Mannheim/Rhein-Neckar, 28. Juli 2012. (red/pro) Ein Dutzend NPD-Parteigänger wollte heute im Rahmen ihrer selbstgenannten „Deutschlandtour“ im Mannheimer Stadtteil Neckarau eine Kundgebung abhalten. Das haben sie gut eine Stunde lang auch gemacht – man konnte allerdings kaum ein Wort verstehen. Gut 150 Gegendemonstranten waren einfach viel zu laut.
Als das so genannte „Flagschiff“ der NPD – ein eher verranzerter Klein-Lkw – in Neckarau ankommt, werden die Rechtsextremen schon von den Gegendemonstranten erwartet. Die Rechtsextremen bauen Lautsprecher auf dem Dach des Lkw auf und beginnen mit ihrer Kundgebung. Zumindest versuchen sie es kläglich. Für die Inhalte der Kundgebung der rechtsextremen NPD interessierte sich niemand. Dass überhaupt eine stattfahnd, empörte Bürgerinnen und Bürger sowie Lokal- und Landespolitiker. Die Abgeordneten Helen Heberer (SPD) und Wolfgang Raufelder (Bündnis90/Die Grünen) nahmen ebenso an der Gegendemo teil wie mehrere Stadträte und Bezirksbeiräte und Vertreter von Parteien. CDU- und FDP-Anhänger fehlten allerdings oder waren zumindest nicht als solche erkennbar.
„Nazis raus“, „haut ab“, wurde immer wieder skandiert. Dazwischen ging es mit allem, was Krach macht, ohrenbetäubend zu. Viele der Demonstranten hatten sich vorsorglich mit Gehörschutz ausgestattet und trillerten und rätschten, was das Zeug hielt. Trillerpfeifen gehörten zur Standardausstattung, dazu gab es Vuvuzelas, Trompeten, andere Krachgeräte sowie Megaphone im Heulmodus und Auto-Alarmanlagen. Die Parolen der Nazis hatten keine Chance gehört zu werden.
Wieder mit dabei war der Weinheimer Jan Jaeschke, der bereits am 1. Mai als Sprecher aufgetreten ist. (Siehe unsere Berichte) Jaeschke ist Kreisvorsitzender der NPD im Rhein-Neckar-Raum. Ihm, wie zwei oder drei anderen Rednern gelang es nicht, gegen den Lärm anzukommen. Die Polizei hatte gut 100 Beamte im Einsatz, darunter einige Motorradpolizisten sowie vier Reiter. Das Anti-Konflikt-Team kümmerte sich um rund ein Dutzend Mitglieder der autonomen Szene. Zwischenfälle gab es keine. Polizeidirektor Jürgen Dörr hatte mit seinen Beamten die Lage souverän im Griff. (An dieser Stelle möchten wir redaktionell auch die hervorragende Pressebetreuung betonen.)
Übergriffe durch Polizisten in Ludwigshafen
Gegenteiliges berichtet der grüne Stadtrat Gerhard Fontagnier über eine Gegendemo in Ludwigshafen am vergangenen Donnerstag – nach eigenen Angaben wurde er tätlich von Polizeibeamten angegriffen und „auf eine Motorhaube geknallt“ – im Anschluss sei er beinahe verhaftet worden. Er habe dann einen Platzverweis erhalten.
Wir können bestätigen, dass der Auftritt der Polizei in Ludwigshafen zu wünschen übrig lässt. Im Januar haben wir einem Fotografen-Kollegen helfen müssen, der ebenfalls vom Platz verwiesen werden sollte und dessen Personalien man feststellen wollte, nachdem er durch einen Nazi angegriffen und beleidigt worden war. Erst durch den Hinweis, dass wir über das Vorgehen berichten, wenn die aggressive Haltung gegenüber der Presse nicht sofort unterbleibt, ließ die Polizei von ihrem Vorhaben ab.
Zur Kundgebung am Donnerstag in Ludwigshafen schreibt „indymedia“:
„Auf Ihrer selbstbetitelten Deutschlandfahrt 2012 machte die NPD am Nachmittag des 26. Juli in Ludwigshafen Halt. Mit erheblicher Verspätung traf das sog. Flaggschiff mit seiner Tourbegleitung am Berliner Platz ein. Als Kundgebungsort wurde den Nazis jedoch nicht der zentrale Berliner Platz, sondern eine abseitsgelegene Stelle daneben zugewiesen. Dort versammelten sich neben dem ca. 10 köpfigen Begleitpersonal noch weitere 25 Nazis aus der Region. Zugegen waren die für eine solche Veranstaltungen zu erwartenden Nazis wie Rene Teufer, Christian Hehl, Malte Redeker, Dierk Wagner, Mario Matthes, Jan Zrodelny, Mark Müller und Marco Bleimeier. Die herkömmlichen Hasstiraden der NPD gingen im lautstarken Protest der ca. 80 Gegendemonstrant_innen unter.(…) Komplett überfordert zeigten sich die eingesetzten Polizeikräfte mehrfach im Verlauf der Veranstaltung. So kam es schon während der Kundgebung beinahe zu einer Konfrontation, als Gegendemonstrant_innen nach einem spontanen Platzwechsel unmittelbar vor den Nazis auftauchten. Die Polizei reagierte in dieser Situation äußerst gereizt auf die anwesenden Antifaschist_innen. Diese aggressive Grundstimmung gegenüber den Antifaschist_innen zeigte sich auch am Rande der Veranstaltung als es grundlos zu Polizeiübergriffen und zwei kurzzeitigen Ingewahrsamnahmen kam. Einen weiteren großen Fauxpas leisteten die Einsatzkräfte nach Beendigung der Veranstaltung, als sie eine große Gruppe von Nazis unkontrolliert in die Innenstadt ziehen ließ. Die ca. 15köpfige Gruppe von NPDlern lauerte daraufhin am Gewerkschaftshaus den zurückkehrenden, vereinzelten Gegendemonstrant_innen auf, bedrohte diese und versuchte sie anzugreifen. Die spät hinzukommende Polizei bemühte sich weder um die Feststellung von Personalien, noch um die Festsetzung der Nazigruppe.“
[nggallery id=87]