Hehl. Einschlägig vorbestraft wegen Landfriedensbruchs und Körperverletzung. Ein Hooligan und strammer Rechtsradikaler.
Man darf erwarten, dass der Mann oft gegen Anträge der Verwaltung und der Fraktionen stimmt. Doch was, wenn er für einen Antrag seine Stimme gibt? Bekommt der dann braune Flecken? Er hat dieselben Rechte und Pflichten wie jeder andere Gemeinderat auch und seine Stimme zählt wie jede andere auch. Wie stimmt man für einen Antrag der NPD, wenn dieser tatsächlich „in Ordnung“ ist, also der Gesellschaft dient und an ihm nichts auszusetzen ist? Darf man dann guten Gewissens dagegen sein, nur weil er von der NPD kommt?
Alle Rechte – auch für einen Nazi
Er hat Frage- und Rederecht. Wie wird er das wahrnehmen? Er kann sich zu allen Punkten äußern. Ignoriert man seine Beiträge oder hält man dagegen? Wird künftig jede Sitzung zum Ausnahmezustand, falls er sich rassistisch, fremdenfeindlich oder demokratiefeindlich äußern sollte? Welche Strategie werden die anderen Gemeinderäte und deren Parteien und Wählerlisten haben?
Was, wenn er nicht auf Konfrontationskurs geht, sondern anderen Redebeiträgen, Anträgen und so weiter „seinen NPD-Segen“ gibt? Wie erträgt man das?
Er kann an allen Ausschüssen teilnehmen – auch an den nicht-öffentlichen Sitzungen. Dazu ist er sogar verpflichtet. Was dort „unter vier Augen“ gesprochen wird, wird mit Sicherheit die NPD erreichen. Wie bespricht man Anti-Nazi-Aktionen, wenn ein Nazi anwesend ist? Wie bespricht man heikle Themen zur Zuwanderung, wenn ein Rassist dabeisitzt?
Wie verhält man sich korrekt?
Ein guter Umgang untereinander ist im Gemeinderat eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Gibt man einem Hehl die Hand? Begrüßt man ihn mit Herr Kollege? Geht man nach den Sitzungen mit ihm was trinken? Wie geht man bei Ortsbesichtigungen oder Klausurtagungen des Gemeinderats mit ihm um? Er ist ein Nazi – aber er ist ein demokratisch gewählter Nazi.
Der Einzug der NPD in den Mannheimer Gemeinderat wird eine Prüfung werden – der guten demokratischen Gepflogenheiten. Klar ist, dass man nicht einfach mal „gucken“ kann, was so passiert. Klar ist, dass die anderen Gemeinderäte eine Strategie haben müssen und vermutlich auch sehr gute Nerven, um diese fünf Jahre durchzustehen.
Und das gilt nicht nur für den Gemeinderat als Gremium. Auch für die Verwaltung – Herr Hehl hat auch hier Auskunftsrechte, die er nutzen kann. Wie bereitet man die Mitarbeiter darauf vor? Und wie die Gesellschaft, wenn ein Nazi im Ehrenamt bei Anlässen der Stadt zugegen ist?
Dieses eine Mandat wird Mannheim schwer zu schaffen machen.