Konflikte im Krankenhaus-Alltag
Je nach Kulturkreis, zum Beispiel bei einer eher hierachischen Familienstruktur, trifft manchmal die halbe Familie die Entscheidung mehr oder weniger für den Patienten. Oder es wird religiöse Beratung gefordert. Wie soll das medizinische Personal damit umgehen?
Ärzte haben die Pflicht, ihre Patienten aufzuklären – auch wenn diese eine andere Sprache sprechen. Doch was ist, wenn die Familie nicht möchte, dass der Patient beispielsweise von einer kritischen Diagnose erfährt und daher die Information nicht übersetzt? Oder wenn Kinder übersetzen müssen – sollten Kinder alles erfahren?
Deutsche Krankenhäuser schlecht auf Flüchtlinge eingestellt
Es gibt im Umgang mit Migranten viel zu beachten – angefangen bei Sprachbarrieren über kulturelle Verschiedenheiten im Umgang mit Krankheit bis hin zu körperlichen und geistigen Erkrankungen, die durch Flucht oder gesellschaftliche Folgen von Migration enstehen.
Daher befasste sich am Samstag das Ethikforum des Klinischen Ethikkomitees der Universitätsmedizin Mannheim mit diesem Problemfeld. Dr. med. Michael Knipper vom Institut für Geschichte in der Medizin der Universität Gießen und Leiter des Ausschusses für medizinische Ausbildung „Interkulturelle Kompetenz und Global Health“ stellte grundsätzliche Fragen zum Verhältnis zwischen Fachpersonal und Patient vor.
Konkret wurde er beim Thema der Behandlung von Flüchtlingen. Dabei erwähnte er, dass staatlichte Gesundheitssysteme wie in Spanien oder Großbritannien besser auf Flüchtlinge eingestellt seien. In Deutschland sei das wegen der vielen Beteiligten nicht steuerbar.
Schlechte Bedingungen für Flüchtlinge
Er sprach auch die vielerorts gesundheitlich bedenkliche Unterbringungsituation von Flüchtlingen an. Bei so vielen Menschen auf engstem Raum besteht immer ein Risiko für Körper und Geist. Flüchtlinge müssen in der ersten Zeit nach der Ankunft in den überfüllten Camps warten. Diese Machtlosigkeit und Unsicherheit verursache erheblichen Stress. Zudem seien viele traumatisiert. Deshalb würden Flüchtlinge teilweise als aggressiv oder ängstlich wahrgenommen.
Erst nachfragen, dann handeln
Man sollte nicht einfach sagen „Das ist halt Kultur“, sondern nachfragen.
Muslimische Patienten im Krankenhaus
Im Vortrag von Prof. Dr. Dr. phil. et med. habil. Ilhan Ilkilic vom Institut für Geschichte der Medizin und Ethik der Universität Istanbul und Mitglied des deutschen Ethikrates ging es um mögliche Konfliktfelder bei der Behandlung von muslimischen Patienten. Es seien oft die gleichen Konflikte wie mit Patienten anderer kultureller Hintergründe auch, die Argumente und das Moralverständnis seien das Entscheidende.
Ethische Probleme durch Sprachbarriere
Dr. Ilkilic kritisierte außerdem, wie schlecht der Dolmetscherdienst für Krankenhäuser in Deutschland organisiert sei, in anderen Länder sei man da wesentlich weiter. Übersetzen Familienmitglieder des Patienten könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Beziehungsverhältnis die Informationsweitergabe beeinflusst.
Dadurch werden möglicherweise Informationen zum Beispiel über schlechte Diagnosen nicht weitergegeben. Da so keine Neutralität gewährleistet ist, kann der Arzt seiner Informationpflicht nicht vollständig nachkommen.
Bessere Kommunikation nötig
Interkulturelle Kompetenz bedeute nicht nur Kulturwissen, so Dr. Ilkilic, man müsse auch immer den Einzelfall prüfen. Ein Patient ist ein Individuum und nie nur Mitgleid einer ethnischen oder sozialen Gruppe.