Rhein-Neckar/Kreis Bergstraße, 24. April 2015. (red/me) Der Kreisverband Bergstraße der Partei Die Linke fordert den am Sonntag in der Stichwahl mit 53,92 Prozent gewählten Christian Engelhardt (CDU) auf, das Amt als zukünftiger Landrat nicht anzunehmen. Die Begründung: Die Wahlbeteiligung von lediglich 21,8 Prozent sei zu gering. Die zweite Vorsitzende des Linken-Kreisverbands Bergstraße, Christiane Hennrich, argumentiert dazu in einer Pressemitteilung: „Politiker, die mit einer derart niedrigen Wahlbeteiligung ins Amt kommen, sind demokratisch nicht legitimiert.“ Damit fordert die Linken-Politikerin praktisch auch Bodo Ramelow (Die Linke), den kürzlich gewählten Ministerpräsident Thüringens, zum Rücktritt auf.
Kommentar: Mathias Meder
Dass nur eine Stimme mehr genügt, um gewählt zu werden, hat bereits Konrad Adenauer (CDU) 1949 bewiesen. Für Die Linke im Kreis Bergstraße scheinen hingegen 24.477 Stimmen kein Grund zu sein, einem Wahlgewinner zu einer demokratischen Wahl zu gratulieren, sondern sie sieht den in der Stichwahl gewählten Bewerber der CDU als „meilenweit“ von einem eindeutigen Wahlergebnis entfernt. Will Die Linke wirklich die gleiche Messlatte anlegen für andere Wahlen in der Republik? Dann müsste Ministerpräsident Bodo Ramelow in Thüringen schon morgen seinen Hut nehmen. Denn seine Parteifreunde an der hessischen Bergstraße sind in ihrer Pressemitteilung unmissverständlich:
Eine Wahl ist durch den siegreichen Bewerber nur dann zu akzeptieren, wenn ein größerer Teil der Bevölkerung gewählt hat. Politiker, die mit einer derart niedrigen Wahlbeteiligung ins Amt kämen, sind demokratisch nicht legitimiert.
Bei der Stichwahl am vergangenen Sonntag erzielte Christian Engelhardt (CDU) ein Ergebnis von 53,92 Prozent vor Gerald Kummer (SPD) mit 46,08 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag jedoch nur bei 21,82 Prozent. Daraus schlussfolgert die zweite Vorsitzende von Die Linke im Kreis Bergstraße, Christiane Hennrich, hier gab es ein Ergebnis „aufgrund einer Wahl, die nicht getroffen wurde“. Tatsächlich haben, wenn man Wahlergebnis und Wahlbeteiligung verrechnet, damit lediglich 11,75% aller Wahlberechtigten für Herrn Engelhardt gestimmt.
Wo blieb der Aufschrei der Linken bei Ramelow?
Damit ist er allerdings laut Wahlrecht dennoch gewählt und auch Die Linke müsste das doch eigentlich so sehen. Denn regiert nicht seit vergangenem Dezember in Thüringen ein Ministerpräsident von Die Linke, der ein ähnliches Ergebnis erzielt hat? Bodo Ramelow hat ein Ergebnis von 28,2 Prozent eingefahren bei einer Wahlbeteiligung von 52,7 Prozent. Er wurde also tatsächlich von nur 14,86 Prozent aller Wahlberechtigten gewählt. Gerade mal drei Prozentpunkte mehr als Christian Engelhardt. Wo blieb da der Aufschrei der Linken an der Bergstraße?
Bundesweite Aufmerksamkeit hätte der kleine Kreisverband erfahren, wenn er bereits vor fünf Monaten ähnlich argumentiert hätte. Frau Hennrich wäre durch sämtliche Talkshows gereicht worden und hätte vielleicht sogar von irgendeinem CSU-Politiker Unterstützung erfahren. Denn Frau Hennrich meint:
Es sollte Anlass sein, als Kandidat mit demokratischem Rückgrat die „Wahl“ durch eine Handvoll Bürger abzulehnen.
Die Linke an der Bergstraße wäre gut beraten, wenn sie ihr eigenes Rückgrat entwickeln würde und einem Wahlsieger zu seinem Ergebnis gratuliert, so wie das unter Demokraten üblich ist. Auch wenn man mit dem Ergebnis unzufrieden ist oder die gewählte Person oder die Partei einem nicht passt, kann man die demokratische Legitimation nicht in Frage stellen, so lange die feststehenden Paragrafen des Wahlrechts beachtet wurden. Und da ist gewählt, wer die Mehrzahl der abgegebenen Stimmen auf sich vereint. Selbst wenn das nur eine einzige Stimme sein sollte.
Wer daran etwas ändern will, sollte das vor einer Wahl tun und nicht danach die Politikverdrossenheit dadurch schüren, dass man sich wie eine beleidigte Leberwurst aufführt.
Ok, ein Ministerpräsident wird nicht direkt gewählt – insofern ist der Vergleich nicht ganz stimmig. Aber wer wird denn so kleinlich sein?
Anm. d. Red.: Da leider keine Zahlen veröffentlicht wurden, ist abschließend noch unklar, wie viele der Parteimitglieder im Jahr 2013 eigentlich Frau Christiane Hennrich zur zweiten Vorsitzenden gewählt haben. Wir haben ihr diese Frage gestellt und hoffen auf eine baldige Antwort. Wir erwarten natürlich nichts anderes als eine hohe Wahlbeteiligung der Parteimitglieder und somit ein eindeutiges Wahlergebnis. Denn sonst müsste ja Frau Hennrich im Kreis Bergstraße aufgrund ihrer fehlenden demokratischen Legitimation als zweite Vorsitzenden von Die Linke zurücktreten.