Mannheim, 27. März 2017. (red/momo) Wie stärkt man die Standortbindung von Studenten und künftigen Absolventen an die Stadt Mannheim? Zunächst mit der Auswertung einer Umfrage unter Studenten, die vergangene Woche im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Soziales des Gemeinderates der Stadt Mannheim vorgestellt worden ist – danach ist die Zufriedenheit mit dem Hochschulstandort gut, aber rund ein Drittel will die Stadt wieder verlassen. Weitere Themen: Integration durch Qualifizierung und subventionierte Lastenräder.
Von Moritz Bayer
Zum insgesamt dritten Mal wurde vom 17. Oktober bis zum 08. November 2016 eine Studenten-Befragung an den Mannheimer Hochschulen durchgeführt. Die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage, an der sich 1.696 Personen mit einem Altersschnitt von 23 Jahren beteiligten, wurden dem Ausschuss mündlich präsentiert. Die Hälfte der Teilnehmer war zwischen 20 und 24 Jahren, größere Ausreißergruppen gab es also nicht.
Gute zwei Drittel aller Teilnehmer gaben an, dass Mannheim ihre erste Wahl als Studienort gewesen sei, Gründe dafür waren vor allem der gute Ruf ihrer jeweiligen Hochschule oder die bereits vorhandene Nähe zu ihrem Heimatort. 73 Prozent der Befragten leben auch in Mannheim.
Davon wohnen knapp die Hälfte in Wohngemeinschaften. Erfreulich war, dass unter den WG-Studenten fast die Hälfte ihre Wohnsituation nicht nur als eine Zweckgemeinschaft, sondern als ein freundschaftliches oder sogar familiäres Verhältnis empfinden.
Viele bleiben übers Wochenende
Auch am Wochenende bleibt Mannheim beliebt: Über 60 Prozent der Studenten bleiben häufig oder fast immer in der Stadt, der Rest gab als Grund am öftesten an, Familie oder Freunde außerhalb zu besuchen.
Interessant wurde es bei der Frage, ob man sich nach dem Studium einen Verbleib in Mannheim vorstellen könnte. Während ein Drittel vorhat, die Stadt wieder zu verlassen, plant oder kann sich der Rest vorstellen, nach Studienende in Mannheim und der Region zu bleiben.
Als nächstes mussten die Befragten auf einer Skala von eins (stimme nicht zu) bis sieben (stimme vollkommen zu) ihre Meinung zu verschiedenen Themen einordnen. Beim Stadtbild
- Ich empfinde Mannheim als eine internationale Stadt (5,3)
- Ich empfinde Mannheim als eine weltoffene Stadt (5,2)
- Ich bin gerne Bewohner der Stadt Mannheim (4,7)
- Im Gespräch mit Anderen äußere ich mich oft positiv über Mannheim (4,6) und
- Ich bringe Mannheim positiv ins Gespräch mit Anderen ein (4,6)
wurden bei sämtlichen Kategorien akzeptable bis gute Mittelwerte erzielt.
Sehr gut schloss die Infrastruktur ab:
- Mannheim verfügt über einen guten Autobahnanschluss (6,1)
- Mannheim ist gut an den öffentlichen Verkehr angebunden (6,1)
- Mannheim verfügt über ein gutes Nahverkehrsnetz (5,7)
- Flughäfen sind von Mannheim aus gut zu erreichen (5,2)
Aus der Fraktion der Linken kam die Bitte, für künftige Befragungen auch die Radwege/-anbindungen mit einfließen zu lassen, was auf breite Zustimmung stieß.
Auch die Einkaufsmöglichkeiten wurden positiv wahrgenommen:
- Mannheim bietet gute Einkaufsmöglichkeiten (5,8)
- Mannheim bietet eine große Auswahl an Einkaufsmöglichkeiten (5,9)
- Mannheim bietet eine attraktive Fußgängerzone (5,1)
Weniger gut schien das Wohnungsangebot zu sein, denn die Werte
- Mannheim bietet Wohnangebote zu angemessenen Preisen (3,9)
- Ich bin mit dem Wohnungsangebot in Mannheim zufrieden (3,8) und
- Mannheim bietet ein ausreichend großes Wohnangebot (3,6)
zeigten klaren Verbesserungsbedarf auf.
Dafür punktete Mannheim wieder bei der Auswahl der Lokalitäten
- Mannheim bietet eine gute Auswahl an Cafés und Bars (5,5)
- Mannheim bietet eine gute Auswahl an Restaurants (5,5)
- Mannheime bietet mir eine gute Auswahl an Ausgehmöglichkeiten (5,3)
sowie dem kulturellen Angebot
- Mannheim bietet eine gute Auswahl an Konzerten und Theaterstücken (5,5)
- Mannheim verfügt über ein großes kulturelles Angebot (5,4)
- Mannheim bietet eine ausreichende Zahl an Museen und Ausstellungen (5,3)
Mit Vorsicht zu genießen waren die relativ schlechten Werte bei der Kinderbetreuung.
- Ich bin mit dem Kinderbetreuungsangebot der Stadt zufrieden (3,3)
- Mannheim bietet ausreichend Kindergartenplätze (3,4)
- Mannheim bietet ausreichend Kindertagesstättenplätze (3,3)
Da die wenigsten der Umfrageteilnehmer Kinder haben oder sich mit dem Thema bereits beschäftigt, beantworteten lediglich sieben Prozent der Teilnehmer diesen Fragenkatalog – die Werte bilden also nur eine sehr geringe Stichproben-Meinung ab und sind nicht repräsentativ.
SPD will genauere Betrachtung
Generell hätte sich die SPD-Fraktion eine differenzierte Betrachtung gewünscht. Am Beispiel der Kinderbetreuung sei aber deutlich zu machen, wie unterschiedlich wohl die beiden Geschlechter auf die Fragen geantwortet hätten, für die Zukunft möge dies berücksichtigt werden.
Als Unternehmensstandort wird Mannheim geschätzt,
- Die hier angesiedelten Großunternehmen sind mir bekannt (6,0)
- Mannheim ist ein guter Unternehmensstandort (5,5)
- Die hier angesiedelten Unternehmen sind attraktive Arbeitgeber (5,4)
- Die hier angeseidelten Unternehmen scheinen zu florieren (5,3)
- Die hier angesiedelten kleinen und mittleren Unternehmen sind mir bekannt (4,2)
wenngleich die Bekanntheit vor allem den großen Unternehmen galt.
Näher auf potenzielle Arbeitgeber eingehend gab es folgende Aussagen:
- Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für mich bei der Wahl des zukünftigen Arbeitsplatzes wichtig (5,9)
- Gleichstellung ist für mich ein entscheidendes Merkmal bei der Wahl meines zukünftigen Arbeitgebers (5,0)
- Großunternehmen sind als Arbeitgeber interessant (5,4)
- Kleine und mittlere Unternehmen sind für mich als Arbeitgeber interessant (5,1)
Der Kontakt zu Unternehmen wurde wie folgt bewertet, Teil I:
- Man bekommt leicht Kontakt zu großen Unternehmen in Mannheim (4,6)
- Man bekommt leicht Kontakt zu kleinen und mittleren Unternehmen in Mannheim (4,4)
Und Teil II:
- Praktika sind geeignet, um Kontakt zu Mannheimer Unternehmen zu bekommen (5,7)
- Abschlussarbeiten sind geeignet, um Kontakt zu Mannheimer Unternehmen zu bekommen (5,1)
- Karrieremessen sind geeignet, um Kontakt zu Mannheimer Unternehmen zu bekommen (5,3)
- Unternehmensrundfahrten sind geeignet, um Kontakt zu Mannheimer Unternehmen zu bekommen (4,6)
Alle Werte im Fragenkatalog waren gleich oder höchstens 0,2 Punkte unterschiedlich zu den Vergleichwerten aus 2014.
Mannheim als lebendig und vielseitig
Aus verschiedenen Adjektiven sollten die Befragten nun wählen, welche sie am stärksten mit Mannheim verbinden würden. Das Rennen machte „lebendig“, gefolgt von „vielseitig“, „weltoffen“, „tolerant“ und „aktiv“.
Am wenigsten wurde Mannheim mit „glamourös“, „romantisch“, „konservativ“, „umweltfreundlich“ und „traditionell“ assoziiert.
Berufliche Selbstständigkeit können sich 31 Prozent gut vorstellen und drei Prozent haben es definitiv vor. Dieser Wert erfreute Konrad Schlichter sichtlich:
Die 34 Prozent gründungswilliger Studenten und bald Absolventen sind ein hervorragender Wert und für mich einer der zentralen Aspekte dieser Umfrage. Darauf können wir stolz sein, müssen es aber auch als Verpflichtung sehen, dort zu unterstützen und darauf aufzubauen,
stellte er klar.
Auf die abschließende Frage, welche Anlaufstellen zur Existenzgründung die Befragten kennen, wurden
- Industrie- und Handelskammer (IHK) / Handswerkskammer (HWK) mit 60 Prozent
- Mannheimer Gründungszentren (MAFINEX, C-Hub, et cetera) mit 51 Prozent
- Career Center Hochschule Mannheim mit 34 Prozent
- Mannheim Center for Entrepreneurship and Innovation (MCEI) mit 34 Prozent
- Gründerverbund Rhein-Neckar mit 32 Prozent
- Fachbereich für Wirtschafts- und Strukturförderung der Stadt Mannheim mit 17 Prozent
- Career Center DHBW mit 15 Prozent
- andere Anlaufstellen mit 13 Prozent
- und keine Anlaufstelle mit drei Prozent
genannt. Ralf Eisenhauer (SPD) mahnte an, dass die Kenntnis über die zahlreichen Beratungsangebote zwar schön sei, entscheidend sei aber, ob und wie diese auch genutzt würden.
Integration durch Qualifizierung
Der zweite Punkt der Tagesordnung war der Vortrag von Elvira Stegnos vom Netzwerk IQ (Integration durch Qualifizierung). Das Netzwerk IQ Baden-Württemberg unterstützt Migranten bei der Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikationen, um schneller in den deutschen Arbeitsmarkt eingegliedert werden zu können. Auch Deutsche, die ihre Qualifikationen im Ausland erworben haben, können die Hilfe in Anspruch nehmen.
Das durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, den Europäischen Sozialfonds und die Bundesagentur für Arbeit geförderte Netzwerk half bereits im Jahre 2016 614 Menschen aus Mannheim und wird den Prognosen nach deutlich weiter wachsen.
Lastenräder für den Umweltschutz
Diskussionsbedarf gab es bei danach noch beim Antrag, acht Lastenräder mit „Pedelec 25 Technik“ außerplanmäßig mit jeweils 1.000 Euro zu bezuschussen. Handwerksbetriebe und Dienstleister sollten so umweltfreundlich und ohne die Gefahr von Strafzetteln in der Innenstadt zügig zu ihren Kunden kommen können, was die Stadt aus dem Fachbereich Wirtschafts- und Strukturförderung finanziell subventionieren sollte.
Wolfgang Taubert (Freie Wähler) und Konrad Schlichter waren der Meinung, dass dies nicht sein müsse und stimmten dagegen (Taubert) oder enthielte sich (Schlichter), was nichts am Ausgang der Abstimmung änderte, da der Rest geschlossen dafür war.
Zum Abschluss begrüßte der Ausschuss noch Herrn Matthias Weber, der die Sitzung bereits von den Presseplätzen aus mitverfolgt hatte, inoffiziell in seinen Reihen. Der designierte Nachfolger rückt in naher Zukunft für Claudius Kranz auf, der aus dem Ausschuss zurücktrat und sich für die lange und gute Zusammenarbeit bedankte. Er wurde mit Applaus verabschiedet.