Ladenburg/Mannheim/Mainz/Rhein-Neckar, 28. Januar 2013. (red/pro) Aktualisiert. Die Polizei hat heute mitgeteilt, dass die Identität der bei Nackenheim gefundenen Wasserleiche feststeht. Es handelt sich um den seit dem 20. Dezember 2012 vermissten 24-jährigen Ladenburger Robin C. Nach Abschluss der kriminalpolizeilichen Untersuchungen gibt es keine Hinweise auf Fremdverschulden.
Ursprünglicher Artikel:
Ladenburg/Mannheim/Mainz/Rhein-Neckar, 26. Januar 2013. (red/pro) Über email, Kommentare und Facebook wurde uns in der Nacht und am Mittag mitgeteilt, dass der vermisste 24-jährige Ladenburger Robin C. tot in einem Wald in der Nähe von Mainz aufgefunden worden sei. Unsere Recherche ergibt, dass die Gerüchteküche auf Facebook und im Internet tobt. Wieder einmal zeigt sich, dass Menschen, die es vermeintlich „gut“ meinen, Schaden und Leid meistens nur noch verschlimmern. Die Polizei bestätigt auf unsere Nachfrage, dass es sich bei einer bei Oppenheim gefundene Wasserleiche vermutlich um den vermissten Robin C. handelt. Sicherheit wird allerdings erst ein DNA-Abgleich in der kommenden Woche bringen.
Von Hardy Prothmann
In Facebook gibt es eine Seite „VermisstRobinC“, die 318 „Fans“ hat, am 29. Dezember 2012 erstellt worden ist und auf der heute folgender Eintrag zu lesen ist:
„Leider erreichte uns heute eine schmerzliche Nachricht. Robin ist nicht mehr am Leben. Er wurde in der Nähe von Mainz gefunden.
Er hinterlässt eine Lücke, die wir mit unseren Erinnerungen und Gedanken füllen, aber niemals schließen werden können.
Zurück bleiben Trauer, Verzweiflung, Tränen und die Fragen nach dem Warum.
In tiefer Trauer nehmen wir Abschied von Robin.
Wir danken euch allen herzlich für eure Mitarbeit und Unterstützung.“
Rund 40 Kommentatoren drücken bislang ihr Beileid aus.
Hinweise, falsche „Tatsachen“, Gerüchte
Uns wurde mitgeteilt, dass die Seite vom Vater des vermissten jungen Mannes erstellt worden sei. Wir können uns das nicht vorstellen – zu sachlich ist der Tonfall der Nachrichten auf dieser Seite. Die Information stellt sich als falsch heraus. Tatsächlich erfahren wir aus einer zuverlässigen Quelle, dass Bekannte von Robin die Seite eingerichtet haben, angeblich, um die Suche zu unterstützen. Tatsächlich lässt der anonyme Seitenbetreiber Kommentare zu wie „vermutlich Schwulenszene oder Organhandel“. Wieso solche Einträge nicht sofort gelöscht werden kann man diese anonyme Person nicht fragen.
Über Facebook teilt uns ein angeblicher Freund der Familie mit, dass der Vater ihn über den Tod des Vermissten informiert habe. Dieser habe ihm via Telefon und Facebook mitgeteilt, dass der vermisste Sohn tot „in einem Waldstück bei Mainz“ aufgefunden worden sei. Als wir nachfragen, sperrt uns dieser „Kontakt“. Ein anderer Kommentator will „indirekt“ über die Familie beziehungsweise einen „Freund“ schon gestern Abend über den Tod des Vermissten informiert worden sein.
Auch auf Google+ wurde ebenfalls am 29. Dezember eine Seite erstellt. Auch dort kommentiert ein „Marcus H.“, dass „uns eine traurige Nachricht“ erreicht hat. Der Seitenbetreiber kommentiert das mit „Ich weiß..“
Recherche und Tatsachen
Natürlich gehen wir Hinweisen nach. Noch in der Nacht teilt uns die Polizei in Mainz auf Nachfrage mit, dass es definitiv weder in der Nähe von Mainz noch in einem Wald einen Leichenfund gibt. Tatsächlich wurde in Nackenheim eine Wasserleiche gefunden, deren Identität nach Auskunft der Polizeien in Mainz und Mannheim noch nicht feststeht, da die Obduktion noch erfolgen wird.
Aus einer anderen Quelle erhalten wir die Information, dass die Obduktion bereits gestern stattgefunden habe. Ein Kriminalbeamter habe die Mutter am Telefon darüber informiert, dass es sich mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ um den vermissten Robin handelt. Es fehle nur noch der DNA-Abgleich.
Der Kriminaldauerdienst in Mannheim weiß nach Aktenlage noch nichts von einer Obduktion. Hier ist der Fall immer noch offen, der junge Mann weiter als „vermisst“ registriert. Hinweise, dass es sich bei der Wasserleiche um den gesuchten Mann handeln könnte, liegen nach Auskunft der Polizei nicht vor.
Wir bleiben dran, am frühen Abend informiert uns dann der Polizeisprecher Holger Ohm dann, dass es sich bei der Leiche „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ um den gesuchten Robin C. handelt. Eine Obduktion habe stattgefunden. Mit Sicherheit lasse sich dies aber erst nach einem DNA-Abgleich feststellen. Dieser werde Anfang der Woche vorgenommen. Die Polizei agiert in solchen Fällen normalerweise mit großer Zurückhaltung und Sorgfalt gegenüber den beteiligten Personen. Verwunderlich ist, dass die Kriminalpolizei nach unseren Informationen am Freitagnachmittag die Eltern „telefonisch“ über den Ermittlungsstand informiert haben soll. Überbringt man eine solche Nachricht, zumal, wenn sie noch nicht sicher feststeht, nicht eher persönlich? Die Polizei wird unsere Hinweise auf den Vorgang prüfen, wie uns mitgeteilt wird.
Was die Polizei nun, nachdem der Leichenfund öffentlich kommentiert wird, weiter mitteilt, ist, dass es keine Hinweis auf ein Fremdverschulden gibt.
Falsche „Freunde“, falsche „Hilfe“
Obwohl wir als Internetzeitung selbst sehr intensiv und selbstverständlich soziale Netzwerke nutzen, sehen wir solche Aktionen wie Facebook-Suchseiten, exzessives Teilen von Fotos und vermeintlichen „Informationen“ sehr kritisch. Was haben Einträge wie „vermutlich Schwulenszene oder Organhandel“ auf solchen Seiten verloren? Denkt jemand überhaupt nicht nach, ob das die Person beschädigen kann? Oder ist gerade das gewollt? Ist es nur Dummheit oder nur Sensationsgeilheit, solche Einträge vorzunehmen? Wieso sollten viele aus dem Internet zusammengeklaubte Fotos die Suche mehr unterstützen als ein eindeutiges Profilbild, das von der Polizei zur Vermisstenmeldung herausgegeben worden ist? Was sollen Informationen bringen, wo sich Robin gerne aufgehalten hat, wo er studiert hat? Wären das wichtige Informationen, die die polizeiliche Suche unterstützen könnten, würde die Polizei so etwas mitteilen. Auf privaten Seiten ist das nichts anderes als Klatsch.
Umgekehrt könnte man fragen, wo denn der Unterschied zu unserer Berichterstattung ist? Ist das eine nicht wie das andere öffentlich? Beides ist öffentlich, das trifft zu. Der große Unterschied liegt in den Details. Wir prüfen Informationen sorgfältig und bereiten diese professionell auf. So ist die Aussage, dass der gesuchte Robin tot ist, solange nicht zutreffend, solange dies nicht sicher festgestellt ist. Die Aussage, man habe ihn in der Nähe von Mainz gefunden, ist nach unserer Recherche falsch. Ebenso der Hinweis auf einen Wald.
Öffentliches Interesse vs. privat
Privatpersonen anonymisieren wir im Anschluss, wenn diese tot oder lebendig gefunden worden sind. Aus Achtung vor den Persönlichkeitsrechten – die auch ein toter Mensch hat. Und aus Rücksicht auf die Angehörigen, die insbesondere, wenn es sich um Privatleute handelt, selbst entscheiden sollen, ob und welche Öffentlichkeit sie herstellen möchten. Dabei wägen wir immer ab, welche Informationen einem „öffentlichen Interesse“ dienen und welche in der Öffentlichkeit nichts zu suchen haben. Dass die Suchseite auf Facebook immer noch die Bilder des vermissten Robin C. zeigt, hat nichts mehr mit „öffentlichem Interesse“ zu tun – hier wird nur noch Voyeurismus bedient. Die Angehörigen aber brauchen Ruhe und Kraft, um trauern zu können.
Verhindern können höchstens Angehörige selbst solche Seiten, indem sie nach Kenntnis juristisch dagegen vorgehen oder die Polizei, wenn Straftatbestände vorliegen. Muss man jemandem zumuten, dass er sich auch noch wehren muss, wenn er schon so sehr verletzt worden ist? Das Argument, wann wolle doch helfen, setzt die Frage voraus, ob man das auch verantworten kann: Ob eine solche Hilfe gewünscht ist oder ob eine solche Hilfe sich nicht eher ins Gegenteil verkehrt? Über diese Verantwortung sollte man vorher nachdenken.
Wir raten in solchen Fällen Betroffenen immer, auf keinen Fall Informationen oder Fotos an Dritte herauszugeben, deren Gebrauch sie nicht mehr kontrollieren können. Professionelle Redaktionen achten auf einen sorgsamen Umgang mit solchen Informationen im Gegensatz zu anderen, die die Tragweite nicht überblicken oder unter Umständen sogar „niedere Ziele“ verfolgen.
Und Internetnutzer sollten sich immer im klaren darüber sein, ob sie eine vertrauenswürdige Quelle vor sich haben und was man wie teilt und kommentiert. Die einfache Frage: „Wie wäre das für mich, wenn ich betroffen wäre“, kann immer helfen, nicht alles mitzumachen, nur weil man es „einfach“ machen kann.