Heidelberg/Mannheim, 25. Juni 2018. (red/pro) Am 06. Juni klaute ein angeblich 15-jähriger Marokkaner in Heidelberg unter anderem den Rucksack der AfD-Stadträtin Anja Markmann aus deren Fahrradkorb. Mittels Ortung des Iphones gelang der Polizei die Festnahme des bereits polizeibekannten Tatverdächtigen. Es ist einer der “Problem-UMAs”, die eigentlich gar nicht mehr hier sein dürften. Doch über die Hintergründe des Zugriffs wird nicht berichtet – weil ein Opfer AfD-Politikerin ist? Protokoll eines Krimis.
Von Hardy Prothmann
Am 11. Juni informieren Polizeipräsidium Mannheim und Staatsanwaltschaft Heidelberg über eine erfolgreiche Festnahme:

AfD-Stadträtin Anja Markmann (58) führte die Polizei per Handy-Ortung zum Täter. Foto: Anja Markmann
“Der 15-jährige ist dringend tatverdächtig, am 06.06.2018 zwischen 15 und 15.30 Uhr aus dem Fahrradkorb einer 21-jährigen Heidelbergerin deren Rucksack samt Inhalt gestohlen zu haben. Die Radfahrerin war zu diesem Zeitpunkt auf der Berliner Straße in Heidelberg unterwegs. Im Rucksack befanden sich Bargeld, ein Smartphone und ein Laptop im Gesamtwert von 500 Euro.
Im Anschluss soll der Verdächtige einer 58-jährigen Frau deren Rucksack samt Inhalt aus dem Fahrradkorb entwendet haben. Die Frau war mit ihrem Fahrrad im Neuenheimer Feld unterwegs. In dem Rucksack befanden sich u.a. ein Geldbeutel und ein Smartphone im Wert von mehreren hundert Euro.
Gegen 15.45 Uhr soll der Beschuldigte in der Brückenstraße einer 18-Jährigen den Rucksack samt Inhalt von der Schulter gerissen haben, um sich diesen anzueignen. Die Frau verfolgte den Beschuldigten. In der Folge wurde er von einem Auto aufgehalten, dass ihm den Weg versperrte, worauf er sich seiner Beute entledigte und seine Flucht fortsetzte.”
AfD-Städträtin ortet Tatverdächtigen
Der zweite Fall ist der der AfD-Stadträtin Anja Bergmann. Diese war mit dem Fahrrad von der Berliner Straße Richtung Neuenheim unterwegs:
Als ich vor einem Supermarkt angehalten habe, weil ich noch Wasser kaufen wollte, war mein Rucksack weg. Auch eine andere Frau berichtete, dass ein oder zwei Kerle ihr die Tasche aus dem Fahrradkorb klauen wollten, sie bemerkte das aber und die ließen die Tasche fallen.
Frau Markmann fuhr die Strecke zurück, konnte aber ihren Rucksack nicht ausfindig machen:
Diese Suche brachte nichts, also bin ich zur Polizei. Dort fragte ich, ob die mein Handy orten könnten, aber das dürfen die nicht so einfach.
Zuhause angekommen schnappt sich die Tochter das Ipad und ortete das Mobiltelefon. Es bewegte sich in Mannheim-Seckenheim. Frau Markmann informierte die Polizei. Ein Polizeiobermeister dirigierte drei Streifenwagen nach den Positionsangaben des Telefons:
Das war nicht konstant und hüpfte immer mal. Es war also unklar, ob es in einer Straßenbahn, einem anderen Verkehrsmittel oder zu Fuß unterwegs war. In K5 schließlich konnten die Beamten den Täter aufspüren.
Zugriff in den Quadraten
“Der 15 Jahre alte Jugendliche wurde anschließend kurz nach 17.30 Uhr in Mannheim, nahe dem Quadrat K5, von Beamten des Polizeireviers Mannheim-Innenstadt kontrolliert. Vor der Kontrolle war der Jugendliche aus einem Gebüsch gekommen. In diesem fanden die Beamten Diebesgut, welches den ersten beiden Taten zugeordnet werden konnte. Der 15-Jährige wurde daraufhin vorläufig festgenommen”, teilten die Behörden mit.
“Es handelt sich um einen jugendlichen männlichen Flüchtling aus Marokko, der in Mannheim polizeilich bekannt ist und bis Ende Mai Stadtverbot hatte. Der Fall zeigt, dass die Polizei gegenüber den jugendlichen Straftätern aus Mannheim machtlos ist. Trotz des hohen polizeilichen Aufwands mit den kriminellen Flüchtlingen, gibt es bisher keine effektive Maßnahme zu ihrer Bekämpfung. Der besagte Flüchtling ist nach Ablauf seines Stadtverbots einfach wieder als Wohnungsloser in die Stadt Mannheim zurückgekehrt”, teilte die AfD Heidelberg am 08. Juni mit.
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Auf Nachfrage bestätigt Polizeisprecher Norbert Schätzle:
Es ist richtig, dass gegen den Tatverdächtigen ein Aufenthaltsverbot für das Stadtgebiet Mannheims ausgesprochen worden war. Diese Aufenthaltsverbot haben eine Gültigkeit von drei Monaten. Bei dem Tatverdächtigen ist dieses Aufenthaltsverbot seit Ende Mai außer Kraft.
Durch unsere Recherche zeigt sich, wie brisant der Fall ist. Wo sich der Tatverdächtige nach seiner “Ausweisung” aus Mannheim tatsächlich aufgehalten hat, weiß niemand. Nur, dass er nicht dort war, wo er eigentlich sein sollte. Die Polizei teilt mit:
Wir gehen wir aus, dass der Tatverdächtige bundesweit mobil war.
Tatverdächtiger in Flensburg bei unerlaubter Einreise erwischt
Für diese Annahme gibt es einen eindeutigen Beleg: Am 30. Mai 2018 wurde der Tatverdächtige von der Bundespolizei Flensburg bei der unerlaubten Einreise aus Dänemark festgestellt und erkennungsdienstlich behandelt. Sie lesen das richtig – der in Deutschland lebende, angeblich 15 Jahre alte Marokkaner war nach Dänemark gereist und von dort zurück nach Deutschland. Sechs Tage später begeht er mindestens drei Diebstähle in Heidelberg und wird nur durch die Mitwirkung einer Bestohlenen gefasst, die privat ihr Mobiltelefon orten konnte und damit die Polizei zum mutmaßlichen Täter führte.
Von 23 überprüften Personen haben 22 beim Alter gelogen – sie sind älter als angegeben
Zu Jahresbeginn gelang es der Polizei, über marokkanische Behörden Personenfeststellungen vorzunehmen. Nach unseren Informationen ist der Hintergrund, dass einzelne Beamte beim BKA einen “guten Kontakt” nach Marokko haben – institutionalisiert sind die Auskünfte wohl nicht.
“Gegen insgesamt 59 Personen wurden Personenidentifizierungsverfahren eingeleitet. Bislang liegen 23 Rückmeldungen vor. Bei 22 von ihnen stimmte das angegebene mit dem tatsächlichen Alter nicht überein”, teilt Norbert Schätzle dem RNB auf Anfrage mit.
Beim Verhältnis 22:1 (96 Prozent falsche Angaben) kann man nach Einschätzung des RNB davon ausgehen, dass dieses nur unwesentlich anders wäre, wenn man alle Überprüfungen schon hätte. Selbst wenn alle sonstigen Altersangaben zuträfen, hätten immer noch knapp 38 Prozent gelogen und sich damit einen besonderen staatlichen Schutz durch Inobhutnahme sowie eine mildere strafrechtliche Verfolgung erschlichen.
Bundesweit gibt es eine Debatte über Altersfeststellungen – wie dringend diese ist, sieht man an den Mannheimer Erkenntnissen.
Problem nicht gelöst, sondern nur (bundesweit) verdrängt
Insgesamt 15 unbegleitete (angeblich) minderjährige Ausländer wurden als “Systemsprenger” Februar und März aus Mannheim verbracht. Wo diese jetzt sind, weiß man nicht, solange sie von der Polizei nicht kontrolliert werden. Einige von ihnen kamen anfangs mehrfach nach Mannheim zurück und wurden anschließend wieder in die jeweilige auswärtige Einrichtung gebracht.
Viele der in andere Einrichtungen gebrachte UMAs hielten sich, wenn überhaupt, nur kurz in diesen auf. Entweder kehrten sie anfangs, zum Teil mehrfach nach Mannheim zurück oder gelten seither als vermisst/untergetaucht,
teilt Herr Schätzle mit. Übersetzt heißt das: In Mannheim hat man das Problem nicht gelöst, sondern nur verdrängt.
Eine weitere Erkenntnis ist: Nachdem die kriminellen UMAs gelernt haben, dass sie “in Obhut” nicht mehr sicher vor der Polizei sind, schlagen sie sich als Wohnsitzlose durch. Aber auch sie müssen schlafen und sich waschen – offenbar gibt es genug andere Möglichkeiten, als in für sie kostenlosen Einrichtungen der Jugendhilfe. Offenbar “verdient” man genug durch kriminelle Aktivitäten, um den Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.
Im polizeilichen Alltag findet ein Informationsaustausch mit anderen Dienststellen nur dann statt, wenn die UMAs woanders wieder polizeilich in Erscheinung treten und Kontakt der sachbearbeitenden Dienststelle im Haus des Jugendrechts gesucht wird:
Darüber hinaus erhalten wir Informationen über die UMAs, die eine Fahndungsnotierung in den polizeilichen Auskunftssystemen z.B. Aufenthaltsermittlung, Festnahme usw. haben oder sobald unsere Ermittler eigenständig im Rahmen eines Verfahrens die Personen in den Systemen nochmals überprüfen.
Heißt: Solange sie nicht erwischt werden, weiß man nicht, wo sie sind und welche Straftaten sie begehen.
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Nach RNB-Informationen treten die angeblichen UMAs immer aggressiver auf, denn sie wissen, dass sie nicht mehr so leicht davonkommen. Integration findet bei diesen Personen überhaupt nicht statt. Sie verfügen über ein beachtliches Netzwerk deutschlandweit, sind hochmobil und massiv kriminell. Sollten die von vielen Politikern geforderten “Abschiebungen” tatsächlich umfangreicher werden, wird auch dies nach unserer Einschätzung den Druck erhöhen und daraus wird eine höhere Aggressivität folgen, um sich Festnahmen zu widersetzen – auch mit Waffen.
Für Heidelberg sorgt sich die AfD-Stadträtin Markmann derzeit:
Jetzt sollen alle UMAs in Baden-Württemberg wegen der Altersfeststellung nach Heidelberg ins Patrick Henry Village kommen. Ich glaube nicht, dass die nur kurz hier sind und mache mir deshalb Sorgen – insbesondere, weil ich ja jetzt selbst Opfer geworden bin.
Immerhin: Ihren Rücksack und das Mobiltelefon hat sie wieder. Rund 50 Euro Bargeld, eine Einkaufskarte sind weg und die anderen Karten musste sie sperren und neu ausstellen lassen. Den Geldbeutel hatte jemand in der Berliner Straße gefunden und abgegeben.
Immerhin ist ein hochmobiler “Jugendliche” jetzt in Haft. Wenn sein Alter nicht durch Datenabgleich festgestellt werden kann, sondern nur durch eine medizinische Untersuchung, wird auch bei ihm “im Zweifel für den Angeklagten” das niedrigste Alter angenommen – er könnte also nach kurz Zeit wieder auf freiem Fuß sein.
Hinweis der Redaktion: Soweit uns bekannt, berichten wir den Vorfall exklusiv, die weiteren Rechercheergebnisse sind wie so häufig beim RNB absolut exklusiv.
Frau Markmann hatte allerdings nach eigener Aussage an sehr viele Medien “ihren” Fall per Pressemitteilung berichtet, der von der Tat her – Diebstahl aus Fahrradkorb – schon fast “normal” ist (über 800 Fälle im Bereich PP Mannheim in 2017), aber vom Ergebnis her sehr ungewöhnlich. Denn eine erfolgreiche Fahndung durch private Handy-Ortung, die der Polizei den Weg zum Täter zeigt, ist außergewöhnlich.
Warum andere Medien nicht berichten, ist uns nicht bekannt – möglicherweise, weil es sich bei einem Opfer um eine AfD-Stadträtin handelt. Das allerdings wäre mindestens so fatal wie Vorwürfe, dass über gewisse Tätergruppen nur lückenhaft oder gar nicht berichtet wird. Oder möchten manchen Zeitungen und andere Medien verschweigen, dass das Problem mit kriminellen, angeblichen “UMA” noch längst nicht gelöst ist? Viele brachten die Polizeimeldung, aber nicht die Hintergrundstory. Oder hängt es einfach an mangelhafter Recherche oder wenig Zeit und Können für Recherche? Tipp: Achten Sie auf solche Meldungen und die Quellenangaben. Häufig werden Polizeimeldungen einfach nur umgeschrieben und es wird so getan, als sei das eine eigene redaktionelle Leistung – tatsächlich ist es das nicht.
Möglicherweise hängt das auch damit zusammen, dass eine regionale Zeitung und die AfD nicht “so gut” miteinander können. Vor kurzem verlor die Zeitung einen Rechtsstreit gegen die AfD vor dem Landgericht Heidelberg. Die Zeitung wollte erreichen, dass ein AfD-Politiker gewisse Aussagen nicht wiederholen darf. Wir berichten dazu in den kommenden Tagen.
Weiterer Hinweis: Warum berichtet RNB erst jetzt? Weil wir zunächst keine Kenntnis von der Betroffenheit der AfD-Stadträtin hatten. Dann wurde recherchiert, dann die Polizei angefragt und weitere Recherchen unternommen. Die Polizei brauchte etwa eine Woche für die Antwort, was von unserer Seite kein Vorwurf ist. Wir haben ohne Zeitdruck angefragt und vergangene Woche war halt viel zu tun für die Polizeipressestelle.