Mannheim/Rhein-Neckar, 25. November 2015. (red) Die Mannheimer Morgen Großdruckerei und Verlag GmbH ist juristisch gegen einen unserer Texte vorgegangen. Wir hatten am 14. Dezember über eine Auswertung von Leserbriefen im MM zum Thema Bundesgartenschau berichtet. Am 13. Januar hat uns der Verlag abgemahnt, am 15. Mai wurde beim Landgericht Mannheim Klage eingereicht. Am 26. November, 14 Uhr, ist mündliche Verhandlung.
Von Hardy Prothmann
Der Verlag der Tageszeitung Mannheimer Morgen klagt gegen zwei Sätze eines Artikels, der eine Auswertung von Leserbriefen zum Thema BUGA zum Inhalt hat. Nach unserer Auswertung hat sich ergeben, dass Leserbriefe im Zeitraum Januar 2014 bis Anfang Dezember 2014 im Verhältnis 6:1 Kontra-Pro-BUGA veröffentlicht worden sind. Die Zeitung meint nun, wir würden Falschbehauptungen aufstellen. Wir wurden abgemahnt, haben aber keine Unterlassungserklärung abgegeben – am Donnerstag ist nun Verhandlung in der Causa.
Ursprünglich hatte der Verlag vier weitere Texstellen abgemahnt, unter anderem diese:
Dass sich die Zeitungsredaktion auch nicht scheut, eine „öffentliche Hinrichtung“ vorzunehmen, musste der BUGA-Befürworter Professor Hans-Peter Schwöbel (SPD) erleben.
Anscheinend war man sich aber nicht sicher, ob man dagegen vorgehen kann. Übrig geblieben sind 17 Wörter in zwei Sätzen, gegen die man vorgeht – in einem Artikel von 1.705 Wörtern. Alle weiteren Schilderungen und Schlüsse des Artikels wurden nicht angegriffen.
Prozesskostenrisiko weit über 6.000 Euro
Das Prozesskostenrisiko liegt bei 6.100 Euro plus weiterer Kosten, weil unser Anwalt aus Berlin anreist. Für uns ist das eine existenzielle Bedrohung – dieser Betrag ist weitaus höher als unser monatliches Budget für Honorare und Lohnzahlungen.
Wir sind ein kleines Start-up, beschäftigen aktuell vier sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter sowie sechs freie Mitarbeiter. 2015 ist das erste Jahr nach Gründung Mitte 2009, in dem wir durchweg schwarze Zahlen geschrieben haben. In das Projekt sind erhebliche eigene Mittel im hohen fünfstelligen Bereich geflossen. Wir haben keine Kredite aufgenommen und keinen Investor.
31 Abmahnungen in 6 Jahren
Seit 2009 wurden wir insgesamt 31 Mal abgemahnt. Ein Mal haben wir verloren, zwei Mal mussten wir uns vergleichen, den Rest haben wir gewonnen oder die gegnerische Seite hat zurückgezogen. Insgesamt hat uns das in Summe mehr als 30.000 Euro gekostet – obwohl wir die meisten Angriffe erfolgreich abwehren konnten, bleiben Kosten für die juristische Beratung. Das Geld hätten wir lieber für die Bezahlung journalistischer Arbeiten verwendet.
Aktuell sind zwei Fälle offen. In dem anderen Fall verklagt uns eine Person, weil wir angeblich zu Unrecht ein Bild veröffentlicht haben. Dieser Fall könnte bundesweit Schlagzeilen machen. Wir werden zu gegebener Zeit berichten.
Wir bitten um Unterstützung
Wir bitten Sie, unsere Leserinnen und Leser, uns finanziell zu unterstützen, um die Kostenlast für uns abzudämmen.
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Der Prozess belastet unser redaktionelles Budget – die Kosten fehlen der Redaktion, das bedeutet weniger Berichte, weniger guten Journalismus. Wenn Sie uns unterstützen, können wir das in der Höhe der Spenden auffangen. Wir arbeiten für die Öffentlichkeit, damit sich Menschen eine Meinung bilden können. Dabei arbeiten wir so korrekt wie möglich – Fehler sind nie auszuschließen und da wir uns nicht nur „Freunde“ machen, kann jeder Satz einen Rechtsstreit nach sich ziehen. Die Meinungsfreiheit ist zwar grundgesetzlich geschützt, aber juristisch immer angreifbar, wenn jemand andere Rechte verletzt sieht.
Prominente Gegner
Wir berichten engagiert, mit hohem Aufwand und immer wieder greifen wir Themen auf, die andere sich nicht trauen zu berichten. Ende August hatte uns beispielsweise auch der Mannheimer Sänger Xavier Naidoo abgemahnt, weil wir zum Ausgang einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen ihm und der Amadeu Antonio Stiftung berichtet hatten. Wir haben auch hier keine Unterlassung unterzeichnet, eine Klage ist bislang nicht eingegangen.
Prominentester Gegner war bislang der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele. Unsere Berichterstattung ist bundesweit unter dem Schlagwort „Fischfutter-Affäre“ von vielen Medien, darunter überregionale Zeitungen und NDR, aufgegriffen worden. Damals hatten wir rund 2.300 Euro an Spenden einsammeln können, daraus die juristischen Beratungskosten bezahlt und 1.000 Euro an „Journalisten helfen Journalisten“ gespendet.
Auch in diesem Fall möchten wir so verfahren. Wir bitten Sie um eine Spende, damit wir unsere Kosten decken können. Wir informieren Sie regelmäßig über die Summe der eingegangenen Spenden. Sollte Geld übrig bleiben, werden wir dieses an „Reporter ohne Grenzen“ spenden, die sich weltweit um bedrohte oder in Not geratene Journalisten kümmern.
Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand
Wir haben der Zeitung angeboten, eine Gegendarstellung einzureichen und zu veröffentlichen. Darauf ist die Zeitung nicht eingegangen. Weiter scheint aus Sicht der Zeitung der gesamte Rest der Berichterstattung nicht angreifbar zu sein – sonst hätte sie das wohl längst getan.
Wir, die Redaktion und unser Rechtsbeistand, halten die Sätze für Meinungsäußerungen – ob die Richter das auch so erkennen, werden wir morgen im Prozess erfahren.
Die Verhandlung ist öffentlich. Landgericht Mannheim, A1,1, Sitzungszahl 7, EG, 14 Uhr.
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