
Infoveranstalter für Betreuer:“Ein Ehrenamt, das keiner kennt“. Quelle: Flyer des Betreuungsvereins “Ludwigshafen im Diakonischen Werk Pfalz e.V.
Ludwigshafen/Rhein-Neckar, 25. Oktober 2012. (red/ae) Das Ehrenamt des Betreuers ist unbekannt und weckt in vielen Menschen falsche Vorstellungen. Oft wollen Menschen keine Betreuung aus Angst vor Entmündigung. Viel zu wenig ist über das Ehrenamt bekannt. Deswegen erklärte sich Ralf Sattler im Rahmen der Demografie-Woche am 17. Oktober 2012 zu einer Informationsveranstaltung für Betreuer, und solche die es noch werden wollen, mit dem Titel “Ein Ehrenamt, das keiner kennt” bereit.
Von Alina Eisenhardt
Ich überlege schon lange, mich ehrenamtlich zu engagieren. Warum eigentlich nicht als Betreuer?
So beginnt der Diplom-Sozialpädagoge Ralf Sattler seine Präsentation. Er selbst wurde durch das Anerkennungsjahr seiner Ausbildung auf das Amt des Betreuers aufmerksam. Mittlerweile arbeitet er hauptberuflich als Betreuer seit der Gründung 1998 für den Betreuungsverein “Ludwigshafen im Diakonischen Werk Pfalz e.V.”. “Es war ein Bereich der mich interessiert hat”, so Ralf Sattler.
Mit dem Begriff Betreuer sind viele Fragen verbunden: Was macht ein ehrenamtlicher Betreuer eigentlich? Wer entscheidet, wann eine Betreuung notwendig und wann sie sinnvoll ist? Welche rechtlichen Entscheidungen hat ein Betreuer zu treffen? Welche Eigenschaften sollte ein Betreuer mit sich bringen und wie viele ehrenamtliche Betreuer gibt es in Ludwigshafen schon?
Was ist ein Betreuer?
Das Problem bei dem Begriff “Betreuer” ist, dass es ein sehr uneindeutiger, schwammiger Begriff ist. Nicht selten hält man Betreuer für Haushaltshilfen. Das trifft aber definitiv nicht zu. Was macht ein Betreuer dann? Laut dem § 1901 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist die Pflicht eines Betreuers folgend beschrieben:
- Die Betreuung umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen.
Fälschlicherweise glauben viele, dass dem zu Betreuenden die Mündigkeit abgesprochen wird und der Betreuer folglicherweise ein Vormund ist. Die Geschäftsfähigkeit des zu Betreuenden bleibt aber die ganze Zeit erhalten. Der Betreute wird also nicht entrechtet. Deswegen darf ein Betroffener auch keine Betreuung erhalten, falls er diese nicht tatsächlich wünscht. Am 24. Oktober feierte das Betreuungsrecht übrigens sein zwanzigjähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass fand im Amtsgericht Ludwigshafen eine Jubiläumsveranstaltung statt.
Wann ist ein Betreuer sinnvoll?
Wenn ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder durch eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung in seinen Angelegenheiten ganz oder teilweise eingeschränkt ist, dann kann vor dem Betreuungsgericht ein Antrag auf einen Betreuer gestellt werden.
Dies kann durch den Betroffenen selbst geschehen, oder als Anregung an das Betreuungsgericht durch Verwandte, Nachbarn etc. Das Gericht beauftragt dann einen Gutachter, der feststellt, ob die Erkrankung zur Betreuungsnotwendigkeit führt.
Aufgaben des Betreuers
Hauptsächlich ist das Ehrenamt eine rechtliche Betreuung. Ein Betreuer kümmert sich um Finanzen, stellt Anträge bei Behörden, kommuniziert mit Vermietern und Versicherungen. Er setzt Rechtsansprüche durch und kümmert sich um die medizinische Versorgung.
Selbstverständlich muss der Betreuer dabei eine persönliche Basis zu dem Betreuten haben. Nur so kann er nach seinen Wünschen handeln, denn das ist die oberste Priorität eines Betreuers. Er soll das Leben des Betreuten nach dessen eigenen Fähigkeiten und Wünschen gestalten und wichtige Angelegenheiten immer mit diesem absprechen. Die Betreuung soll ausschließlich dem Wohl des Betreuten dienen.
Ich will Betreuer werden
Wenn Sie sich überlegen Betreuer zu werden, dann können Sie sich entweder an eine Betreuungsbehörde oder an einen Betreuungsverein wenden. Die Betreuungsbehörde ist dafür zuständig, Sozialgutachten für Gerichte zu erstellen und ehrenamtliche Betreuer zu beraten.
Betreuungsvereine betreuen Interessenten indem sie sie beispielsweise durch eine Qualifikationsreihe in das Ehrenamt einführen, sie zu Fragen rund um das Thema beraten und sie begleiten, wenn es im Privatleben mal “eng” wird. Wenn ein Betreuer mal nicht weiter weiß, dann sind die Betreuungsvereine die Ansprechpartner.
Wer darf Betreuer werden
Sinngemäß dem §1897 des BGB kann jede nätürliche Person vor dem Betreuungsgericht zum Betreuer bestellt werden, der in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich betreuen kann.
Toleranz, Einfühlsamkeit, Geduld, Belastbarkeit und Verantwortungsbewusstsein sollte aber jeder Betreuer dennoch mitbringen.
“Verstärkung wird dringend gesucht, da zwar viele ehrenamtlich arbeiten wollen, aber die Verantwortung des Betreuers viele abschreckt. Oft lassen sich in Betreuungsvereinen Personen beraten, die bereits Betreuer sind. Deswegen haben wir jährlich nur einen durchschnittlichen Zuwachs von ein bis zwei Leuten.”, erklärt Sattler.
Die Verantwortung des Betreuers schreckt also Menschen schnell ab. Die negativen Seiten scheinen zu überwiegen. “Was habe ich davon?”, stellen viele sich die berechtigte Frage. Ralf Sattler weiß eine Antwort darauf:
Da man für seinen Schützling viel erkämpfen muss, ihm hilft, wenn niemand anderes ihm mehr helfen kann, wächst man an den Herausforderungen. Man steht für die Rechte eines Menschen ein, der es selbst nicht kann. Oft wird man dafür bewundert. Man verdient sich Respekt.
Wenn man einmal an sich und seiner Tätigkeit zweifelt, muss man sich eins vor Augen führen: Man ist manchmal der einzige Mensch, den der Betreute hat. ”Und spätestens dann, wenn Sie erlebt haben, wie stolz ein Betreuter Sie (zum Beispiel auf einem Fest in seinem Wohnheim) vorstellt, wissen Sie wieder, warum Sie Betreuer sind”, schließt Ralf Sattler seinen Vortrag lächelnd ab.