Mannheim/Stuttgart, 26. September 2015. (red/pro) Das Konversionsprojekt Franklin steht auf der Kippe – aber es kann gerettet werden. Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz verhandelt mit dem Land auf klassischer Grundlage der “gegenseitigen Vorteile”: Die Stadt wird sich der Verantwortung stellen und selbstverständlich Flüchtlinge in großer Zahl aufnehmen. Im Gegenzug soll das Land Franklin freigeben – nicht sofort, aber bis in drei Jahren. Dieser “Deal” kann und muss jetzt stattfinden – mit jedem weiteren Tag verschlechtern sich die Chancen. In der Pflicht stehen auch die Nicht-Regierungsparteien, hier vor Ort und im Land, um die Verhandlungen nicht zu beschädigen.
Kommentar: Hardy Prothmann
Wir müssen gesamtstaatliche Verantwortung bei der Unterbringung der Flüchtlinge übernehmen. Andererseits besteht die Notwendigkeit, das Konversionsprojekt Franklin voranzubringen. Der Beschluss des Flüchlingsgipfels, Wohnraum zu schaffen, ist genau das, was wir in Mannheim bei Franklin vorhaben. Dies in Übereinstimmung zu bringen, ist umsetzbar und bewältigbar,
sagt Oberbürgermeister Dr. Kurz. Für 16 Uhr hatte er am Freitag eine Pressekonferenz angekündigt. Er kommt eine halbe Stunde zu spät aus Stuttgart. Er ist nicht gut gelaunt, auch nicht todernst, sondern konzentriert, angestrengt, aber auch optimistisch.
Es gibt eine zarte Hoffnung für das Franklin-Projekt
Eigentlich sollte heute die schlechte Botschaft überbracht werden, dass das Projekt “Franklin” bis auf weiteres erledigt ist. Das Land braucht alle Konversionsflächen zur Flüchtlingsunterbringung. Doch dann wurde heute in Stuttgart neu beraten und hart verhandelt. Und das Ergebnis gibt Hoffnung. Das Land will das “Columbus-Quartier” mit seinen Häusern für die kommenden drei Jahre nutzen. Bis zum Ende dieser drei Jahre soll die Zahl der Flüchtlinge reduziert werden. So konnte man den Oberbürgermeister verstehen, der sich aber auch nichts festlegen ließ. Kein Wunder, denn noch ist nichts “fest”.
Auch Spinelli hat Aufnahmekapazitäten. Es wird noch Zeit in Anspruch nehmen, bis man zugreifen kann. Weil dies erst jetzt erfolgt, schränkt das die Möglichkeiten bei Franklin ein,
analysiert OB Dr. Kurz die aktuelle Lage und weiter:
Der Beschluss des Flüchtlingsgipfels, Wohnraum zu schaffen, ist genau das, was wir in Mannheim bei Franklin vorhaben. Die in Übereinstimmung zu bringen, ist umsetzbar und bewältigbar. Der Stand heute ist, dass wir mit dem Land eine Vereinbarung finden, die diese Aspekte berücksichtigt, also eine Perspektive finden, Flüchtlinge unterzubringen und der Kauf der Fläche durch die Stadt Mannheim zu ermöglichen.
Franklin ist ohne Spinelli nicht denkbar
So könnte die Entwicklung von Franklin mit geplant mehr als 4.000 Wohnungen weitergehen – ab Ende 2016 sollen die Investitionen starten. Ab sofort soll die Kaserne Spinelli zur Flüchtlingsaufnahme ertüchtigt werden. Hier könnten rund 1.500 Personen in Häusern untergebracht und eine weitere, viel größere Anzahl von Flüchtlingen auf dem Gelände und dort möglicherweise in ertüchtigten Lagerhallen untergebracht werden. Das würde Franklin entlasten, während die Stadt Mannheim seine “gesamtgesellschaftliche Verantwortung” in hohem Maße erfüllt.
Diese Konstellation ist der einzig vernünftige Weg, um einerseits die Entwicklung von Franklin fast wie geplant voranzubringen und andererseits dem Land zu helfen, beim drängenden Unterbringungsproblem von Flüchtlingen “entgegenzukommen”.
Politische Ränkespiele können Franklin erledigen
Der Schachzug ist wohl überlegt. Die Stadt stellt sich der Verantwortung gegenüber dem Land und fordert Verantwortung durch das Land. Tatsächlich ist die Verhandlungsbasis für die Stadt denkbar machtlos, denn das Land kann als Bedarfsträger alle Konversionsflächen, die nutzbar sind, beim Bund einfordern. Die Stadt hätte “nichts zu melden”. Und anders als von der Mannheimer CDU kolportiert, nimmt kein Bundespolitiker und kein Innenminister Einfluss auf diese Situation – denn eine vom Bund “diktierte” Ausnahme würde sofort andere Begehrlichkeiten nach sich ziehen. Der Bund wird sich heraushalten, wie und von wem die Konversionsflächen genutzt werden. Die Entscheidung des Bundes ist klar: Wer Bedarf anmeldet, bekommt den Zuschlag, Konversionsflächen mietzinsfrei für die Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen. Das Land kommt bei der Unterbringung vor den Kommunen und hat Bedarf angemeldet. OB Dr. Kurz sagte:
Im Gegensatz zu Gerüchten und Annahmen wird es keine Bundeseinrichtung in Mannheim geben. Andererseits kann niemand über konkrete Zahlen sprechen, wie viele Menschen kommen, damit kann auch nicht über Obergrenzen gesprochen werden.
Dieser “Deal” ist gefährdet – insbesondere dann, wenn lokale CDU-Politiker suggerieren, sie hätten erfolgreich Einfluss auf Bundespolitiker ausgeübt, um den Ankauf von Franklin zu ermöglichen und gleichzeitig die grün-rote Landesregierung als “Schuldige” darstellen. Das ist knallharter Wahlkampf ohne konstruktive Perspektive – wird der Druck zu hoch, könnte das Land sich querstellen. Was wäre gewonnen? Die CDU könnte das Land als Schuldigen hinstellen, dass Franklin gescheitert ist. Was wäre gewonnen? Die Beschädigung des politischen Gegners. Zu welchem Preis? Dem Scheitern von Franklin. Verantwortliche Politik geht anders.
Wer es noch nicht verstanden hat – wir sind mitten im Landtagswahlkampf. Und Flüchtlinge werden das Thema sein. Alle Parteien sind aufgerufen, konstruktive Lösungen zu präsentieren. Nicht zum Vor- oder Nachteil einzelner Parteien, sondern ausschließlich zum Vorteil des Landes und seiner Kommunen und vor allem der Menschen. Der einheimischen Bevölkerung wie der Flüchtlinge. In Sachen Flüchtlinge kann es nur eine sinnvolle Koalition geben – die aller Parteien, denn niemand wird alleine alle “Hausforderungen” lösen können.