Mannheim, 26. März 2015. (red/ms) Nach einer Massenschlägerei im Juni 2014 wurde im Jungbusch scharf geschossen. Durch die Schüsse wurde zwar niemand verletzt – aber ein Projektil schlug auf Kopfhöhe in einen Rolladen ein. Mehmet C. musste sich daher wegen versuchten Totschlags vor Gericht verantworten. Heute wurde er zu sechs Jahren Haft verurteilt.
Von Minh Schredle
Oberstaatsanwalt Reinhard Hofmann atmet einmal tief durch und ist offensichtlich erleichtert, dass es endlich vorbei ist. Der Verteidiger Jochen Hoos wirkt sichtlich enttäuscht. Den Angeklagten scheint selbst das Urteil kaum zu kümmern. Als er das Strafmaß hört, runzelt er kurz die Stirn, verzieht ein bisschen den Mund und nickt dann – etwa so, als würde er sich denken: Tja, dumm gelaufen.
Während der Vorsitzende Richter Dr. Ulrich Meinerzhagen knapp eineinhalb Stunden lang sein Urteil begründet, wirkt Mehmet C. geradezu desinteressiert. Er sitzt die meiste Zeit mit verschränkten Armen da und schaut weg oder spielt mit seinem Bart.
„Der Schuss war auf keinen Fall gezielt“
Die Verteidigung hatte auf eine Bewährungsstrafe plädiert. Wenn der Angeklagte jemanden hätte töten wollen, hätte er das geschafft – so die Argumentation. Der Angeklagte hätte aber gezielt an den Menschen vorbeigeschossen, um sie abzuschrecken.
Doch das lässt Richter Meinerzhagen nicht durchgehen: Mehmet C. hatte ausgesagt, noch nie zuvor von einer Schusswaffe Gebrauch gemacht zu haben. Und er feuerte aus einer Distanz von etwa acht Metern. Außerdem sagten Zeugen aus, der Angeklagte habe nicht über Kimme und Korn gezielt, sondern die Waffe schräg gehalten.
„Reiner Zufall, dass niemand gestorben ist“
Unter diesen Umständen könne man mit Sicherheit davon ausgehen, dass der Angeklagte keinen gezielten Schuss abgegeben hat, sagte der Vorsitzende Richter. Zwei Personen hätten sich in unmittelbarer Nähe des Einschlagorts befunden:
Es war reiner Zufall, dass niemand verletzt worden ist. Und wenn jemand verletzt worden wäre, hätte ihn die Kugel vermutlich am Kopf getroffen.
Der Angeklagte sei daher ein hohes Risiko eingegangen und habe dabei den Tod dieser Personen billigend in Kauf genommen.
„Von Notwehr kann keine Rede sein“
Von einer Notwehr könne dabei keine Rede sein, sagte Dr. Meinerzhagen. Der Angeklagte habe zwar behauptet, dass ihn ein potenzieller Angreifer mit einem Messer in der Hand angeguckt habe, als wolle er ihn angreifen – aber diese Schilderung hat sonst kein anderer der insgesamt 64 Zeugen von sich gegeben.
Der 25-jährige Mehmet C. wurde daher wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen in Tatheit mit dem unerlaubten Besitz und Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe, dem Besitz von scharfer Munition und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt sechs Jahren Haft verurteilt. Damit folgte das Gericht dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft.
Als erschwerender Umstand komme bei der Urteilsfindung hinzu, dass der Angekalgte bereits vorbestraft ist und gegen Bewährungsauflagen verstoßen hat, sagte Richter Meinerzhagen. Er sprach außerdem an, dass das Urteil eine „generalpräventive Funktion“ haben solle: Man müsse „dem Klientel im Jungbusch auch mal verdeutlichen“, dass sie „nicht einfach mit allem glimpflich davon kommen“ und dass „die Justiz sie mit voller Härte abstrafen“ werde.