Rhein-Neckar/Stuttgart, 25. Januar 2018. (red/pro) Glaubwürdigkeit ist das A und O des Journalismus. Und diese Glaubwürdigkeit ist mächtig unter Druck in Zeiten von Fakenews, aber auch von massiven handwerklichen Mängeln “etablierter” Medien. Aktuell hat der CDU-Landtagsabgeordnete Dr. Bernhard Lasotta (CDU) massive Kritik geübt – wegen “Sexismus pur”. Er meinte nicht die Bild, das hätte man verstanden, sondern den öffentlich-rechtlichen SWR. Der löschte die Aufnahme im kritisierten Bericht – doch als “Schnibi” (Schnittbild) taucht der sexistische Schwenk in einem anderen Bericht immer noch auf.
Von Hardy Prothmann
Es gibt Leute, die sagen mir nach, ich hätte “persönliche Rechnungen” offen und würde deshalb gegen diese oder jene Person schießen. Das ist und bleibt leider blöder Quatsch.
Diese Leute können sich nur nicht vorstellen, dass ich Haltungen habe, die ich vertrete. Dazu gehört auch der SWR-Intendant Peter Boudgoust, dem ich persönlich noch nie begegnet bin.
Den habe ich schon mehrmals angeschrieben – wegen mangelhafter journalistischer Qualität im Programm des SWR, beispielsweise, wenn der SWR beim Rheinneckarblog Infos klaut und diese als exklusive SWR-Information ausgibt. Herr Boudgoust hat mir darauf geantwortet. Leider sehr glatt, sehr arrogant von oben herab und ohne Einsicht.
Von hinten genommen
Aktuell ist der SWR “am Arsch” angelangt. Mit einem Kameraschwenk, der “eine Frau von hinten nimmt”. Angefangen bei den Fersen, über die Beine, den Hintern, den Rücken bis zum blonden Haar.
Die Frau kann sich sehen lassen.
Sie hat eine gute Figur (hängt zwar vom Auge des Betrachters ab, aber wir lassen das mal gerne als Kompliment so stehen).
Obszön begrapscht
Das Problem: Diese Frau wusste nicht, dass sie von hinten durch eine SWR-Kamera begrapscht worden ist. Sie ist Opfer ein obszönen Inszenierung.
Sie wusste nicht, dass sie als “Schnibi” (Schnittbild) einem großen Publikum “präsentiert” werden würde zum Thema “Änderung des Wahlrechts”, durch das mehr Frauen eine Chance auf einen Abgeordnetenplatz erhalten könnten, was aktuell einen Koalitionskrach zwischen Grünen und der CDU ausgelöst hat. Sie wusste nicht, dass der Schwenk von der Ferse bis zur Haarspitze als “Symbolbild” für “Abgeordnete” im Landtag herhalten sollte.
Sie hat zu keiner Zeit diese Öffentlichkeit gesucht oder sich damit einverstanden erklärt. Sie wurde benutzt
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Das weitere Problem: Diese Frau ist eine Angestellte im parlamentarischen Betrieb und wer sich im parlamentarischen Betrieb auskennt, erkennt diese Frau sofort – ohne dass ihr Gesicht gezeigt worden wäre. Aktuell hat es sie getroffen – es könnte auch jeden anderen Mitarbeiter treffen.
Das Thema – die CDU Baden-Württemberg hat die wenigsten weiblichen Abgeordneten – wurde “von hinten” als “Schnibi” in Szene gesetzt – inhaltlich falsch und verwerflich. Im SWR – nicht in der Bild oder einem anderen Boulevard-Medium.
“Sexismus pur”
Der CDU-Abgeordnete Dr. Bernhard Lasotta (CDU) ist der Frau sofort “beigesprungen”, nicht als Grapscher, sondern als couragierter Verteidiger. Laut Stuttgarter Nachrichten:
„Das geht gar nicht, das ist Sexismus pur“, schimpfte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion am Rand der Plenarsitzung am Mittwoch im Landtag.
Was war passiert? Zum Thema Wahlrechtsänderung und einer möglicherweise damit verbundenen Frauenförderung nahm die SWR-Kamera die CDU-Mitarbeiterin “in den Blick”. Mit einem voyeuristischen Schwenk, angefangen bei den Schuhen, über die Waden, den Hintern bis zu den blonden Haaren.
Beweisvernichtungsaktion
Unglaublich ist ein weiteres Detail aus den Stuttgarter Nachrichten:
Strautmann rechtfertigte sich mit dem Argument, die gefilmte CDU-Frau sei ja gar nicht zu erkennen. Zu sehen sei lediglich ein „Symbolbild“, das inhaltlich zu dem Beitrag passe, in dem es ja um die Diskussion um die Erhöhung des Frauenanteils im Parlament gehe.
Fersen, Waden, Hintern und blonde Haare als “Symbolbild”? Sowas passt “inhaltlich”? Habe die Ehre.
Nach der absolut berechtigten Kritik durch Herrn Dr. Lasotta, der einen Brief an den SWR angekündigt haben soll, setzte offenbar ein Funken Restverstand und dann die Selbstzensur ein und die Szene wurde sehr schnell aus diesem Video-Clip gelöscht. Nicht nur das, sogar aus der “Landesschau”-Sendung um 19 Uhr. Der SWR verhält sich damit ähnlich wie Kriminelle, die Spuren vernichten wollen, um Taten zu verbergen und natürlich keine Transparenz darüber herstellen.
Nur blöd, dass der Schwenk als “Schnibi” in einem Beitrag in der Sendung um 21:45 Uhr immer noch zu sehen ist. (6:29′) Das haben die Zensurverantwortlichen wohl übersehen.
Das freut mich nicht wirklich. Tatsächlich ist es doch von Vorteil: Ich hatte den Artikel in den Stuttgarter Nachrichten gelesen. Gab es diesen Schwenk? Das habe ich überprüft und es gab ihn nicht – zumindest konnte ich ihn nicht finden und auch keine Information über die Löschung. Ist er nun angeblich oder tatsächlich gelöscht?
Vielleicht behauptet das ja nur jemand – ein journalistisches Dilemma, wenn man faktenbasiert berichten will.
Löschaktion mit Lücken
Dann habe ich – auf Hinweis eines Lesers – den Schwenk (ist es derselbe? vermutlich schon) in der späteren Ausgabe der Landesschau entdeckt und konnte diese Information verifizieren (keine Ahnung, ob SWR-Reporter das Wort “verifizieren” kennen). 100 Prozent bin ich mir nicht sicher, dass es genau diese Szene ist, aber sicher genug, um das Thema zu problematisieren, denn die übergriffige Aufnahme ist dokumentiert und bei uns gesichert.
Ich werde Herrn Boudgoust keine weitere email schreiben, denn die bisherige Korrespondenz war erbärmlich. Er erfährt es eh und sitzt es aus. Ich nehme wir gerne viel zeit für Recherchen, aber ich verschwende ungern Zeit.
Herr Boudgoust hat nicht registriert, dass ich über zwölf Jahre für viele ARD-Anstalten gearbeitet habe, auch für den SWR. Er hat nicht registriert, dass Kritik eine Art Qualitätskontrolle ist. Herr Boudgoust lässt es laufen – von der Ferse, über die Waden, den “Arsch” bis zu den blonden Haaren. Seine Verantwortung, der er schweigend “nachkommen” wird.
Nur blöd, dass dieser Artikel dokumentiert, dass Herr Boudgoust es in Kauf nimmt, mit “dem geschwenkten Arsch” in Verbindung gebracht zu werden. Solange es nicht über den dpa-Ticker läuft, wird Herr Boudgoust das aushalten. Die Zeitungen werden schweigen – das Netz nicht.
Löschen hat was von Gott
Er lässt es zu, dass klammheimlich gelöscht wird. Er ist damit einverstanden, dass massive Fehler nicht intern aufgearbeitet und extern kommuniziert werden. Das kann er so machen – Herr Boudgoust ist der Intendant des SWR und damit so etwas wie Gott – auch bei der Zensur. Gott entscheidet, wann es Licht wird.
Herr Boudgoust kann auch seine letzten Tage bis zur üppigen Pension zählen und sich sagen: “Nach mir die Sintflut.” Kann er als Gottgleicher machen.
Ich darf ganz bescheiden fragen, welche Verantwortung er trägt? Welche journalistischen Standards er definiert und welche gesamtverantwortliche Haltung er einnimmt? Doch was interessiert einen Gott das?
Herr Boudgoust kann dann meinen, dass “irgendwelche Blogs” (Originalton) unter dem Radar von SWR-Redakteuren sind (die aber gerne bei uns abgreifen). Kann er machen.
Vernichtung der journalistischen Glaubwürdigkeit
Herr Boudgoust muss sich aber nicht wundern, wenn immer mehr Gebührenzahler stinksauer sind und werden. Er muss ich auch nicht wundern, wenn immer mehr Menschen sich vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk abwenden. Er muss sich auch nicht wundern, wenn das hohe Gut von verantwortlichem Journalismus als in diesem Fall zutreffend “Zensurmedien” in die Kritik gerät.
Auch Journalisten und Medienbetriebe machen Fehler. Passiert. Aber statt klammheimlich zu löschen, ist die Pflicht zur Dokumentation notwendig – egal, wie weh das tut. Herr Boudgoust ist absolut schmerzbefreit.
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Fehler beschädigen die Glaubwürdigkeit, also das A und O des Journalismus. Schlimm genug.
Vertuschung hingegen wirkt wie die Omertá (Schweigegelübde) der Mafia.
Wenn Journalismus als kriminelle Vereinigung erkannt wird, muss sich niemand wundern, wenn andere extreme Kräfte sich dagegen wehren und zunehmend Erfolg haben. Oder Medien auftreten, die von Mafiabanden finanziert werden und bei der ersten Kritik entgegenhalten: “Guck Dich mal selbst an.” Da kann man nichts mehr entgegensetzen.
Den sexistischen Schwenk sehen Sie hier in der Landesschau – bis der SWR diesen kommentarlos auch hier gelöscht haben wird, weil der Pate Boudgoust das so anordnet oder einen Wink gibt, damit das mit ihm nicht in Verbindung gebracht werden kann.
Anm. d. Red.: Wir haben weder Lust noch Laune, die Dame erneut zu beschämen. In der Abwägung zwischen öffentlichem Interesse und Dokumentationspflicht der Wahrhaftigkeit machen wir eine Grätsche, die sehr weh tut. Unser Ausschnitt identifiziert die Dame nicht, sondern fokussiert die zunehmend boulevardeske Orientierung des SWR. Die Autorennamen sind bewusst im Bild – denn die haben den Beitrag gemacht und sollten dazu stehen. Möglicherweise mit einer öffentlichen Entschuldigung – die Hoffnung stirbt zuletzt.
Wir machen uns mit unserer klaren Haltung nicht eben viele Freunde. Der SWR wird von uns nichts mehr kaufen, weil er mit Kritik nicht umgehen kann. Sie wollen unsere Arbeit honorieren? Sie wollen einen unabhängig-kritischen Journalismus möglich machen? Dann zahlen Sie gerne per Selectyco oder via Paypal einen von Ihnen festgelegten Betrag. Besten Dank vorab! Jeder Überweiser erhält eine Rechnung – bitte beachten Sie, dass Sie bei Paypal-Beiträgen unter zwei Euro uns keinen Gefallen tun: Da legen wir wegen der Verwaltungskosten “gesetzlich” drauf. Dann melden Sie sich lieber bei Selectyco an und zahlen für einzelne Artikel. Sie können auch gerne einen Rheinneckarblog-Plus-Pass mit mindestens 60 Euro bezahlen und erhalten dann pauschal Zugriff auf alle gebührenpflichtigen Artikel. Gleichzeitig sichern Sie uns notwendige Einnahmen. Besten Dank.