Rheinland-Pfalz, 27. Januar 2017. (red/ric) Während die Kollegen in den Justizvollzugsanstalten in Baden-Württemberg am Rande der Kapazitätsgrenze und darüber hinaus angelangt sind, herrscht in Hessens Gefängnissen Ruhe. Heute beleuchten wir die Zustände in den Hafteinrichtungen in Rheinland-Pfalz. Wie hoch ist die Auslastung in den Gefängnissen, braucht das Land neue Haftplätze und ist die Gewalt gegen Bedienstete, sowie der Inhaftierten untereinander gestiegen? Der Rheinneckarblog hat die Fakten.
Von Riccardo Ibba
Rheinland-Pfalz ist mit rund vier Millionen Einwohnern das siebtgrößte Bundesland der Republik und verfügt über 3.110 Haftplätze im geschlossenen Vollzug. Im offenen Vollzug sind es 288 Haftplätze, macht zusammen also knapp 3.400 Plätze.
Im Vergleich dazu, verfügt Hessen bei etwa 6 Millionen Einwohnern über 5.500 Haftplätze und Baden-Württemberg bei über elf Millionen Einwohnern über rund 7.000 Plätzen in den Gefängnissen. Rechnet man Rheinland-Pfalz und Hessen zusammen, kommt man auf rund 10 Millionen Einwohner und 8.900 Haftplätze, währen im Südwesten auf 11 Millionen Einwohner nur gut 7.000 Haftplätze kommen. Baden-Württemberg ist also deutlich schlechter aufgestellt.
Zum Stichtag 13.01.2017 waren 101 Haftplätze im geschlossenen Vollzug nicht belegt, im offenen Vollzug waren 97 Haftplätze frei,
teilt uns das Justizministerium Rheinland-Pfalz auf Anfrage mit.
Die Auslastung liegt demnach bei fast 95 Prozent und ist damit nicht so komfortabel wie in Hessen, wo die Quote bei 84 Prozent liegt. Die Lage ist aber auch nicht so angespannt wie in Baden-Württemberg, wo es zumindest im geschlossenen Vollzug keine Belegungsmöglichkeiten mehr gibt.
Grund für die freien Kapazitäten dürfte, ähnlich wie in Hessen, der moderate Anstieg von Untersuchungsgefangenen im Zeitraum von 2015 bis Ende 2016 sein. Die Zahl der Menschen in U-Haft stieg von 461 auf 500 Menschen im genannten Zeitfenster und entspricht einem Zuwachs von gut acht Prozent.
Zur Erinnerung, in Baden-Württemberg gab es einen sprunghaften Anstieg von über zwanzig Prozent zu vermelden.
Die gemessen an der Einwohnerzahl großzügige Planung von Haftplätzen, leistet hier Vorschub und sorgt bisher dafür, dass freie Kapazitäten bestehen. Demzufolge sind keine weiteren Haftplätze in naher Zukunft geplant, auch personell muss derzeit nicht nachgebessert werden.
Es werden zeitnah keine neuen Haftplätze entstehen. Über die Personalausstattung entscheidet der Landtag im Rahmen der Haushaltsberatungen. Die Kernaufgaben des Justizvollzuges können mit dem vorhandenen Personal erfüllt werden,
teilt uns das Ministerium mit.
Entspannte Lage in den Jugendhaftanstalten
Dort gibt es keine Probleme mit einem Mangel an Gefängnisplätzen, zumindest im geschlossenen Vollzug, wie das Ministerium verdeutlicht.
Im geschlossenen Jugendstrafvollzug war am Stichtag 13.01.2017 eine Belegungsfähigkeit von 377 Plätzen gegeben. 297 Plätze waren belegt, was einer Auslastungsquote von 78,8% entspricht.
Etwas anders sieht die Lage im offenen Vollzug aus. Dort verfügt das Land nur über ein mageres Angebot an Plätzen.
Im offenen Jugendstrafvollzug war am Stichtag 13.01.2017 eine Belegungsfähigkeit von 7 Plätzen gegeben. 6 Plätze waren belegt, was einer Auslastungsquote von 85,7% entspricht.
Platznot in den Frauengefängnissen
Gänzlich anders, sieht dagegen die Situation in den Haftanstalten für erwachsene weibliche Inhaftierte aus. Hier wird der Platz knapp, im geschlossenen Vollzug ist die Maximalgrenze so gut wie erreicht.
Im geschlossenen Vollzug für die erwachsenen Frauen war am Stichtag 13. Januar 2017 eine Belegungsfähigkeit von 176 Plätzen gegeben. 175 Plätze waren belegt, was einer Auslastungsquote von 99,4 Prozent entspricht,
Im offenen Vollzug sieht es etwas besser aus, komfortabel stellt sich die Situation aber auch hier nicht da.
Im offenen Vollzug für die erwachsenen Frauen war am Stichtag 13. Januar 2017 eine Belegungsfähigkeit von 33 Plätzen gegeben. 29 Plätze waren belegt, was einer Auslastungsquote von 87,9 Prozent entspricht,
teilt das Ministerium mit.
Kaum Gewaltanstieg gegen Bedienstete
Beim Thema Gewalt zeigen sich Unterschiede zur Situation in Baden-Württemberg und Hessen. Das rheinland-pfälzische Personal im Justizvollzuges beobachtet bei den Gefangenen kaum eine höhere Gewaltneigung dem Personal gegenüber. So stieg die Zahl der Übergriffe auf Bedienstete von vierzehn Überfällen im Jahr 2014 auf siebzehn Vorfälle im vergangenen Jahr.
Gewaltvorkommnisse zwischen Gefangenen nehmen dagegen zu. Im besagten Zeitraum stieg die Zahl von tätlichen Angriffen von 84 auf 108. Besondere Probleme mit ausländischen Inhaftierten, bedingt durch Verständigungsprobleme, seien nicht zu vermelden.
Im Gegensatz zu Hessen und Baden-Württemberg, wo zusätzliche Dolmetscher engagiert werden, um die vorhandenen Sprachbarrieren zu überwinden, ist in Rheinland-Pfalz nichts geplant. Die bisherigen Kapazitäten sind ausreichend. Bei Bedarf fordern die Justizvollzugsanstalten einen Dolmetscher an, der dann seinen Dienst verrichtet.
Problemfall Ärzte
Während aktuell kein neues Personal in den Justizvollzugsanstalten benötigt wird, obwohl die Bewerbungen dafür ausreichend hoch sind, sieht die Situation bei den Ärzten in den Gefängnissen anders aus. Obwohl im Moment hinreichend besetzt, können hier in Zukunft personelle Engpässe entstehen.
Bisher waren stets genügend Interessierte für die einzelnen Berufszweige vorhanden. Eine Ausnahme gilt im Bereich der Ärztinnen und Ärzte. Hier sind nicht genügend interessierte Personen vorhanden. Diese Situation besteht bundesweit nicht nur im Justizvollzug, sondern auch für Krankenhäuser usw,
teilt uns das Ministerium mit.
Höhere Kosten als Baden-Württemberg und Hessen
Auch was die Kosten für einen Häftling pro Monat angeht, unterscheidet sich Rheinland-Pfalz deutlich von den anderen beiden Bundesländern.
Während in Baden-Württemberg 3.600 Euro pro Monat und Gefangenen entstehen, sind es in Hessen 3.800 Euro. In Rheinland-Pfalz dagegen, fällt die Rechnung mit 4.600 Euro deutlich üppiger aus.
Die Lage in den Gefängnissen in Rheinland-Pfalz bereitet den Verantwortlichen bisher keine schlaflosen Nächte. Ein Mangel an Haftplätzen für Frauen, sowie die schwierige Situation bei den Ärzten bleiben jedoch bestehen.