Mannheim/Rhein-Neckar, 27. Februar 2014. (red) Nach dem tragischen Tod von drei Kindern zwischen zwei und sieben Jahren haben Stadt, Polizei und Feuerwehr ihre Betroffenheit zum Ausdruck gebracht. Aus Sicht der Feuerwehr war es ein schneller Routineeinsatz. Ein Polizist wurde beim Rettungsversuch verletzt. Die Stadt trifft keine Schuld. Doch die drei Kinder sind tot. Und die Bedrohung für andere bleibt.
Von Hardy Prothmann
Es muss dramatisch gewesen sein. Um 01.56 Uhr wird die Polizei heute Nacht über Notruf alarmiert. Eine Wohnung im dritten Stock eines vierstöckigen Hauses im Hinterhof brennt.
Zu dieser Zeit kämpft die junge Mutter (22) bereits um das Leben ihrer Kinder. Sie ist in einer anderen Wohnung. Nachbarn brechen die Tür auf. Zwei Kinder kann die Mutter selbst noch aus der Wohnung retten. Innerhalb von wenigen Minuten ist die Polizei vor Ort. Die Beamten versuchen, die Kinder zu reanimieren, nachdem sie zuvor mit zwei Feuerlöschern den Brand etwas eindämmen konnten. Die Mutter und ein Polizist sowie vier Bewohner ziehen sich leichte Rauchgasvergiftungen zu.
Ein Kind liegt im hinteren Bereich der stark verqualmten Wohnung – erst die ebenfalls schnell um 02.01 Uhr eingetroffenen Feuerwehrleute können es unter Atemschutz bergen – es ist bereits tot. Ein zweites stirbt noch am Brandort, das dritte Kind im Krankenhaus. Die Mutter erleidet einen Schock. Notfallseelsorger betreuen die Mutter und Bewohner – das Haus wird komplett evakuiert. Die Feuerwehr löscht das Feuer innerhalb von 20 Minuten. Nach der Entlüftung können die Bewohner der unteren Wohnungen wieder zurückkehren. Bewohner aus dem dritten und vierten Stock werden von der Stadt untergebracht.
“Beobachtete Immobilie”
Laut Erstem Bürgermeister Christian Specht leben 45 registrierte Personen in neun Wohnungen im heruntergekommenen Hinterhaus. Das Haus steht wie viele andere Objekte auf einer speziellen Liste der Stadt. “Problemimmobilie” will man nicht sagen. Hier gibt es nicht die berüchtigten Matratzenlager, über die skrupellose Hausbesitzer südosteuropäische Zuwanderer abkochen und teils bis zu 300 Euro für eine Matratze verlangen. Es sind “richtige” Wohnungen. Eine “Überbelegung” erkennt die Stadt nicht – wohl aber den heruntergekommenen Zustand. Deswegen steht die private Immobilie auch auf der “speziellen” Liste der Stadt. Diese Häuser werden häufiger kontrolliert – Brandschutzmängel und “gefährliche” Installationen, offene Leitungen sind bei diesen Häusern der “Normalfall”. Im Notfall rücken bei diesen Immobilien immer zwei Löschzüge aus.
Bereits im November 2013 hat eine Begehung des Anwesens stattgefunden, bei der den Hauseigentümern Sofortmaßnahmen auferlegt wurden. Im Nachgang wurde eine weitergehende Verfügung erlassen, um insbesondere unzulässige Elektroinstallationen zu beseitigen und eine ordnungsgemäße Stromversorgung zu gewährleisten. Die Umsetzung der Verfügung und der Sofortmaßnahmen wurde bei einem erneuten Ortstermin kontrolliert, weitere Nachbesserungen eingefordert und von den Eigentümern bei einem Fachbetrieb beauftragt.
Über die Brandursache kann die stellvertretende Polizeipräsidentin Caren Denner noch nichts sagen – die Kriminalpolizei ermittelt noch. Vermutlich gab es einen “elektrisch-technischen” Defekt in der Küche. Eine Einwirkung von außen ist laut Polizei nicht erkennbar.
Rauchmelder hätten das Leben der Kinder retten können,
sagt Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz. Auf Nachfrage bestätigt er, dass alle kommunalen Liegenschaften mit Rauchmeldern ausgestattet seien. Die Stadt wird nun die rund 100 Besitzer anschreiben und sie mit Hinweis auf den tragischen Tod der drei Kinder auffordern, Rauchmelder zu installieren. Von Gesetz wegen sind diese aber erst ab 2015 vorgeschrieben. Keins der Kinder ist verbrannt – sie starben an einer Rauchgasintoxination. Fünf, sechs Atemzüge reichen, dann wird es lebensgefährlich.
Freunde und Familienangehörige kümmern sich um die junge Frau aus Bulgarien, die mit 15 Jahren das erste Mal Mutter wurde und nun ihre drei Kinder verloren hat. Sie lebt vom Vater getrennt. Der Stiefvater der Kinder ist ebenfalls vor kurzer Zeit verstorben. Die muslimische Gemeinschaft trauert und betet nun für die verstorbenen Kinder, sagt eine türkische Freundin: “Es ist so schrecklich, wir sind alle geschockt.”
Aufgrund des tragischen Brandunglücks in der vergangenen Nacht teilte die Stadt mit, dass Bürgermeister Michael Grötsch in Absprache mit der Großmarkt-GmbH entschieden hat, die für heute um 17.30 Uhr angesetzte Eröffnung des Fasnachtsmarkts abzusagen.