Rhein-Neckar, 28. Mai 2013. (red/ae) Ist er erst einmal befallen, gibt es kaum eine Rettung. Gnadenlos wird er Stück für Stück gefressen. Erst der Kopf, dann der Körper. Zurück bleibt ein braunes Gerippe. Die Rede ist vom Buchsbaum. Eine Pflanze, die in fast jedem Garten steht. Sein Feind: Die Raupe Nimmersatt, der Buchsbaumzünsler – und er hat großen Appetit.
Interview: Alina Eisenhardt
Erst gestern schrieb unsere Kolumnistin Gabi über die Plage in ihrem Garten. Die gefräßige Raupe ist grün mit schwarzen Punkten. Sie ist nur fünf Zentimeter lang – aber man wird sie nur mühevoll wieder los. Schon eine einzige Raupe verschlingt während ihrer Entwicklung rund 45 Blätter. Verzweifelte Gartenbesitzer treten den Kampf gegen den Schädling an.
Es ist ein Kampf, bei dem Unschuldige sterben – Spinnen, Bienen, Käfer. Denn aus Verzweiflung greifen viele zu chemischen Waffen. Diese unterscheiden aber nicht zwischen Schädling und Nützling.
Tobias Staufenberg, Geschäftsführer der BUND-Regionalgeschäftsstelle Rhein-Neckar-Odenwald warnte in einer aktuellen Pressemitteilung bereits vor dem Buchsbaumzünsler. Er erklärt uns im Interview, warum der chemische Weg nicht unbedingt der beste ist und wie man sich alternativ gegen den Schädling wehren kann.
Herr Staufenberg, woran erkennt man einen Buchsbaumzünsler eigentlich?
Tobias Staufenberg: Der Buchsbaumzünsler selbst sieht aus wie eine Motte. Er ist ein Kleinschmetterling. Seine weißen, grau umrandeten Flügel sind charakteristisch. Die Raupe ist grün und schwarz gepunktet.
“Der Buchsbaumzünsler braucht viel Energie…”
Geht die Raupe nur an den Buchsbaum oder auch an andere Pflanzen?
Staufenberg: Der Schmetterling lebt auch auf anderen Pflanzen. Den Namen hat die Raupe, weil sie sich speziell von Pflanzen der Gattung „Buchsbaum“ ernährt.
Wie schädigt der Buchsbaumzünsler die Pflanzen?
Staufenberg: Er frisst die Bäume, hauptsächlich die Blätter, denn er braucht viel Energie, um sich später verpuppen zu können.
Ist die Raupe überall in Deutschland eine Plage, oder fördert das Klima der Rhein-Neckar-Odenwald-Region das Wachstum besonders?
Staufenberg: Die Raupe ist in ganz Deutschland eine Plage. Ein großes Problem ist, dass der Buchsbaumzünsler eine eingewanderte Art ist. Er kommt ursprünglich aus dem warmen Ostasien. Die Raupe wurde erstmals 2006 in Deutschland und 2007 in der Schweiz nachgewiesen. Aufgrund der steigenden Temperaturen kann der Buchsbaumzünsler in Mitteleuropa überleben. Da wir in einer der wärmsten Regionen in Deutschland leben, fühlt er sich bei uns aber bestimmt nicht unwohl.
“Wir müssen uns an Neozoen gewöhnen.”
Warum sollte man den Buchsbaumzünsler bekämpfen?
Staufenberg: Die Menschen wollen ihre schönen Bäumen retten. Ich rate dazu, wenigstens zu biologischen Mitteln zu greifen. Konsequenter wäre es, sich von den Buchsbäumen zu trennen.
Ich persönlich plädiere dafür, die Natur Natur sein zu lassen. Aufgrund der steigenden Temperaturen müssen wir uns ohnehin an Neozoen gewöhnen. Der Begriff Neozoen bezeichnet Tierarten, die sich in einem Gebiet etablieren, in dem sie nicht heimisch sind. Ein anderes Beispiel für Neozoen ist die Wanderratte.
Sie erwähnten in ihrer Pressemitteilung, dass der Buchfink die Raupen frisst. Wie kann man ihn im eigenen Garten ansiedeln. Durch Nistkästen?
Staufenberg: Nein, der Buchfink ist kein Freund von Nistkästen. Er brütet lieber in Bäumen. Er mag Hecken und Walnussbäume. Das der Buchfink die Raupen frisst, war aber nur eine Einzelbeobachtung. Da der Buchsbaumzünsler nicht heimisch ist, hat er noch keine natürlichen Fressfeinde. Welche Vögel sich auf ihn spezialisieren werden, wird die Zukunft zeigen.
Neonicotinoide sind Nervengifte – auch für Nützlinge
In ihrer Pressemitteilung warnen sie ausdrücklich vor dem Insektizid Thiacloprid aus der Gruppe der Neonicotinoiden, da es auch für Bienen tödlich ist. Wie wirkt dieses Insektizid? Wie gelangt es schlussendlich zu den Bienen?
Staufenberg: Thiacloprid wirkt als Nervengift, es greift also das Nervensystem der Insekten an. Der Hersteller Bayer wirbt damit, dass es „nicht bienengefährlich“ ist. Diese Aussage kann ich nur bedingt unterstützen.
Ab einer gewissen Dosis wirkt Thiacloprid auch auf Bienen definitiv lethal. Kombiniert mit manchen anderen Insektiziden und Fungiziden werden die negativen Effekte deutlich verstärkt. Das Fungizid Triflumizol verstärkt die Lethalität von Thiacloprid bei Bienen um den Faktor drei. Die Bienen nehmen das Gift durch ihre Hautatmung auf. Das Insektizid unterscheidet nicht zwischen Schädling und Nützling. Insekt ist Insekt.
Man kann die Tiere alternativ mit dem Staubsauger absaugen oder sie mit einem Gebläseabpusten und anschließend aufsammeln. Das Problem ist, dass man damit auch den Nützlingen schadet. Das Bakterium “Bacillus thuringensis” ist biologisch einsetzbar. Es wird auch oft zur Mückenbekämpfung eingesetzt. Der Vorteil ist, dass es nicht giftig auf Pflanzen wirkt.