Mannheim, 27. April 2016 (red/as) Aktualisiert. Die blaue Kornblume sorgt in Österreich gerade für Gesprächsstoff: Der im ersten Wahlgang zum Bundespräsidenten gewählte siegreiche FPÖ-Politiker Norbert Hofer und seine Parteikollegen haben das als nationalsozialistisch geltende Symbol als Schmuck getragen. Auch in Deutschland gibt es zahlreiche Abkürzungen, Zahlencodes und Zeichen, die Rechtsextreme als Erkennungszeichen missbrauchen. Auf welche Symbole muss man achten? (Hinweis: Gegen diesen Artikel wurde eine Beschwerde beim Deutschen Presserat geführt.)
Von Annika Schaffner
„Der Wink mit dem Zaunpfahl“, „Die Nadel im Heuhaufen“ oder „die rosarote Brille“ – die deutsche Sprache kennt viele Metaphern, die einen alltäglichen Gebrauch gefunden haben. So steht die blaue Kornblume als Zeichen für die Romantik und war die Lieblingsblume von Kaiser Wilhelm I.. Doch vor allem in Österreich hat sie noch eine andere Bedeutung.
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Georg Heinrich von Schönerer (1842 bis 1921), österreichischer Politiker und Antisemit machte die Kornblume zu seinem Parteisymbol. Deshalb ist die Blume für viele Österreicher heute noch ein Zeichen für den Nationalsozialismus.
Das Boulevardmagazin „oe24.at“ berichtet immer wieder gerne von der Symbolik: 2006 hatten die Mitglieder der österreichischen Partei FPÖ die blaue Kornblume als Schmuck in den Knopflöchern ihrer Jacketts getragen, was eine Debatte ausgelöst hatte. Auch dieses Jahr ist das Thema aktuell, denn Norbert Hofer, Abgeordneter der FPÖ, ging bei der Bundespräsidentenwahl in Österreich im ersten Wahlgang als Wahlsieger hervor. Haben die Österreicher nun einen Neonazi gewählt oder doch einen literaturaffinen Romantiker?

Blaue Kornblume – Symbol der Romantik, von Rechtsextremen „missbraucht“. Foto: Guido Gerding – Personal photograph taken by Author, Natura – Freies Portal für Umweltbildung (Environmental Education), CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=881473
Weit über „88“ hinaus
Das Problem mit den „versteckten“ rechtsextremen Symbolen, Abkürzungen und Zahlencodes gibt es auch in Deutschland: Wikipedia listet fast 30 Zahlencodes und Abkürzungen auf, die von rechtsextremen Organisatoren missbraucht werden. Da verliert man recht schnell den Überblick. Zahlencodes wie „88“ (Heil Hitler); „18“ (Adolf Hitler) oder „4/20“ (20. April, Geburtstag Hitlers) sind dabei noch allgemein bekannt. Aber schon „13/14/7“ ist auf den ersten Blick nicht als nationalsozialistisches Gedankengut erkennbar. Die Zahlenfolge steht für die strafbare Grußformel „Mit deutschen Gruß“.
Einfache Buchstabenabkürzungen stehen oft für antisemitische Organisationen und Vereinigungen: „ZOG“ bedeutet zum Beispiel „Zionist Occupied Government“ und steht für die Verschwörungstheorie, dass die Juden die Welt beherrschen. „WAW“ steht für „Weißer arischer Widerstand“.
Neben diesen Zahlen und Abkürzungen gibt es auch Symbolbilder, die als Logo oder Tattoo rechtsextreme Organisatoren ausweisen. Zumindest, wenn man sie erkennt. Neben den „bekannten“ Symbolen lassen sich noch weitere vermuten, die im Netz auf rechtsextremen Seiten existieren und von dort aus verbreitet werden. Seiten wie „Netz-Gegen-Nazis.de“ versuchen aufzuklären.
Historische Symbole als Nazi-Erkennung
Dabei sind diese Symbole keineswegs Erfindungen der Nazis. Auch das Hakenkreuz ist nicht von Adolf Hitler erfunden worden: Schon in frühgeschichtlicher Zeit galt es in China und Indien als Schmuckornament, das zum Beispiel für die Sonne gestanden haben könnte. 1907 führte die „Wandervogelbewegung“ das Symbol als ihr Kennzeichen ein. Sie wollten Jugendliche aus der Großstadt wieder in die Natur locken und waren nicht extremistisch.
Als einige Mitglieder der Bewegung in den Ersten Weltkrieg zogen, führten sie ihr Symbol mit sich und es gelang ins kaiserliche Heer. Erst dann bekam das Hakenkreuz eine antisemitische und ideologische Bedeutung. Hitler übernahm das Symbol.

Nach der Präsidentenwahl, bei der der FPÖ-Kandidat Hofer die erste Runde gewonnen hat, veröffentlichte die „heute show“ ein Hakenkreuz-Schnitzel. Eigentlich ist die Veröffentlichung des Hakenkreuzes ein Straftatbestand (§ 86 StGB) – außer, die Veröffentlichung wird zur staatsbürgerlichen Aufklärung vorgenommen und entsprechend kritisch eingeordnet. Das ist im Fall einer zugespitzten Satire mit zeitgeschichtlichem und kritischem Bezug der Fall, ebenso im Rahmen unseres Beitrags zur Aufklärung über rechtsradikale Codes und Symbole. Den Inhalt der Satire machen wir uns nicht zu eigen. Quelle: ZDF/heute show
Auch das Runenalphabet, die ersten germanischen Schriftzeichen, wurde von Neonazis missbraucht: Das Runenalphabet gilt wegen seiner Geschichte für Rechtsextreme als „arisches Kulturgut“. Die (doppelte) Sieg-Rune wurde beispielsweise als Symbol für den SS benutzt, da sie einem S sehr ähnelt. Das Zeichen ist heute verboten, wird von Rechtsradikalen aber mit leichten Abänderungen verwendet. Dagegen ist die Verwendung anderer Runen, wie die Odal-Rune oder die Wolfsangel nur in Verbindung mit rechtsextremen Organisationen strafbar, da sie eben viele Bedeutungen haben können.
Hakenkreuz? Sehr offensichtlich
Keltische Zeichen wie die Triskele oder die schwarze Sonne, die auf den ersten Blick ein ästhetisches Symbol sind, die man ohne Probleme als Halskette tragen könnte, werden ebenso als Ersatzsymbole für das verbotene Hakenkreuz verwendet, da man Hakenkreuze oder Sieg-Runen in ihnen erkennen kann.
Das klassische Hakenkreuz ist also nicht mehr DAS Erkennungszeichen – heute muss man bei Organisatoren, Einzelpersonen, Parteien, Bands und rechtsradikalen Gruppierungen eher auf versteckte Symbole und Metaphern achten, um die extremistische Gesinnung herauszufinden.
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