Rhein-Neckar, 28. Juni 2012. (red/mb) Menschenwürde und Menschlichkeit sind schwierig als Faktor zu bewerten oder in Zahlen auszudrücken. „Dennoch spielen sie bei der Arbeit der Heimaufsicht im Rhein Neckar-Kreis eine bedeutende Rolle“, weiß Christa Reichardt vom Gesundheitsamt im Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis.
Information des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis:
„Es gibt neben den Rechtsgrundlagen und Anforderungen des Landesheimgesetzes bei den Heimprüfungen auch die vielen Gespräche und Beobachtungen, die berücksichtigt werden müssen und so in die Prüfung mit einfließen“, erklärt sie. Gemeinsam mit den beiden Pflegekräften Inge Bartl und Marion Hartmann überprüft Reichardt an diesem Tag ein Altenpflegeheim im Rhein-Neckar-Kreis. Insgesamt kümmert sich ein siebenköpfiges Team im Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis um die heimrechtlichen Belange der Pflegeeinrichtungen für Senioren und Menschen mit Behinderung.
Aktuell gibt es 81 solcher Heime mit 5.853 Plätzen (2011: 80 Heime mit 5.792 Plätzen) im einwohnerstärksten Landkreis in Baden-Württemberg. Sieben weitere sind derzeit im Bau oder in der Planung. Alle Heime werden mindestens einmal jährlich geprüft, im Jahr 2011 fanden insgesamt 102 Heimprüfungen statt – 80 turnusgemäß und 22 anlassbezogen, zum Beispiel aufgrund von Beschwerden der Angehörigen. 91 dieser Kontrollen waren unangekündigt, davon 76 Regel- und 15 anlassbezogene Prüfungen. Dies geht auch aus dem Tätigkeitsbericht der Heimaufsichtsbehörde für das Jahr 2011 hervor, der in der gestrigen (26. Juni 2012) Sitzung den Mitgliedern des Sozialausschusses im Rhein-Neckar-Kreis vorgestellt wurde.
81 Altenheime, sieben weitere im Bau
Rund fünf Stunden sind die drei Fachfrauen aus dem Gesundheitsamt der Kreisbehörde Pflegesituation, Personalschlüssel. Aktuell waren Bartl, Hartmann und Reichardt in einer Pflegeeinrichtung im Rhein-Neckar-Kreis mit rund 60 Betten unterwegs – ein Heim mit drei Pflegebereichen: typische Pflegeheimplätze, Plätze für psychisch kranke Menschen und Plätze für an Demenz Erkrankten. „Es handelt sich hier um eines der kleineren Häuser im Landkreis“, erläutert Reichardt. Zuerst melden wir uns bei der Heimleitung an. Dort wickeln wir im Dienstzimmer Prozesse ab und inspizieren die Dienstpläne der Pflege und Betreuung und die Medikamenten-, Visitenprotokolle, Fortbildungsangebote und vieles mehr.
Dann der Rundgang durchs Haus. Auf jeder Etage werden auch die Gemeinschaftsräume wie Speisesäle, Fernsehzimmer, Stockwerksküchen und Toiletten sowie Bäder angeschaut und die Bewohnerinnen und Bewohner in ihren Heimbewohnerinnen und –bewohner wohlfühlen, sucht Reichardt jedes Mal den ganz persönlichen Kontakt. „Fühlen Sie sich hier wohl?“, fragt die an diesem die Tag Hygienestandards, vor Ort. Sie überprüfen die Dienstpläne immer die und den verschiedene Verwaltungsvorgänge und administrative Zimmern besucht. Um sicherzustellen, dass sich die erfahrene Mitarbeiterin der Heimaufsicht. „Wie schmeckt Ihnen das Essen hier?“, so Reichardt weiter. „Mich interessiert, ob es den Bewohnerinnen und Bewohner in der Pflegeeinrichtung gut geht“, erläutert sie. „Nur so können wir auf Mängel aufmerksam werden und angemessen reagieren.“
Aus ihrer langjährigen Erfahrung in der Heimaufsicht weiß sie: „Die meisten freuen sich sehr, wenn jemand kommt. Und wenn ich sie nach dem Heim frage, sind die meisten von ihnen zufrieden.“ An dem Hauptproblem, dass sich alte Menschen einsam und mitunter abgeschoben fühlen, kann die Heimaufsicht nicht rütteln. Aber sie kann dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen stimmen. „Das Wohl der Menschen steht im Vordergrund und wir haben die Verantwortung, uns um die pflegebedürftigen Menschen zu kümmern.“
Wohl der Menschen steht immer im Vordergrund
Und was die Pflege betrifft, wird auch sehr genau hingesehen. Diese Kontrollen übernehmen insbesondere die beiden Pflegefachkräfte der Heimaufsichtsbehörde, die zugleich auch eine Qualifizierung als staatlich anerkannte Hygienebeauftragte in Pflegeheimen absolviert haben. Wird für jeden Bewohner die Menge der aufgenommen Flüssigkeit dokumentiert? Wie sind die einzelnen Pflegeschritte dokumentiert? Stimmen diese mit den Pflegeplänen überein? Wie werden die Bewohnerinnen und Bewohner tagsüber beschäftigt? Wie wird mit sturzgefährdeten Personen umgegangen? Diese und viele weitere Fragen, die unter anderem auch die Hygiene betreffen, sind gar nicht leicht zu beantworten.
Jedenfalls, wenn Bartl und Hartmann sich nicht nur auf die Aussagen der Pflegekräfte verlassen wollen. Deshalb schauen die beiden Fachfrauen nicht nur detailliert die Akten der Heimbewohnerinnen und -bewohner an, sondern prüfen, ob beim einzelnen Bewohner auch diese Maßnahmen umgesetzt werden. Was hier festgestellt wird, hilft nicht nur den Bewohnerinnen und Bewohnern, sondern stellt auch für die Pflegedienstleitung eine Unterstützung dar, Prozesse zu überdenken und entsprechend entgegen zu steuern.
Und die Frauen der Heimaufsicht sprechen bei ihrem Besuch auch positive Entwicklungen an. Beispielswiese, wenn die Ernährung und Flüssigkeitsversorgung der Bewohner als gut bewertet werden kann. Das sei lobenswert, so die Fachfrau. Auch dass Mängel, die bei der Begehung im Vorjahr festgestellt worden sind, jetzt weitgehend abgestellt sind, wird positiv erwähnt.
„Das Heimgesetz sieht vor, dass ein Pflegeheim einmal jährlich überprüft wird“, nennt Christa Reichardt die rechtliche Grundlage für die Heimaufsicht. Dieser Kontrolle liegt der sogenannte Prüfleitfaden „Einheitliche Prüfkriterien für die Sozialministerium Baden-Württemberg im Mai 2010 veröffentlicht hat und der regelmäßig aktualisiert wird, zugrunde. Er beinhaltet das gesamte Spektrum heimaufsichtlicher Prüfungen in Form von Prüffragen, aufgeteilt nach verschiedenen Prüfbereichen wie Strukturdaten, Personal, Qualitäts- und Beschwerdemanagement, Betreuung, Verpflegung, hauswirtschaftliche Versorgung, Mitwirkung und Verhältnis Entgelt-Leistung Fragestellungen werde hierbei eingegangen, erläutert die Fachfrau.
Jährliche Prüfung der Pflegeheime
Und die Heimaufsicht des Landes Baden-Württemberg“, den das Aktivierung, Organisation, Hygiene, Unterkunft, Infektionsschutz, Wohnen, Medikamente, Pflege, sowie Spende. Auch auf einrichtungsspezifische Dokumentation spiele eine große Rolle. Sie zeige, ob die Pflege und Betreuung zielgerichtet sei, ob der Gewichtsverlust erkannt wurde oder die Prophylaxen richtig durchgeführt werden. „Den Prüfleitfaden setzt die Heimaufsichtsbehörde nicht vollumfänglich um“, so Reichardt, „sondern nimmt sich neben einigen Pflichtthemen ein jährlich wechselndes Schwerpunktthema vor.“
Dieses Thema werde mit den Einrichtungen besonders ausführlich besprochen. In diesem Jahr stehen die Freiheitsentziehenden Maßnahmen im Fokus. Bewohnerinnen und Bewohner werden beispielsweise mit Gurten und Bettgitter ans Bett oder im Pflege- oder Rollstuhl fixiert, wenn eine Eigengefährdung vorliegt. Andere sogar im Zimmer oder Wohnbereich eingeschlossen. Hier schaut die Heimaufsicht genau, ob das Heim in Fallbesprechungen Alternativen zu den Freiheitsentziehenden Maßnahmen geprüft hat, um den Bewohnerinnen und Bewohnern die Einschränkungen möglichst zu ersparen. Und es wird geprüft, ob diese Maßnahmen richterlich genehmigt wurden.
Es gebe kaum eine Heimkontrolle, bei der sie nicht auf Mängel stoße, sagt sie. So stellen die Mitarbeiterinnen immer mal wieder starken Uringeruch in den Zimmern und auf den Fluren, falsch gelagertes Verbandsmaterial oder unordentliche Aufbewahrungsräume fest. Aber auch gravierende Mängel werden hin und wieder festgestellt: Heimbewohner, bei denen Mängel wenn bei einem entstandenen Dekubitus, einem sogenannten Druck- oder Wundliegegeschwür, vorgenommen wurde, was zu schlechten Heilungsbedingungen führte oder spürbare körperliche Auswirkungen haben. Beispielsweise keine ausreichende Wundversorgung es konnte aufgrund von Personalmangel nicht auf untypische auffällige Gewichtsabnahme des Bewohners reagiert werden.
Häufige Mängel bei Heimkontrollen
Reichardt könnte eine lange Liste aufzählen. Sie hat in ihrem Beruf engen Austausch zu den Pflegern und berät sowohl Heimleitung als auch das Betreuungspersonal. Dass die Pfleger einen harten Job haben, sieht sie bei jedem Besuch. „Wir unterstützen das Pflegepersonal gerne, geben Tipps, was sie bei der Pflege verbessern können“, sagt sie. Die originäre Aufgabe der Heimaufsicht sei zwar die potenzielle Gefahrenabwehr für die Bewohnerinnen und Bewohner, den größten Teil ihrer Arbeit mache jedoch die Beratung der Heime aus, erklärt sie weiter. „Wir streben ein Vertrauensverhältnis zu den Leitungen vor Ort an, die sich auch vielfach mit ihren Anliegen an uns wenden“, sagt die erfahrende Mitarbeiterin. Sei jedoch Gefahr in Verzug, müsse die Heimaufsicht sofort handeln. Beispielsweise wenn im Heim die Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner aufgrund schwerwiegender Mängel nicht mehr gewährleistet ist.
Zwar darf neben der Heimaufsicht auch der Medizinische Dienst (MDK) der Krankenversicherung – eine Einrichtung der gesetzlichen Krankenkassen – in den Heimen kontrollieren. Die Prüfansätze und -kriterien sind aber unterschiedlich, so dass durchaus verschiedene Ergebnisse der Prüfungen vorkommen können. Mängel bei der Planung lassen durchaus Rückschlüsse auf die Pflegequalität zu. Nur geplante und dokumentiert Prozesse führen zu guten Ergebnissen. Insofern macht es Sinn, sowohl Struktur- und Prozessqualität als auch Ergebnisqualität unter die Lupe zu nehmen.
Wenn während einer Heimbegehung Mängel festgestellt werden, werden diese sofort in einem ausführlichen Abschlussgespräch mit der Heimleitung und dem Pflegepersonal thematisiert. „Oft reichen schon deutliche Worte, um die Mängel abzustellen“, weiß Reichardt. Eine schriftliche Stellungnahme zu den Ergebnissen der Heimbegehung folgt mit dem Heimbegehungsbericht. Entsprechende Abhilfemaßnahmen sind aufgeführt, deren Umsetzung von der Einrichtung fristgerecht zu bestätigen ist.
Bei Fesstellung von Mängeln ein sofortiges Entgegenwirken und weiteren Überprüfungen
Je nach Schwere der Defizite werden die Heime weiter engmaschig überprüft, bis die Mängel abgestellt sind. Daneben können Anordnungen nach dem Heimgesetz getroffen werden. Ebenso besteht die Möglichkeit Zwangs- und Bußgelder zu verhängen. Im Ernstfall kann die Heimaufsicht sogar durchsetzen, dass ein Heimbetrieb nicht mehr weiter geführt werden darf. Vor einer solchen Maßnahme gibt es aber erst einmal beratende Gespräche mit den Verantwortlichen, schriftliche Aufforderungen und offizielle Anordnungen wie zum Beispiel ein Aufnahmestopp.
Und welches Fazit ziehen die drei Mitarbeiterinnen der Heimaufsicht? Insgesamt können diese für den Rhein-Neckar-Kreis sagen: Hier seien die Heime größtenteils in Ordnung, eklatante Mängel gibt es selten. Einige Heime hätten hohe Qualitätsstandards, andere hätten ihre Probleme, an deren Beseitigung alle ein berechtigtes Interesse haben. Sie versicherten, dass alle Heime gleich behandelt und geprüft würden. Große wie kleine, private wie in kirchlicher oder kommunaler Trägerschaft. Beschwerden gibt es dennoch – und das ist nach Ansicht der Heimaufsicht auch gut so. Sie kommen von Bewohnern, Angehörigen, mitunter auch von den Angestellten selbst. Jeder einzelnen Beschwerde wird nachgegangen.
Heime in Ordnung, dennoch treten immer wieder Beschwerden auf
Und wenn Grund zur Kritik vorliegt, haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Heimaufsicht immer ein offenes Ohr für die Belange der Heimbewohnerinnen und Heimbewohner sowie deren Angehörige und Betreuer. Heimbewohner sollen eine menschenwürdige Pflege und gute Wohnatmosphäre in den Einrichtungen vorfinden. Die Heimaufsicht kontrolliert jedes der 81 Heime im Rhein-Neckar-Kreis einmal jährlich.