Mannheim/Rhein-Neckar, 25. November 2014. (red/pro) Halleluja heißt das neue Stück am Rhein-Neckar-Theater – Halleluja möchte man ausrufen, wenn man das furiose Stück erlebt. Ein rockiges Musical mit einer turbulenten Story und haufenweise böser Spitzen gegen Künstler, Politiker, Prominente gegen Staat, Kirche und Gesellschaft. So “phantastisch” das Stück, so beeindruckend sind die Masken – insbesondere die von Luzifer. Das Schauspiel ist großartig, die Stimmen sowieso und die Bühne reicht bis ins Publikum hinein.
Von Hardy Prothmann
Die Kurzfassung: Der Plan ist teuflisch und er wird gelingen. Luzifer kauft den Erzengeln Michael, Gabriel und Raphael mit “Exklusivverträgen” deren Seelen ab. Als die drei Hüter(innen) des himmlischen Vorzimmers ihre Misere bemerken und klar ist, dass sie “nach unten” müssen, erklärt ihnen der Teufel leibhaftig, wie dumm sie sind. Als willenlose Himmelswesen sind sie überhaupt nicht vertragsfähig – denn ein Vertrag ist eine Willenserklärung, wer keinen Willen hat, kann auch nichts erklären. Ein turbulenter Spaß voller Ernst und Ironie. Ein mitreißendes Musical voller Empathie und Spielfreude. Ein Abbild der Gesellschaft zwischen beißendem Spott und hoffnungsvoller Liebe. Großes Theater über eine teuflische Wette und vielen göttlichen Wendungen. Mit Halleluja gelingt Intendant und Hauptdarsteller Markus Beisel ein Stück über Tollheiten zwischen Himmel und Hölle – und alles dreht sich um “diese Menschen” auf der Erde.
“Der Teufel steckt bekanntlich im Detail” – und das Stück platzt davon. Fast jeder Satz ist eine Anspielung. Ob Seehofer, Naidoo, Heino, Finanzbeamte, Politessen, Versicherungsvertreter, Saarländer oder Heppenheimer. Markus Beisel piekst sie alle mit seinem feinen Spott, der manchmal auch derb ist.
Gesangsduell, Hingucker, Philosophie
Die hypochondernde Gesellschaft personifiziert Erzengel Raphael, hervorragend gespielt von Melanie Haag. Die göttliche Empfangsstation wird von einer hinreißend komischen Irena Moser-Müller als Erzengel Gabriel verkörpert. Marion La Marché poltert und brummelt als Erzengel Michael und Leiter des himmlischen Büros durch das Stück – zänkisch bis zum Anschlag. Im buhlenden Gesangsduell mit Markus Beisel in seiner ersten Rolle als Luzifer muss dieser sich ganz schön strecken, um die Frage zu lösen “Wer ist der Boss?”. Tolle Leistung von Beisel, aber im echten Leben würde La Marché ihn in Grund und Boden singen – im Stück gewinnt der Teufel.
Wer sich in die Stücke des Rhein-Neckar-Theaters eindenkt, erkennt typische Topoi wie ein “buchgeführtes Leben” durch Aktenordner, das über ein Sekretariat am Schreibtisch verwaltet wird. Über Telefone wird die Bühne in jeden denkbaren Raum erweitert und sei es der Himmel. Das Bühnenbild ist minimalistisch, aber höchst effektiv. Die Kostüme müssen natürlich glitzern, die Perücken sind Kunstwerke und die Masken der Hammer – vor allem Luzifer ist der absolute Hingucker.
Markus Beisel schreibt aus dem Leben ab, verdichtet es zu Fragen von Toleranz, Liebe, Hingabe, Glauben und Willen – man kann das fast philosophisch nennen. Das Publikum ist gebannt, lässt sich verführen. Erlebt 15 Musikstücke, geht mit, lässt sich animieren. Seine drei Mitspielerinnen überzeugen durch wirklich tolle Stimmen und leidenschaftliches Spiel.
Der zweite Teil ist deutlich flotter als der erste, die Pointen könnten noch etwas feiner herausgearbeitet werden. Danilo Fioriti ist trotzdem eine sehr gute erste Regiearbeit gelungen. Wer Theater mag, muss dieses Stück sehen, weil man sonst was verpasst hat.