Rhein-Neckar/Mannheim/Ludwigshafen/Heidelberg, 24. Februar 2025. (red/pro) Wie vorausgesagt hat die CDU mit der Kandidatin Melis Sekmen ihr Mandat für Mannheim verloren – obwohl Frau Sekmen den Wahlkreis gewonnen hat. Auch der FDP-Kandidat Konrad Stockmeier ist sein Mandat los. Der Wahlkreis 275 Mannheim hat damit drei Abgeordnete im 21. Bundestag: Isabel Cademartori (SPD), Heinrich Koch (AfD) sowie Gökay Akbulut (Die Linke), die allesamt über die Landeslisten ihrer Parteien einen Platz ergattern konnten. Auch Heidelberg und Ludwigshafen haben zwar Wahlkreissieger, aber keine Direktmandate.
Von Hardy Prothmann
Die CDU Mannheim darf sich über den Wahlsieg der Kandidatin Melis Sekmen freuen, die im vergangenen Sommer von den Grünen zur CDU rübergemacht hatte und mit 24,7 Prozent der Erststimmen den Wahlkreis 275 gewonnen hat. Das wars aber schon. Denn Melis Sekmen wird in Folge der Wahlrechtsreform das Mandat nicht erhalten. Die politische Zukunfr von Frau Sekmen ist zudem ungewiss – ihr Gemeinderatsmandat hat sie nicht mehr, Abgeordnete ist sie auch nicht mehr, da bleibt aktuell nicht besonders viel.
Für die Statistik hat Frau Sekmen zwar das katastrophale Ergebnis des CDU-Kandidaten Roland Hörner von 19,9 Prozent bei der Bundestagswahl 2021 wieder nach oben gezogen, tatsächlich bleibt es das zweitschlechteste Ergebnis der CDU im Wahlkreis, nachdem Nikolas Löbel 2017 mit noch 29,3 Prozent das Direktmandat holen konnte. Herr Löbel gab am 10. März 2021 wegen der Maskenaffäre sein Mandat zurück.
Isabel Cademartori (SPD), 2021 noch Gewinnerin des Direktmandats mit 26,4 Prozent, muss sich mit Platz zwei und 22,5 Prozent der Erststimmen begnügen, sie erhält aber über die Landesliste (Platz 9) ein Mandat und bleibt im Bundestag. Ebenso Gökay Akbulut für Die Linke, die zwar nur 8 Prozent der Erststimmen holt, aber über die Landesliste (Platz 3) Bundestagsabgeordnete bleibt.
Der Wirtschaftsingenieur und Gemeinderat Heinrich Koch (62) erhält für die AfD auf Listenplatz 15 ebenfalls ein Mandat, wenn auch mit 17,9 Prozent der Erststimmen und 17,6 Prozent der Zweitstimmen deutlich unter den landesweit 19,8 Prozent der AfD im Südwesten. Herr Koch war im Sommer des vergangenen Jahres im Rahmen der Kommunalwahl bundesweit bekannt geworden, weil er von einem mittlerweile in der Psychiatrie untergebrachten Mann mit einem Cuttermesser angegriffen worden war.
Konrad Stockmeier, 2021 ebenfalls über die Liste für die FDP in den Bundestag gekommen, verliert sein Mandat. Selbst wenn die FDP es über die 5-Prozent-Hürde geschafft hätte, war sein Listenplatz 11 aussichtslos.
Das Oberzentrum Mannheim mit der Funktion einer Metropole in der Region ist also ohne Direktmandat im Bundestag, wie übrigens auch die Wahlkreise Heidelberg (Alexander Föhr, CDU) sowie Frankenthal/Ludwigshafen (Sertac Bilgin, CDU), mithin sind die größten Städte der Metropolregion Rhein-Neckar ohne direkte Vertretung in Berlin.
Für den Wahlkreis Heidelberg bleibt Dr. Franziska Brantner (Grüne) über Listenplatz 1 im Bundestag – wie auch Dr. Malte Kaufmann (AfD, Platz 12) und Sarah Mirow (Die Linke, Platz 1). Ludwigshafen hingegen hat mit Dr. Armin Grau (Grüne, Platz 2) nur einen Bundestagsabgeordneten.
Die Folgen der Wahlrechtsreform sind bitter für gut zwei Dutzend Gewinner eines Direktmandats, die leer ausgehen. Eigentlich konterkariert diese Regelung der Wählerwillen komplett – wer könnte direkter gewählt sein als ein Direktmandatsgewinner?
Für die voraussichtlich kommende Regierungskoalition aus CDU/CSU gemeinsam mit der SPD gibt es also nur einen kleinen Draht aus der Region dorthin – der führt über Isabel Cademartori (37), mit familiären Wurzeln in Chile, aufgewachsen in Hannover, Juso-sozialisiert, Wirtschaftspädagogin und bundespolitisch bislang völlig unauffällig. Das kann sich ändern. Bislang ist sie Vorsitzende des Verkehrsausschusses ihrer Partei in Berlin. Durch den massiven Wahlverlust der SPD, damit auch Mandate und Funktionen, wird auf weniger Abgeordnete mehr umverteilt – es winken also neue Aufgaben in der alten Tante SPD, die gerade versuchen muss, sich neu zu erfinden. Saskia Esken, Listenplatz 1 im Südwesten ist beispielsweise ein Auslaufmodell, es wird also in der Landes-SPD rund gehen und die Funktionsträger werden schauen, welchen Teil des Fells sie sich sichern können.