Mannheim/Weinheim/Rhein-Neckar, 28. September 2013. (red/ld) Wenn der Glühbirne ein Liebeslied gesungen wird und der “Literaturpapst” Marcel Reich-Ranicki gleich doppelt aus dem Jenseits predigt, dann stecken die Spitzklicker dahinter. Seit 30 Jahren begeistert das Kabarettensemble aus Weinheim ihre Zuschauer – am Freitagabend erstmals im nahezu ausverkauften Mannheimer Bürgersaal.
Von Lydia Dartsch
“Günter Grass wollte nicht mitkommen”, wettert die Marcel Reich-Ranicki-Imitation von Franz Kain von der Bühne – mit der für den Literaturkritiker typischen Gestik, Mimik und Sprechweise. Für einen kurzen Moment stockt Einem der Atem, schließlich ist der “Literaturpapst” erst vor zehn Tagen gestorben. Dann fangen einzelne Zuschauer hier und da doch an zu kichern. Denn schnell wird klar: Dieser Ranicki hält sein literarisches Solo aus dem Jenseits ab und ist dabei kein Stück milder geworden, wenn er sich aufregt:
Selbst Günter Grass wollte nicht mitkommen. Dabei ist der doch als Autor längst gestorben!
Das Kichern breitet sich im Publikum aus und steigert sich zum Lachen. Als dann noch Ranickis schlechtes Gewissen auftaucht, hält die Zuschauer nichts mehr. Sie sind hellauf begeistert von dem fünfköpfigen Ensemble bestehend aus Markus König, Markus Weber, Susanne Mauder, Franz Kain und Daniel Möllemann.
Sicher haben sich die einen oder anderen auch schon in den Figuren wiedergefunden, die das Ensemble in seiner 30-jährigen Geschichte regelrecht auf die Spitze getrieben hat. Da wären beispielsweise die überbesorgten Vorortsupereltern des kleinen Roger: Auf der “Mannemer Mess” geht es dem Vater darum, dass sein “Bu'” auf dem Karussell endlich ins Rennauto steigt. Die Mutter sorgt sich um die finanzielle Situation ihrer Nachbarn, weil deren Tochter die falsche Kleidungsmarke trägt – dabei kann sie sie gar nicht leiden. Roger dagegen ist immer gut angezogen, reitet aber lieber auf Karusselelefanten und fährt Feuerwehrauto. Das geht nicht, finden die Eltern und kommandieren:
Geh sofort ins Rennauto! Und mach die Vettelfinger!
Auch zu politischen Themen, wie dem demografischen Wandel und Altersarmut, fallen ihnen Sketche ein: Beispielsweise die “Rock’n’Rollatoren” – eine Rentnergang, die ihre karge Rente mit Banküberfällen aufbessert. Oder die beiden Hippie-Eltern, die wieder bei ihrem Sohn eingezogen sind und dort ihre Teenagerzeit wiederholen mit Partys, Pop und Pot. Da wird der Sohn kurzerhand abends ins Kino geschickt – damit die Eltern in Ruhe Party feiern können.
Die mitunter betagten Zuschauer sind jedenfalls restlos begeistert: “Macht weiter so!”, rufen sie den Schauspielern zu und klatschen begeistert Applaus. Zu Ende ist der Abend aber erst nach drei lohnenden Zugaben, bei denen auch all diejenigen ihr Fett weg bekommen, die bereits nach der ersten gehen, um ihre Jacken zu holen.
Seit 30 Jahren wird spitz verklickert
Gegründet haben sich die Spitzklicker im Jahr 1983. Premiere feierten sie mit dem Programm “Die Saat ist aufgegangen” am 01. März 1984 im Fuchsenkeller auf der Wachenburg. Damals waren das Wolfgang Dobelke, Marlies Hudap, Fritz Kappey, Wolfgang Kunze, Wolfgang Zotz, Herbert Burkhardt, Friedrich Beutel, Hans Hübner und Manfred Müller-Jehle. Markus Weber ist der Einzige, der vom Ursprungsensemble noch dabei ist.
Dem ersten Programm folgten weitere wie “Hurra, wir sterben aus” oder “Die Satten verlassen das sinkende Schiff”. Satirisch und überspitzt verklickern sie ihren Zuschauern, was gerade in der Gesellschaft passiert: Seien es alleinerziehende Väter mit antiautoritärer Erziehung oder frustrierte Hausmänner, die am Erfolg ihrer Alpha-Frauen verzweifeln. Hier findet sich jeder wieder.
Derzeit touren die Spitzklicker mit ihrem Jubiläumsprogramm “30 Jahre spitz verklickert” durch die Region. Heute Abend stehen sie im Bürgerhaus in Unterflockenbach auf der Bühne. Morgen abend sind sie in der TV-Halle in Fürth.
Ab Dezember sind sie mit ihrem Programm “Aus Ernst wurde Spaß” in Weinheim, Heddesheim und Umgebung unterwegs. Die Karten dafür sind aber bereits bis April ausverkauft, heißt es auf der Homepage. Mehr Neuigkeiten über die Spitzklicker gibt es auch auf deren Facebookseite.