Rhein-Neckar, 26. Januar 2017. (red/pro) Seit Jahren sinken die Auflagen der Tageszeitungen kontinuierlich. Auch das vierte Quartal 2016 weist ganz überwiegend Minuszahlen aus. In der Region verliert die Lokalzeitung Mannheimer Morgen im Vergleich zu anderen heftig: -4,38 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Erstmals fällt die Zeitung unter 60.000 Abos.
Die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (www.ivw.de) prüft die Auflagen von Zeitungen – danach bemessen sich unter anderem die Werbepreise im Vergleich. Seit Anfang der 90-er Jahre gehen die Auflagen der Zeitungen zurück. Teils massiv – die Bild lag mal über vier Millionen und liegt jetzt bei 1,6 Millionen Exemplaren.
Schlechte Entwicklung für Zeitungen – seit Anfang der 90-er Jahre
Der Zeitungsmarkt ist aber anders als die überregionale Kaufzeitung Bild vor allem durch lokale und regionale Verlage geprägt, die im Abverkauf kein echtes Geschäft machen, sondern über ihre Abonnenten. Viele Abonnenten stehen für stabile Einnahmen und definieren die Werbepreise, die ihm Markt verlangt werden können. Je mehr Abonnenten, desto besser.
In früheren Zeiten machten Zeitungen oft bis zu 70 Prozent ihrer Einnahmen über Werbung – da waren die Abos “Beigeschäft”. Das ist längst vorbei. Heutzutage machen die Abo-Einnahmen oft schon weit über 60 Prozent der Umsätze aus.
Eine Entwicklung, die den Zeitungen große Sorgen macht, denn die früher heftig sprudelnden Gewinne werden immer schmaler. Viele Verlage reagierten mit Einsparungen – auch in den Redaktionen. Eine fatale Entscheidung – denn eine gute journalistische Redaktion macht das Produkt edel. Neue Angebote – wie auch das Rheinneckarblog – laden die Mediennutzer zum Vergleich ein und Qualitätsverluste werden bemerkt. Die Zahl der Abos sinkt, damit die Einnahmen, damit die Bereitschaft für Investitionen ins Produkt, damit verschlechtert sich das Produkt – ein Teufelskreis.
Die Quartalszahlen
4. Quartal 2016 – Zahlen im Vergleich zum Vorjahresquartal. Die Rheinpfalz hat in ihrer gemeldeten Auflage gesamt (inklusive Pirmasens) Montag-Samstag einen Verlust von 2,37 Prozent hinzunehmen. Sie hat 208.634 Abonnenten und ist damit die größte Zeitung der Region. Die Rhein-Neckarzeitung verliert 3,38 Prozent auf 73.348 Abonnenten in der Ausgabe Montag-Freitag. Die Zahlen sind nicht direkt vergleichbar, weil die Rheinpfalz bis Samstag ausweist, aber nicht Montag-Freitag.
Der Mannheimer Morgen verliert brutal: -4,38 Prozent für die Ausgabe A. Dazu gehört Mannheim, Südhessen Morgen, Bergsträsser Anzeiger. Das sind beliebte, allgemeine Tricks, um Auflagen zu schönen. Man benennt sie A und B, es gibt dazu “Verbünde” mit anderen Zeitungen, wo man die Auflagen zusammenzählt. Wirklich transparent ist das nicht. Wirklich vergleichen lassen sich immer nur die wie auch immer definierte Auflagenräume anhand der Vorjahresquartale. Hatte der Mannheimer Morgen im 4. Quartal 2015 noch 62.538 Abos im Verkauf, sind es ein Jahr später nur noch 59.844. Dazu muss man noch auf die “E-paper”-Exemplare schauen. Hier rechnet die Zeitung 1.551 Exemplare ein, ein Jahr zuvor waren es 1.226. Würde man diese “elektronische Zeitung” rausrechnen, hätte die Zeitung im 4. Quartal 2015 noch 61.318 Abos gehabt und ein Jahr später nur noch 58.293 Abos.
Die Weinheimer Nachrichten halten sich vergleichsweise gut. Sie verlieren nur 1,61 Prozent und kommen noch auf 20.416 Exemplare – für eine Stadt mit 45.000 Einwohnern? Vermutlich ist hier die Odenwälder Zeitung mit eingerechnet, deren Daten wir nicht finden konnten.
Die Schwetzinger Zeitung verliert 3,1 Prozent und kommt noch auf 13.461 Prozent.
Entwicklung macht Sorge
Unterm Strich sind die Tageszeitungen ein Auslaufmodell. Neue Abonnenten können kaum mehr gewonnen werden – außer über teure Werbegeschenke. Früher konnten neue Abonnenten dadurch ruhig mehr Geld kosten, als das Abo eingebracht hatte – über die Werbepreise holte man das in der Kalkulation wieder rein. Aber die Werbeerlöse sinken ebenfalls dramatisch, also sind teure Abo-Kampagnen kein Heilmittel mehr.
Wir betrachten die Entwicklung mit Sorge – anders, als viele das denken. Denn trotz unserer oft kritischen Haltung gegenüber Tageszeitungen befürchten wir negative Auswirkungen auf die Gesellschaft, die negativer sind als eine sinkende Informationsqualität. Denn der Trend, dass sich immer mehr Menschen über dubiose Quellen “informieren”, kann zu fatalen Entwicklungen führen.
Umgekehrt sind alle journalistischen Redaktionen in der Pflicht durch Leistung und Top-Qualität zu überzeugen. Wem das nicht gelingt, den wird der Markt schlucken. Eine demokratische Gesellschaft ohne unabhängigen Qualitätsjournalismus ist aber nicht vorstellbar. Sie kann nur mit publizistischer Vielfalt funktionieren.
Vielen Dank
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Wir klagen nicht – die Entwicklung ist positiv. Wir steigern unsere Zahl täglicher Leser, Leser insgesamt und Aufrufe unserer Seiten, aber wir setzen dabei auf Relevanz und erst dann auf Reichweite. Unsere Werbeumsätze wachsen. 2016 haben wir nach fünf Jahren erstmals eine graue Null erreicht. Auch durch eine höhere Zahlbereitschaft unserer Leser/innen. Sehr gut kommt unser neues Modell an, einen Förderbeitrag von mindestens 60 Euro zu zahlen und dafür ein Jahr lang Zugriff auf alle gebührenpflichtigen Artikel zu haben. Das gibt uns Planungssicherheit und Ihnen auch – wenn Sie mit für Sie interessanten Artikeln bei uns planen, gut informiert zu sein.
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