Mannheim, 26. März 2015 (red/me) Den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) gibt es seit 1998 in Mannheim und er ist zum Symbol der kommunalen Sicherheits- und Ordnungspolitik geworden. Doch selbst Politikerinnen und Politikern ist manchmal nicht klar, wo denn nun der Unterschied zwischen Polizei und Vollzugsbediensteten der Ortspolizeibehörde liegen. Kein Wunder, da die Uniformen doch fast gleich aussehen. Doch steckt auch das Gleiche drin?
Von Mathias Meder
Am 25. November 1997 wurde durch den Gemeinderat der Stadt Mannheim beschlossen, einen Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) einzurichten. Dies geschah im letzten Amtsjahr des damaligen spendenaffären geplagten Bundesinnenminsters Manfred Kanther. Der Name Manfred Kanther im Jahre 1997 steht für den rechten Flügel der CDU, für “Law and Order” und für die Adaption einer in den USA bekannt gewordenen “Broken Windows Theory“.
Kurz gefasst beschreibt die Broken-Windows-Theorie, wie ausgehend von einer zerbrochenen Fensterscheibe es im nächsten Schritt zu einer Häufung weiterer Verwahrlosung und Bagatelldelikten kommt, die schließlich in schwerer Kriminalität münden.
In New York wurde unter dem damaligen republikanischen Bürgermeister Rudolph Giuliani die Broken-Windows-Theory als Argument für die neue Null-Toleranz-Strategie der Polizei verwendet. Schon kleinsten Störungen sollte die Polizei mit aller Härte begegnen, um so die mögliche Gefährdung durch eine ausufernde Kriminalität bereits im Keim zu ersticken.
Von der Anlagenaufsicht zur Ordnungsmacht
Diese Einflüsse führten auch in Mannheim zu einer Verschärfung der Ordnungspolitik. Hier machte sich der damalige Ordnungsbürgermeister Rolf Schmidt (CDU) nach seinem Amtsantritt im Jahr 2000 “einen Namen” damit, die Erkenntnisse aus New York auch auf die Mannheimer Kommunalpolitik zu übertragen. Nach der für die CDU erfolgreichen Kommuanlwahl im Jahr 1999 wurden Sicherheit und Ordnung zu neuen Schwerpunkten der Kommunalpolitik. Wie Kanther hatte nebenbei auch Herr Schmidt ein Problem an der Backe: Die “Froschkönig-Affaire”. Aber weder die Spenden noch eine Kommentar-Kampagne haben was mit dem KOD zu tun.
Der Kommunale Ordnungsdienst in Mannheim wurde im Frühjahr 1998 gegründet. Er übernahm die sechs Mitarbeiter aus der bisherigen “Anlagenaufsicht”, die sich seit 1996 schwerpunktmäßig um die Überwachung der Friedrichsplatzanlage am Wasserturm und der Fußgängerzone kümmerten.
Als Grundlage für den KOD wurde eine Polizeiverordnung eingeführt, die nun auch die Überwachung der Anleinpflicht für Hunde, Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit und aggressive Bettelei zum Inhalt hatte. Daher brauchte man schon damals mehr Personal, so dass der KOD im Jahr 1998 mit zwölf Mitarbeiter/innen an den Start ging. Im Jahr 2002 wurde der Personalbestand des KOD auf 30 Stellen angehoben und Ende 2013 um nochmals vier Stellen erhöht.
KOD statt Polizei
Neben dem KOD gibt es aber auch noch die Politessen, deren aktuelle Personalstärke derzeit 39,63 Planstellen umfasst – ab August nur noch 36,57. Von diesen Planstellen sind aktuell 30,1 Vollzeitstellen besetzt. Die Politessen sind stadtweit zuständig für die Überwachung des ruhenden Verkehrs, also parkende Fahrzeuge. Sowohl die Politessen, als auch die KOD-Bediensteten gehören zu den gemeindlichen Vollzugsbediensteten der Ortspolizeibehörde.
Davon zu unterscheiden ist der Polizeivollzugsdienst, also die Polizei des Landes. Dieser ist dann vor allem zuständig, wenn ein sofortiges Einschreiten erforderlich ist. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben wird jedoch nach dem Opportunitätsprinzip gehandelt. Das heißt, dass die Polizei nach eigenem Ermessen abwägen muss, wo sie einschreitet.
Die dringlichsten Aufgaben sind sofort zu verfolgen. Das bedeutet, dass logischerweise ein Einbruch zuerst verfolgt wird, bevor ein falsch parkendes Auto geahndet wird. Aus dieser Logik heraus kümmern sich daher die Politessen der Kommune um die falsch parkenden Autos, da hier die Polizei gemäß dem Opportunitätsprinzip erst dann einschreiten würde, wenn alle wichtigeren Aufgaben erledigt sind.
Und hier liegt auch die Begründung für den KOD: Denn in einer Zeit, wo die Polizei sich um die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten wie Wegwerfen von Zigaretten oder organisierte Bettelei aus Zeitgründen nicht mehr kümmern kann, werden eben diese Aufgabenschwerpunkte “nach unten” delegiert.
KOD ist nicht “die Polizei”
Der KOD wird also dort tätig, wo die (Landes-)Polizei kaum noch tätig sein kann und wo er Aufgaben übertragen bekommen hat. Der KOD darf dann nur im Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben handeln – geregelt ist dies in der Polizeiverordnung der Stadt Mannheim.
Umgekehrt wird die Polizei des Landes jedoch nicht von diesen Aufgaben entledigt, auch wenn dies oft in den Köpfen selbst mancher Polizeibeamten so drinsteckt. Wenn also den Polizeibeamten beim Streifendienst ein falsch parkendes Auto auffällt, dann besteht auch hier die Verpflichtung, dies zu ahnden. Es sei denn, es gibt wichtigere Aufgaben. Das aber müssen die Polizisten vor Ort selbst abwägen.
Da der KOD also polizeiliche Aufgaben wahrnimmt, jedoch in der Dringlichkeit hinter denen der Polizei agiert, darf zum Beispiel ein KOD-Fahrzeug auch kein Blaulicht führen. Dies wurde 2009 vom Oberverwaltungsgericht Münster entsprechend geurteilt.
Ansonsten jedoch sind die KOD-Mitarbeiter/innen den Polizeibeamten und in vielerlei Hinsicht gleichgestellt. So dürfen Personen festgehalten und Durchsuchungen vorgenommen werden, Gegenstände beschlagnahmt oder Zwangsmittel wie Abschleppen von Fahrzeugen angewandt werden. Selbst das Führen von Waffen wäre für den KOD erlaubt, wird jedoch in Mannheim nicht praktiziert.
Die KOD-Angestellten führen jedoch Handschellen, Schlagstock, Pfefferspray und Elektroschocker mit sich. Letztere sind gedacht zur Tierabwehr, da der KOD beispielsweise die Anleinpflicht bei Hunden zu überwachen hat.
Polizei und KOD: Nur äußerlich zum Verwechseln ähnlich
Auch wenn sich KOD und Polizeibeamte äußerlich kaum noch unterscheiden lassen und selbst die Fahrzeuge nur gelbe statt blaue Lichter tragen, so steckt doch in der Uniform eine andere Qualität. Denn während die Polizeibeamen eine 30-monatige Ausbildung an der Polizeifachschule absolvieren, erfolgt die Ausbildung der Mannheimer KOD-Bediensteten innerhalb weniger Wochen durch die Polizeifachschule in Bruchsal.
Die Broken-Windows-Theory, auf der die Einrichtung des Kommunalen Ordnungsdienstes in Mannheim beruht, wurde übrigens inzwischen vielfach kritisiert und in Frage gestellt.
So konnte zwar nachgewiesen werden, dass eine zerstörte Fensterscheibe eines Autos durchaus zu mehr Vandalismus an diesem Auto führt, aber eben nur an diesem Auto und nicht in Folge auch an den Häusern in der Nachbarschaft.
Und die Kriminalitätsrate in New York liegt trotz Null-Toleranz-Strategie immer noch wesentlich höher als in deutschen Städten auch ohne Kommunalem Ordnungsdienst.
In den kommenden Wochen wird insbesondere der KOD eine große Rolle spielen – oder vielmehr Interpretationen, was er kann und was nicht, was er soll und was nicht. Denn Sicherheit und Ordnung werden ein Top-Thema zur Oberbürgermeisterwahl 2015.
Anm. d. Red.: Mathias Meder ist hauptberuflich Handelslehrer und war grüner Stadtrat in Mannheim. Seit vergangenem Herbst arbeitet er als Freier Mitarbeiter unserer Redaktion zu.