Rhein-Neckar, 24. Januar 2017. (red/pm) Im Herbst brach in Deutschland die Vogelgrippe aus. Im Bereich des Bodensees und der Plöner Seen in Schleswig-Holstein erkrankten Wildvögel am hochpathogenen Subtyp H5N8. Auch Mannheim war vom Ausbruch des Virus betroffen: Im Luisenpark infizierten sich zwei Fasane mit dem Vogelgrippe-Virus H7N3. Um eine weitere Verbreitung zu vermeiden, ergriffen Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz vielfältige Maßnahmen – mit mäßigem Erfolg.
Von Alina Eisenhardt
“Es waren drastische Maßnahmen, zu denen der Mannheimer Luisenpark vergangenen Oktober greifen musste: Nachdem sich zwei Fasane mit dem Vogelgrippe-Virus H7N3 infizierten, wurden insgesamt 86 der rund 450 Vögel getötet, um eine weitere Ausbreitung der Geflügelpest zu vermeiden. Zwar gilt der Erreger H7N3 als niedrig pathogen, kann sich jedoch durch sogenannte Spontanmutationen in gefährliche Varianten umwandeln.
Weiterhin erkrankten im November 2016 im Bereich des Bodensees und im Bereich der Plöner Seen in Schleswig-Holstein vermehrt Tiere am Virus der Geflügelpest des hochpathogenen Subtyps H5N8 (aviäres Influenzavirus vom Typ H5N8). Das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) schätzte das Risiko des Eintrags der Geflügelpest in Hausgeflügelbestände über Wildvögel bundesweit als hoch ein. Seit dem Befall im Herbst breitet sich das Virus weiter im Südwesten aus.
Was ist die Vogelgrippe
Die „Vogelgrippe“ (Aviäre Influenza) – auch Geflügelpest – ist ein Virus, der Wildvögel und Geflügel (besonders Hühner und Puten) in Tierhaltung befällt. Menschen erkranken in aller Regel nur selten an den Geflügelpest-Viren. Infektiös sind die Ausscheidungen von infizierten Tieren. Es gibt unterschiedliche Subtypen des Virus, die stark krankmachend (hochpathogen) oder mild krankmachend (geringpathogen) sein können. Hochpathogene Formen, wie H5N8, verlaufen sehr rasch als schwere Allgemeinerkrankung. Laut dem Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz können zwischen 80 und 100 Prozent der Tiere innerhalb weniger Tage sterben.
Oberste Priorität ist in Deutschland deshalb, Nutzgeflügelbestände vor einer Infektion mit dem hochpathogenen H5N8 zu schützen. Momentan sind bereits 46 verschiedene Vogelarten mit dem Virus infiziert. Besonders Wasservögel und Vogelarten, die sich auch von Aas ernähren erkranken häufig.
Eine Übertragung der Krankheit in Nutzgeflügelbestände kann durch direkten oder indirekten Kontakt erfolgen. Laut dem FLI kann eine Kontamination von Landflächen und Gewässer durch den Kot infizierter Wildvögel stattfinden. Das kontaminierte Material (zum Beispiel Schuhwerk, Fahrzeuge, Gegenstände) ist eine wahrscheinliche Infektionsquelle für Nutzgeflügel.
Maßnahmen zur Eindämmung des Virus
Welche Maßnahmen wurden in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen ergriffen, um einen Übergang auf Nutzgeflügel zu verhindern?
Maßnahmen in Baden-Württemberg
Um den Eintrag der Geflügelpest in Hausgeflügelbestände zu verhindern, ordnete das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz eine allgemeine Aufstallungspflicht und eine vor Wildvögeln gesicherte Unterbringung an. Weiterhin müssen Geflügelhalter entlang des gesamten baden-württembergischen Rheinufers auf 500 Meter Breite besondere Biosicherheitsmaßnahmen durchführen.
Unter anderem folgende Sicherheitsvorkehrungen müssen getroffen werden:
- Verstärkte Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen von Transportfahrzeugen, innerhalb von Ställen, beim Betreten der Geflügelhaltungen sowie der eingesetzten Arbeitsmittel einschließlich der Verwendung von Schutzkleidung
- Das Verbot, Geflügel über Geflügelmärkte, Geflügelbörsen oder mobile Geflügelhändler zuzukaufen
- Geflügelbörsen und Märkte sowie Veranstaltungen anderer Art, bei denen Geflügel verkauft oder zur Schau gestellt wird, sind in dem oben genannten Gebiet verboten.
Im verbliebenen Vogelbestand des Luisenparks von 381 Vögeln gab es keine weiteren Infizierungen. Es kam zu keinen weiteren Tötungen. Dank der Maßnahmen wurden bisher keine Infizierungen bei Nutzgeflügel festgestellt. Entwarnung kann jedoch nicht gegeben werden. Bislang wurden in Baden-Württemberg 786 tote Wildvögel gemeldet. Bei 298 Vögeln wurde der Virustyp H5N8 festgestellt (Stand: 16. Januar). Der Befall ist vermutlich so hoch, weil Baden-Württemberg mit dem Bodensee einen immens hohen Druck an Wildvögeln hat, die auf ihren Zugrouten dort rasten.
Nach unseren Informationen wird aktuell die Situation bewertet – wir rechnen damit dass die getroffene Allgemeinverfügung in der kommenden Woche verlängert wird. Das Ministerium für ländlichen Raum will sich am Dienstag dazu äußern.
Maßnahmen in Hessen
In Hessen starben neun Vögel am H5N8-Virus. Bei den befallenen Tieren handelt es sich um acht Wildvögel und einen Pelikan aus dem Opel-Zoo. Im Hessischen Landeslabor wurden bereits über 2.300 Proben untersucht. Bisher musste zwar kein Tier gekeult werden, seit dem 21. November gibt es trotzdem eine landesweite Anordnung zur Aufstallung aller Geflügelbestände.
Anette Zitzer, Sprecherin des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sagt dazu, dass die Anordnung – im Gegensatz zur Anordnung in Baden-Württemberg – unbefristet sei, um flexibel auf die sich ändernde Situation eingehen zu können. Weiterhin sagt sie zur aktuellen Situation:
Nach momentaner Risikoeinschätzung des Friedrich-Löffler-Instituts (FLI) als nationales Referenzlabor, hält der Druck an Neuinfektionen innerhalb und außerhalb Deutschlands weiter an. Daher halten wir es für angemessen, die landesweite Aufstallpflicht aufrecht zu erhalten, bis die Anzahl der Neuinfektionen nachlässt, beziehungsweise bis das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) Entwarnung gibt.
Die getroffenen Biosicherheitsmaßnahmen gleichen denen von Baden-Württemberg. Eine detaillierte Auflistung finden Sie hier.
Maßnahmen in Rheinland-Pfalz
Auch Rheinland-Pfalz ist von dem Virus-Befall betroffen. Das Landesuntersuchungsamt (LUA) gab am 08. Januar bekannt, dass der Verdacht der Vogelgrippe einer niedrig pathogenen Form des Typs H5 in einem Rassegeflügelbestand in Wörth bestätigt wurde. Die Kreisverwaltung Germersheim musste nun rund 540 Tiere töten. Bereits Ende Dezember infizierten sich Tiere in Koblenz und am Laacher See mit dem gefährlichen H5N8-Virus.
Im Kreis Germersheim, sowie in den Kreisen Ahrweiler, Neuwied, Mainz-Bingen, Mayen-Koblenz, Rhein-Lahn-Kreis, Vulkaneifel und Westerwald, besteht eine kreisweite Aufstallungspflicht. In den Kreisen Alzey-Worms, Cochem-Zell und der Rhein-Pfalz-Kreis wurde die Aufstallung in Risikogebieten angeordnet.
Aktuelle Einschätzung
Seit dem ersten Auftreten des Virus im November 2016 erfolgte eine weitere Verbreitung. 23 europäischen Staaten (Ungarn, Polen, Kroatien, Schweiz, Österreich, Deutschland, Dänemark, Niederlande, Schweden, Finnland, Frankreich, Rumänien, Serbien, Großbritannien, Griechenland, Bulgarien, Montenegro, Slowakische Republik, Italien, Irland, Tschechische Republik, Slowenien, Spanien) und 15 Bundesländer Deutschlands sind betroffen (Stand: 24. Januar).
Laut dem FLI, kann es bei den aktuellen Witterungsbedingungen zu einer Ausweitung des Infektionsgeschehens bei Wildvögeln im Binnenland und in Südeuropa kommen. Da die meisten Wasservögel Kälteflüchter sind, suchen sie eisfreie Gewässer auf.
Die räumliche Ausbreitung der Infektion erfolgt weiterhin mit großer Dynamik. Unter diesen Umständen kann deshalb keine Entwarnung gegeben werden.