Schriesheim/Rhein-Neckar, 24. Juni 2015. (red) Der Ausschuss für Technik und Umwelt (ATU) hat vergangene Woche einen Antrag zur Umnutzung eines Hauses im Gewerbegebiet als Asylbewerberwohnheim abgelehnt. Dagegen hat Bürgermeister Hansjörg Höfer sein Veto eingelegt. Am 01. Juli ist eine Sondersitzung des Gemeinderats – sollte der ebenfalls ablehnen, wird der Beschluss mit hoher Sicherheit vom Landratsamt kassiert.
Von Hardy Prothmann
Die Lage ist klar: Der Rhein-Neckar-Kreis sucht händeringend Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber. Und da die Zahl von mehreren hundert Neuzuweisungen nicht runtergeht, bleibt der Druck hoch.
Das Gebäude in der Carl-Benz-Straße 23 im Gewerbegebiet ist privat und kann wohl bis zu 50 Personen aufnehmen. Die Mehrheit des ATU aus CDU und Freien Wählern hat gegen die „Umnutzung für soziale Zwecke“ gestimmt und selbst zwei Grüne, Christian Wolf und Wolfgang Fremgen haben sich enthalten. Nur Fadime Tuncer und Georg Grüber (Grüne) sowie Sebastian Cuny (SPD) und Bürgermeister Höfer haben für die Nutzung votiert.
Veto durch den Bürgermeister
Deshalb hat Bürgermeister Höfer sein Veto eingelegt – zum ersten Mal, seit er Bürgermeister ist. Das muss er, wenn er davon ausgeht, dass ein Beschluss rechtswidrig ist. Und das ist auch mehreren Gründen der Fall: Die Nutzung als Asylunterbringung in Gewerbegebieten ist gestattet und es gibt bereits einen „Präzedenzfall“ für eine „soziale Einrichtung“, nämlich einen Kindergarten. Der ATU hatte nur baurechtlich über den Antrag zu befinden, nicht über die Zahl der Personen.
Der „Kompromissvorschlag“, nur 25 Personen unterzubringen, ist keiner, weil der Vermieter und der Kreis einen Mietvertrag über 10 Jahre geschlossen haben und der Kreis dringend Wohnraum für Flüchtlinge benötigt.
Schwer nachzuvollziehen
„Selbstverständlich kann jeder Sorgen von Anwohnern nachvollziehen“, sagt Hansjörg Höfer auf Nachfrage:
Aber es ist der Öffentlichkeit nur schwer zu vermitteln, wieso Eberbach 300 Flüchtlinge aufgenommen hat, Schwetzingen noch mehr und die Stadt Schriesheim sich nicht im erforderlichen Maße beteiligen soll.
Sicher, die Argumente gegen das Objekt sind relevant: Es gibt keinen Außenbereich und keine Spielfläche. Das Gebäude liegt fernab und 50 Bewohner sind keine dezentrale Unterbringung, sondern eine Massierung. Wenn aber Schriesheim selbst keine anderen Möglichkeiten schafft, muss man diese Lösung hinnehmen.
Dem Landkreis kann man nach wie vor vorwerfen, dass man sich wie anderswo auch, viel zu spät um Lösungen für die Unterbringung gekümmert hat und damit selbst Schuld trägt, was den Druck angeht. Ganz pragmatisch müssen die Menschen aber untergebracht werden und dies wird auch in Schriesheim passieren.
Landratsamt wird einen negativen Beschluss kassieren
Das Landratsamt teilt auf Anfrage mit, dass man keine Spekulationen anstellt, sondern abwartet, wie der Gemeinderat entscheidet. Mit großer Sicherheit wird das Bauamt des Landratsamts einen negativen Beschluss kassieren und das Baurecht herstellen. Dann kommen die Flüchtlinge trotzdem und Schriesheim steht als Stadt da, die lieber nicht so viele Flüchtlinge aufnehmen wollte.
Was für ein Image-Gau für eine „offene“ Stadt, die angeblich Fremde willkommen heißt. Das weiß auch Bürgermeister Höfer, ist seiner Verantwortung nachgekommen, hat den Ausschuss über das Verfahren ordentlich informiert und muss jetzt erkennen, dass man bei CDU und Freien Wählern offenbar entschlossen ist, den guten Ruf zu ruinieren. Namentlich sind das Frank Spingel, Karl Reidinger, Michael Mittelstädt (alle CDU) sowie Jutta Becker, Hans Beckenbach, Dieter Knopf (alle FW).
Und die Grünen mit ihren zwei Enthaltungen haben sich auch nicht mit Ruhm bekleckert.
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