Mannheim, 24. März 2015. (red/ms) Mehmet C. hat bei der Massenschlägerei im Jungbusch im Juni 2014 Schüsse abgefeuert. Verletzt wurde dabei niemand – aber einer der Schüsse schlug auf Kopfhöhe in einem Fenster ein. Gab es eine Tötungsabsicht? Wie fahrlässig war das Handeln des Angeklagten? Vor Gericht erläuterte ein Sachverständiger am Dienstag, welche Rückschlüsse man aus den abgefeuerten Projektilen ziehen kann.
Von Minh Schredle
Am 13. Juni 2014 wurde im Jungbusch scharf geschossen. Dabei schlug ein Projektil auf 1,84 Meter Höhe in den Rolladen eines Internetcafès ein und zertstörte die Fensterscheibe dahinter. Aus den Einschusslöchern und einer Untersuchung des Projektils könne man die Schussbahn berechnen, sagte ein Sachverständiger am Dienstag vor Gericht aus.
Daraus könne man rekonstruieren, dass der Schütze den Schuss aus etwa acht Metern Entfernung abgegeben haben muss – vorausgesetzt er feuerte aus einer Höhe von etwa 1,60 Meter ab. Die Schussbahn habe einen Anstieg von etwa fünf Grad, erklärte der Sachverständige. Wenn der Schütze die Waffe beim Feuern also höher gehalten hat, müsse er näher am Rollladen gestanden haben.
Auf Nachfrage des Verteidigers Jochen Hoos, erläuterte der Sachverständige, man könne in diesem Fall keine gewissen Angaben machen, von wo aus die Waffe abgefeuert worden ist. Es gebe ein variables Spektrum, das möglich wäre. Die 1,60 Meter Höhe habe er „einfach angenommen, weil es dem Durchschnitt entspricht“. Zu der tatsächlichen Höhe gebe es aber keine sicheren Anhaltspunkte, die man als Berechnungsgrundlage verwenden kann, sagte er.
Wie treffsicher ist ein ungeübter Schütze?
Staatsanwalt Reinhard Hofmann erkundigte sich, wie treffsicher ein ungeübter Schütze auf eine Distanz von etwa acht Metern ist. Der Angeklagte hatte an vorherigen Verhandlungstagen ausgesagt, er habe noch nie zuvor eine Schusswaffe gebraucht, aber er hätte gezielt zwischen den Leuten vorbeigeschossen, um diese abzuschrecken.
Den Angaben des Sachverständigen zufolge könne man hierzu keine seriösen und verlässlichen Angaben machen. Es sei zwar unwahrscheinlich, dass ein ungeübter Schütze auch das trifft, worauf er zielt. Es sei aber nicht vollkommen ausgeschlossen. Es gebe beim Schießen auch Naturtalente. Er fügte „grob verallgemeinernd“ hinzu:
Je dynamischer die Situation und je höher die Störfaktoren, desto unpräziser der Schuss.
Die exakte Ungenauigkeit lasse sich nicht beziffern. Demnach sei es schwierig, zu beurteilen, wie fahrlässig genau das Handeln des Angeklagten war – beziehungsweise wie billigend er den Tod einer Person in Kauf nahm.
Die Gerichtsverhandlung neigt sich dem Ende zu. Planmäßig soll es nur noch zwei Verhandlungstage geben. Am Mittwoch wollen die Verteidigung und die Staatsanwaltschaft ihre Plädoyers halten. Das Urteil wird voraussichtlich am Donnerstag verkündet.