Rhein-Neckar/Stuttgart, 27. September 2018. (red/pro) Aktualisiert. Journalistische Medien konkurrieren um Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit – mittels ihrer Informationsangebote. Wer was auf sich hält, erarbeitet exklusive Informationen, also solche, die erst durch eigene, oft harte Arbeit publik werden. Früher wurden solche Leistungen in der Branche gegenseitig respektiert. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Exklusive Inhalte werden geklaut, richtig asozial wird es aber, wenn man, wie der SWR, solche als selbst erarbeitete „exklusive“ Information darstellt.
Kommentar: Hardy Prothmann
Erinnern Sie sich noch an einen Herrn zu Guttenberg? Genau, der Plagiator. Der hatte seine Doktorarbeit mit geistigen Inhalten anderer zusammengekratzt. Das allein war nicht der Skandal, das ist sogar erlaubt und Grundlage wissenschaftlicher Arbeit. Der Skandal war, dass er die Fundstellen nicht benannt und korrekt zitiert hatte. Das ist das Gegenteil wissenschaftlicher Arbeit und deshalb hatte der Politiker zwangsläufig seinen Doktortitel wieder abgeben müssen.
Dreiste Übernahmen
Im Nachrichtengeschäft ist es Gang und Gäbe, fremde Inhalte zu übernehmen. Doch früher gab es Respekt, heute geschieht das vollständig asozial. Wie XY exklusiv berichtet oder Nach Informationen von XY oder laut eines Berichts von XY sind verschiedene Varianten, wie man anderen Respekt erweist und deutlich macht, welches Medium zuerst mit einer exklusiven Information am Markt war. Heutzutage wird das nicht nur „gerne“ vergessen, nein, man ist sogar so dreist so zu tun, als sei man mit übernommenen Themen selbst exklusiv, dabei plagiiert man nur.:
„Es geht nach SWR-Informationen…“
„…entsprechende Unterlagen liegen dem SWR-Fernsehen Mannheim vor.“
„…die dem SWR vorliegt,…“
Floskeln gaukeln Exklusivität vor
Gleich drei Mal erweckt der SWR mit diesen Floskeln den Eindruck, exklusiv zu berichten. Doch woher oder vielmehr warum hat der SWR diese Informationen? Das ist einfach zu beantworten. Das RNB hatte am 24. September exklusiv über Ermittlungen gegen die Forschungsgruppe Wahlen berichtet. Auch am 25. September waren wir bundesweit das einzige Medium mit diesem Thema.
Am 26. September am frühen Morgen haben wir einen zweiten Artikel zum Thema geschrieben, nachdem die Staatsanwaltschaft Mannheim fast zwei Tage benötigte, um eine Anfrage von uns zu beantworten. Diese Antwort hat die Staatsanwaltschaft auch an andere Medien weitergegeben – auch das nicht eben gute Sitte, weil eine exklusive Vorarbeit anderen zur Verfügung gestellt wird, die nichts selbst geleistet haben.
Mannheimer Morgen manipuliert Erscheinungsdatum
Auch der Mannheimer Morgen hat zum Thema berichtet, verzichtet auf die Floskeln, aber ebenso wie der SWR ist man nicht in der Lage, die exklusive Berichterstattung des RNB zu würdigen.
Kurios: Ein Bericht von gestern trug das gestrige Datum 26. September. Darin heißt es, „bestätigte die Staatsanwaltschaft Mannheim gestern auf Anfrage“. Das wäre dann der 25. September gewesen. Wenn das zutreffen würde, hätte die Staatsanwaltschaft die Zeitung zuerst informiert, obwohl die Anfrage von RNB früher gestellt worden ist.
Ich wollte die Zeitung anschreiben und um Aufklärung bitten, da fiel mir auf, dass der Artikel verändert worden ist und nun das Datum 27. September trägt – eine eindeutige Manipulation, die nirgends dokumentiert wird. Man stelle sich vor, eine Behörde würde nachträglich Veröffentlichungsdaten verändern – wäre das nicht ein gefundenes journalistisches Fressen? Ein Skandal? Würde man nicht Köpfe rollen sehen wollen? Würde nicht von Manipulation, Täuschung und Betrug berichtet werden?
Verderbtes Kalkül
Warum mache ich das zum Thema? Weil das schon seit Jahren immer wieder so läuft. Und zwar mit verderbtem Kalkül. Man nennt ein Konkurrenzmedium nicht, weil ja sonst die eigenen Nachrichtennutzer auf die Idee kommen könnten, sich für das andere Medium zu interessieren. Juristisch kann man gegen diesen Diebstahl der Eigenschaft „exklusiv“ nichts unternehmen. Moralisch hingegen schon, indem man über diese Zustände aufklärt.
Es gibt auch persönliche Folgen. Dem dpa-Korrespondenten Wolfgang Jung habe ich deshalb die Freundschaft bereits aufgekündigt und man ist wieder beim Sie. Hintergrund: Auch dpa bediente sich immer wieder Information des RNB ohne die Quelle zu nennen. Bei Zeitungen wird regelmäßig Exklusivität betont. Die Erklärung ist eine einfache: Die Deutsche Presseagentur GmbH (dpa) ist ein Dienstleister, an dem die meisten deutschen Zeitungen Anteilseigner sind.
Auch mit der SWR-Mitarbeiterin Natalie Akbari bis ich seit gestern wieder per Sie. Mit Leuten, die miese Methoden anwenden, will ich nichts zu tun haben. Kollegen sind das nicht. Und man muss sie ebenso wie andere, deren Verhalten gegen erwartbare Normen verstößt, beim Namen nennen.
(Und nein, liebe „Kritiker“: Ich bin mit keiner Person und keinem Medium „im Kleinkrieg“. Es ist nie persönlich, sondern immer nur geschäftlich gemeint. Ich habe klare Prinzipien und eine ebensolche Haltung. Ich bin mit vielen Kollegen hier vor Ort und bundesweit und im Ausland in einem guten, teils auch herzlichen Austausch und mit anderen eben nicht.)
Andauernder Exklusivitätsklau
Gegenüber dem SWR-Intendanten Peter Boudgoust habe ich den Exklusivitätsklau in der Vergangenheit schon mehrfach thematisiert. Seine Antworten waren jeweils abgehoben und arrogant. Der SWR stehe für höchste Güte von Information und die Redaktionen hätten Besseres zu tun, „als irgendwelche Blogs zu lesen“. Nur blöd, dass ohne das Durchforsten irgendwelcher Blogs keine angeblich exklusiven Inhalte vom SWR gehoben werden könnten. Herr Boudgoust ist fest entschlossen, diese klägliche Praxis fortzuführen. Damit stützt und fördert er den Verfall guter journalistischer Sitten – gebührenfinanziert. Der Fisch stinkt immer vom Kopf her.
Damit sich die Öffentlichkeit eine Meinung bilden kann, dokumentiere ich transparent die Zuschrift an Herrn Boudgoust. Das Problem: Kein anderes Medium wird das Thema aufnehmen. Niemand hat den Mut, es sich mit großen Medien zu verscherzen. Und wer weiß, vielleicht bewirbt man sich da ja mal, da möchte man nicht durch kritische Berichterstattung auffallen. Zudem herrscht unter „Traditionsmedien“ ein Corpsgeist – eine Krähe hakt der anderen kein Auge aus. Ich hingegen gelte vielen als „Kollegenschwein“, weil ich Missstände seit Jahren thematisiere.
Der blinde Fleck
Auch das eine kritische Beobachtung der Medienlandschaft. Diese bildet sich sehr viel darauf ein, „vierte Gewalt“ zu sein und „den Mächtigen auf die Finger zu schauen“. Jeder Versprecher, jeder Fehler prominenter Persönlichkeiten wird thematisiert und verliert jemand seinen Posten, hält man sich für einen Helden, weil man jemanden „abgeschossen“ hat. Doch beim Blick auf die eigene Branche verhält man sich wie die drei Affen: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Beim Blick auf die eigene Branche haben viele Medien einen blinden Fleck.
Diese komplett verkorkste und verbogene Haltung ist ein Kernproblem bei vielen Journalisten und Redaktionen. Viele sind durch und durch verderbt, zynisch und verächtlich. Sie betonen eine angebliche Unabhängigkeit, sind aber selbst in vielfältige Abhängigkeiten verstrickt. Journalismus ist aus meiner Sicht zunächst einmal eine Dienstleistung. Im Idealfall stellt man der Öffentlichkeit geprüfte und abgewogene Informationen zur Meinungsbildung zur Verfügung.
Tatsächlich wird immer öfter versucht, die Öffentlichkeit zu manipulieren. Nicht nur durch gewisse „Spins“ (Geschichten einen Dreh geben) von Informationen, sondern, oft noch bedeutender, durch das Verschweigen von Informationen. Denn was nicht berichtet wird, erfährt die Öffentlichkeit auch nicht.
Daraus entstehen dann Vorwürfe der „Lügenpresse“ und „Lückenpresse“ – abscheuliche Begriffe, die mich persönlich erheblich ärgern, weil ich als Journalist pauschal „mitverhaftet“ werde, ebenso wie viele Kollegen, die nach wie vor eine anständige Arbeit machen. Leider sind diese Vorwürfe aber überhaupt nicht mehr von der Hand zu weisen.
Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, nimmt die Gesellschaft erheblichen Schaden.
(Anm. d. Red.: Sollte es Antworten auf unsere Zuschriften geben, aktualisieren wir den Artikel.)
Dokumentation der Zuschrift an SWR-Intendant Peter Boudgoust:
„Sehr geehrter Herr Boudgoust,
Sie können mein Schreiben getrost ignorieren, mir dient es als Dokumentation.
Aktuell berichtet der SWR nach „SWR-Informationen“ und tut so, als sei man exklusiv:
Tatsächlich hat das RNB vor zwei Tagen exklusiv berichtet:
Vermutlich hatte wieder keiner der SWR-Mitarbeiter Zeit, „irgendwelche“ Blogs zu lesen (schauen Sie sich Ihre früheren Antworten unserer Korrespondenz an).
Sehr geehrter Herr Boudgoust, was die SWR-Redaktionen unter Ihrer Verantwortung seit Jahren machen, ist einfach respektlos und unanständig.
Das RNB hat nicht die Reichweite des SWR und wird diese auch niemals erlangen – das geht allein aus finanziellen Gründen nicht. Wir müssen um Einnahmen kämpfen, beim SWR geht automatisch Geld in Milliardenhöhe ein.
Aber wir erreichen sehr viele Entscheider und sehr interessierte Leser/innen und diese stellen sehr genau fest, wer sich wie verhält und wer wie was berichtet.
Der SWR, das ist meine Auffassung, verhält sich absolut feindlich gegenüber einem breiten publizistischen Angebot und zeigt ein monopolistisches Vorgehen gegen eine möglichst große Medienvielfalt – und ist damit von einem grundlegend undemokratischen Geist durchzogen.
Leistungen anderer werden grundsätzlich verachtet, aber nichtsdestotrotz genutzt.
Nachdem ich bereits mehrmals auf diesen Missstand hingewiesen habe und auch nicht ansatzweise den Eindruck erlangen konnte, dass dies auf Ihr Interesse stößt, muss ich davon ausgehen, dass Sie diese redaktionelle Ausrichtung nicht nur gut heißen, sondern grundsätzlich so befördern.
Das ist äußerst bedauerlich.
Das RNB lässt sich von dieser miesen Haltung nicht beeindrucken. Wir verweisen immer auf Exklusivität, nennen immer Quellen und zeigen damit Haltung und Anstand – zwei Begriffe, die leider in der Branche immer weniger gelten.
Der SWR, unter Ihrer Leitung, trägt in erheblichem Maße zur Medienverdrossenheit bei und erzeugt bei den Menschen einen erheblichen Verdruss gegenüber „Staatsmedien“.
Das ist äußerst bedenklich.
Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit Ihnen, sehr geehrter Herr Boudgoust, denken Sie vermutlich, „das versendet sich“. Ich denke nicht, dass das der Fall sein wird.
Die Öffentlichkeit hat heutzutage erhebliche Möglichkeiten, sich unabhängig von Monopolisten ein Bild zu machen.
Meine Auffassung ist, dass dies – unabhängig davon, dass man immer vorbildlich arbeiten sollten – eine weitere Herausforderung an seriösen Journalismus ist, durch überzeugende Leistung deutlich zu machen, wie wichtig Qualitätsjournalismus für funktionierende demokratische Gesellschaften ist.
Wenn ein staatlich finanzierter Monopolist, nichts anderes ist der SWR, dazu beiträgt, kleinen, unabhängigen und privat finanzierten Medienangeboten das Wasser abzugraben, wird das zu erheblichen Konflikten führen.
Das kann niemand wollen. Doch Sie, sehr geehrter Herr Boudgoust und ihr Apparat, befördern das.
Und das ist bedrohlich. Ich entlasse Sie nicht aus der Verantwortung, sondern werde Sie immer wieder daran erinnern.
Mit freundlichen Grüßen“
Dokumentation der Zuschrift an die Staatsanwaltschaft Mannheim:
„Sehr geehrter Frau Böhmer,
danke für Ihre Antwort am 26. September um 7:11 Uhr auf unsere Anfrage vom 24. September um 13:14 Uhr und unsere Nachfrage vom 25. September um 14:05 Uhr.
In der Vergangenheit war es gute Praxis, exklusive Anfragen auch exklusiv zu beantworten.
Bereits in der Vergangenheit und aktuell wieder muss ich leider den Eindruck erhalten, dass dies von der Staatsanwaltschaft Mannheim unterlaufen wird.
Wir haben am 24. September Informationen von Ihrer Behörde angefragt und keine Antwort erhalten. Am 25. September erhielten wir auf Nachfrage die Information, dass Sie sich bemühen würden, die Anfrage bis Vormittag 26. September zu beantworten. Dies ist erfolgt.
Zeitgleich wurden aber offenbar auch andere Medienanfragen beantwortet, die sich nur auf unsere exklusive Berichterstattung beziehen konnten.
Mir stellen sich nun zwei Fragen – vor dem Hintergrund, dass es zur Causa keinerlei Zeitdruck gibt, immerhin wird das Verfahren ja schon seit Anfang 2017 geführt und „Recherchen“ dazu sind sicherlich weder aufwändig, noch kompliziert:
Versucht die Staatsanwaltschaft Mannheim gezielt und vorsätzlich, die exklusive Arbeit des RNB zu unterlaufen?
Oder ist die Pressearbeit der Staatsanwaltschaft Mannheim einfach nur unprofessionell und überfordert?
Ich bitte um unmissverständliche Antwort. Möglicherweise wurde ja eine dritte Möglichkeit übersehen.
Mit freundlichen Grüßen“
Aktualisiert, 14:09 Uhr
Antwort der Staatsanwaltschaft
„Sehr geehrter Herr Prothmann,
zunächst möchte ich feststellen, dass es stets das Bemühen der Staatsanwaltschaft Mannheim bei Antworten auf Presseanfragen ist, nur sorgfältig geprüfte und aktuelle Informationen weiterzugeben. Hierzu ist eine Rücksprache bei den zuständigen Sachbearbeitern der Staatsanwaltschaft und den Beamten der Ermittlungsbehörden unerlässlich. Aufgrund der Wahrnehmung anderweitiger Dienstgeschäfte stehen die Auskunftspersonen selbstverständlich nicht immer sofort zur Verfügung. Dies erklärt meines Erachtens den von Ihnen beanstandeten Zeitablauf ausreichend.
Ansonsten hat die Staatsanwaltschaft Mannheim lediglich auf weitere Anfragen von Medienvertretern ohne zeitliche Bevorzugung reagiert. Den von Ihnen erhobenen Vorwurf des „gezielten und vorsätzlichen Unterlaufens der exklusiven Arbeit des RNB“ weise ich zurück.
Mit freundlichen Grüßen
Böhmer
Erste Staatsanwältin“
Wir erhalten keine Zwangsgebühren – unser Journalismus kostet aber Geld. Sie können dazu Ihren Beitrag leisten. So fördern Sie unsere Arbeit und erhalten Zugriff auf unsere gebührenpflichtigen Artikel:
Sie können Steady hier abschließen. (Sie werden dort Kunde, Steady behält eine Gebühr ein und zahlt den Rest an uns aus. Sie haben Zugang zu den kostenpflichtigen Artikeln. )
Sie können hier einen Rheinneckarblog-Plus-Pass kaufen. (Sie werden bei uns Kunde und bei Steady freigeschaltet, sofern Sie mindestens 60 Euro zahlen und haben Zugang zu den kostenpflichtigen Artikeln.)
Sie zahlen per Paypal. (Sie werden bei uns Kunde und bei bei Steady freigeschaltet, sofern Sie mindestens 60 Euro zahlen und haben Zugang zu den kostenpflichtigen Artikeln.)
Sie überweisen direkt aufs Konto. (Sie werden bei uns Kunde und bei bei Steady freigeschaltet, sofern Sie mindestens 60 Euro zahlen und haben Zugang zu den kostenpflichtigen Artikeln.)
Hypovereinsbank
Kontoinhaber: Hardy Prothmann
BIC (BLZ): HYVEDEMM489
IBAN (Kto.): DE25670201900601447835