Rhein-Neckar/Ladenburg, 24. Januar 2017. (red/pro) Aktualisiert. Die bei der Bürgermeisterwahl gescheiterte Kandidatin Corinna Schierz tritt nach und sieht sich als Opfer einer “Blog-Kampagne”, ohne das Blog näher zu benennen. Da wir das einzige journalistische Blog in der Gegend sind, das regelmäßig und analytisch über Ladenburg berichtet, meint Sie wohl uns. Wir stellen fest, dass Frau Schierz nicht die Wahrheit sagt. Deswegen tun wir es. Frau Schierz rastet auf Facebook aus und verlegt sich auf Beschimpfen: “Sie sind doch das Allerletzte!” und “Sie elender Schmierfink” – Screenshots im Artikel.
Kommentar: Hardy Prothmann
Wir haben am späten Nachmittag des 28. Dezember 2016 einen Hinweis auf einen Bericht in der Lampertheimer Zeitung erhalten. Darin geht es um einen Polizeibeamten, der einen Bürger mit vorgehaltender Waffe bedroht hat und vom Amtsgericht Bensheim zu elf Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden ist. Weiter bekamen wir den Hinweis, dass es sich um den Ehemann der von der CDU unterstützen Kandidaten Corinna Schierz handeln könnte.
Artikel: Wilder Westen auf der Straße
Das war die Ausgangslage.
Frau Schierz hatte sehr viel Zeit, um zu reagieren
Am 29. Dezember 2016 haben wir Frau Schierz angeschrieben und zur Sache gefragt:
Dass es zu einem Prozess kommen würde, war längst vor Ihrer Kandidatur bekannt. Ebenso die Tatvorwürfe. Wie haben Sie diese Tatsache einkalkuliert?
Trifft es zu, dass Sie bei der Verhandlung persönlich im Gerichtssaal anwesend waren?
Wie beurteilen Sie persönlich das Verhalten Ihres Mannes – immerhin hat er einen alten, unbewaffneten Mann angefahren und mit gezogener Waffe bedroht?
Ihr Ehemann ist nach der gerichtlichen Entscheidung ein verurteilter Straftäter. Belastet das Ihren Wahlkampf?
Am 30. Dezember 2016 erhielten wir in Auszügen diese Antwort:
Als erfahrener Journalist kennen Sie sicherlich die juristischen Vorgaben und Regelungen in solchen Fällen.
Unabhängig davon, um welche Person es sich handelt, besteht hier offensichtlich ein „schwebendes Verfahren“. In diesem Stadium irgendwelche Erklärungen, Kommentare und persönliche Beurteilungen abzugeben, würde gerichtlich so gewertet werden, als wolle man Einfluss auf dieses schwebende Verfahren nehmen.
Das Urteil ist laut Sachverhalt nicht rechtskräftig. Von einem „verurteilten Straftäter“, wie Sie es nennen, kann keine Rede sein. Zumal Berufung angekündigt ist.
Bis zu einem rechtskräftigen Urteil besteht in unserem Rechtssystem die Unschuldsvermutung, egal ob für einen Herrn B. oder S.
Deshalb erscheint in solchen Fällen, wie Ihnen Juristen bestätigen werden, in der Presse auch NIE ein voller Nachname, um, wie es heißt, eine Vorverurteilung zu verhindern.
Haben Sie bitte dafür Verständnis, dass ich – selbst zum Zweck von Richtigstellungen – zu einem solchen schwebenden Verfahren keine Stellung nehmen kann, egal um wen es sich handelt.
Schwierige Recherche
Uns war nicht bekannt, dass es sich angeblich um ein “schwebendes Verfahren” handelt – und selbst wenn, kann man selbstverständlich dazu berichten. Es ist auch nicht zutreffend, dass Äußerungen eines Dritten – und Frau Schierz wäre eine Dritte, da sie weder beteiligt noch Zeugin war – als “versuchte Einflussnahme” gewertet werden könnten. Selbstverständlich besteht eine Unschuldvermutung – wir weisen in Gerichtsprozessberichten im Gegensatz zu vielen anderen Medien immer sehr deutlich darauf hin. Dass “NIE” volle Namen erscheinen, ist Quatsch – das hängt vom Medium und von der Prominenz der Person ab, siehe Kachelmann-Prozess.
Während der Recherche haben wir abgewogen, ob und wie das Verhalten des Ehemanns von öffentlichem Interesse ist. Hätte Frau Schierz den öffentlichen Wahlkampf alleine geführt, hätten wir vermutlich von einer Berichterstattung abgesehen. Da der Ehemann aber ständig präsent war und die Kandidatin damit öffentliche Wirkung erzeugen wollte, war der von uns sonst sehr streng behandelte Grundsatz “privat ist privat”, verwirkt.
Im Anschluss haben wir mehrfach versucht, den Stand des Verfahrens zu erfahren – beim Amtsgericht, bei der Staatsanwaltschaft und bei der Polizei. Urlaubs- und krankheitsbedingt gelang dies erst am 19. Januar 2017. An diesem Tag haben wir dann anonymisiert berichtet. Bis zur Wahl standen Frau Schierz also noch drei Tage zur Verfügung, um auf den Bericht zu reagieren. Davor stand Ihr ab dem 29. Dezember frei zu reagieren. Das hat sie uns gegenüber auch gemacht – indem sie sich nicht äußern wollte.
Tatsächlich ist der Vorgang deshalb brisant, weil sich der Vorfall bereits 2015 ereignet hatte und vermutlich vor dem Wahlkampf klar war, wann es zu einer Gerichtsverhandlung kommen wird. Er ist zudem brisant, weil Frau Schierz den Vorgang offenbar geheim gehalten hat oder die CDU ihn geheim halten wollte oder beide und nicht auf eine Anfrage vorbereitet waren. Und weiter hat sie mit einer Veröffentlichung rechnen müssen, war aber offenbar nicht vorbereitet.
Homestories lesen Sie woanders
Wir haben im Text klipp und klar festgestellt, dass der/die anonymisierte Kandidat/in natürlich nicht für das Verhalten des Ehepartners verantwortlich ist, aber die Frage in den Raum geworfen, ob es vor diesem Hintergrund klug ist, sich einer Bürgermeisterwahl zu stellen. Wir haben weiter darauf hingewiesen, dass ein Bürgermeisteramt sehr viel Energie verlangt und private Probleme möglichst keine Rolle spielen sollten.
Inwieweit unsere Berichterstattung etwas am Wahlergebnis verändert hat, kann niemand belegen. Zwei Tage vor unserem Text brachte die RNZ noch eine “Homestory” des am Neckar spazierenden Ehepaars Schierz mit Hund. Darin ist über die Arbeit des Ehemanns zu lesen:
Wolfgang Schierz ist Polizeikommissar und bearbeitet in Darmstadt Verkehrsdelikte und Drogenvergehen. Eine wirkliche Freizeitplanung ist nicht möglich. “Polizeibeamte sind immer im Dienst”, erklärt Wolfgang Schierz.
Doch der ist nach unseren Informationen mit Mitteilung vom 20. Januar 2017 durch das Polizeipräsidium Darmstadt vom Dienst suspendiert. Laut Auskunft des Polizeipräsidiums ist unklar, ob Herr Schierz im Polizeidienst verbleiben kann. Aber einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten wäre die Beamtenlaufbahn beendet gewesen – so muss die Polizei nun intern darüber befinden. Falls es eine Berufung gibt, ist das Ergebnis abzuwarten – im Fall eines Berufungsverfahren kann keine, eine niedrigere oder einer höhere Strafe herauskommen.
Wir haben heute (!) von der Staatsanwaltschaft Darmstadt erfahren, dass nicht klar sei, ob das Verfahren abgeschlossen ist oder nicht. Nach dem Urteil könnten bis zur Zustellung des Urteils fünf Wochen vergehen, dann sei Anspruchsfrist. Aktuell sei von einer Berufung nichts bekannt. Letztlich könne man sich zum Verfahrensstand erst in 14 Tagen Anfang Februar äußern. Es könnte auch sein, dass der Geschädigte Berufung beantragt hat, die Staatsanwaltschaft hat es nicht.
Fest steht, dass Frau Schierz nicht den Hauch einer Chance bei dieser Wahl hatte. Selbst wenn sie der Bericht einige Prozentpunkte gekostet haben sollte, wäre das höchste der Gefühle gewesen, dass Herr Schmutz die Wahl nicht mit absoluter Mehrheit gewonnen hätte – dann aber mit Sicherheit die Neuwahl. Der Abstand ist zu eklatant.
Wir freuen uns aber über die “Anerkennung” – denn bislang verlässt sich die Lokalpolitik noch allzu häufig auf traditionelle Medien und merkt nicht, wie einflussreich unsere Arbeit ist, weil unsere Leserschaft unsere zutreffenden und kritischen Analysen schätzen. Das ist nicht der erste Wahlkampf, bei dem dies unterschätzt worden ist.
Frau Schierz ist eine schlechte Verliererin
Festzuhalten bleibt: Frau Schierz sagt der Öffentlichkeit nicht die Wahrheit. Sie hatte sehr wohl die Möglichkeit, sich inhaltlich zu äußern. Sie musste damit rechnen, dass eine Veröffentlichung folgt. Wir haben nicht, wie manche das behaupten, möglichst lange bis kurz vor der Wahl gewartet, sondern die Recherchen haben so lange gedauert. Das Gegenargument zu diesem Gerücht ist: Je früher wir veröffentlicht hätten, umso mehr Briefwähler hätten diese Information mit in ihre Entscheidung einbeziehen können. Aus unserer Sicht wäre eine frühere Veröffentlichung wünschenswert gewesen, wir veröffentlichen aber immer erst dann, wenn wir Informationen geprüft haben.
Im Vordergrund einer Wahl steht die Integrität der Bewerber/innen. Auch hierzu haben wir berichtet und die Kandidaten sehr neutral vorgestellt – selbst in unserer “Wahlempfehlung” am 21. Januar. Eine Information an uns durch andere Bewerber oder Parteien hat nicht stattgefunden. Wir haben auch zur Sache keinen Kontakt mit den anderen Bewerbern gehabt. Die haben über den Vorfall “Wilder Westen” wie die Öffentlichkeit nur durch unseren Artikel erfahren können.
Unsere Leserschaft weiß, dass wir politisch farbenblind berichten. Je nach Laune von bösen Zungen waren wir schon “Steigbügelhalter der NPD”, weil wir kritisch über das Verhalten des SPD-Oberbürgermeisters Heiner Bernhard berichtet haben (Weinheim), die Antifa erklärt uns für “vogelfrei”, wir sind zuweilen “linksgrün versifft”, wenn wir positiv über Grüne berichten, wir “bandeln mit der CDU” an (O-Ton grüner MdL), wenn wir über die positiv berichten, wir sind AfD, weil die wie andere Parteien Werbung bei uns geschaltet hat, wir sind FDP, weil ich selbst mal als parteiloser Gemeinderat über die FDP-Liste gewählt worden war. “Links” sind wir, wenn wir über sozial schwache Menschen berichten – es sucht sich jeder aus, was ihm gerade in den Kram passt. Wir waren noch nicht Familienpartei oder Graue Panther. Wir freuen uns über eine verständige Leserschaft, die weiß, dass wir politisch neutral arbeiten.
Frau Schierz zeigt sich mit Ihrer Reaktion als sehr schlechte Verliererin. Dazu teilt sie der Öffentlichkeit die Unwahrheit mit, was noch schlechter ist. Insbesondere für die CDU Ladenburg, die diese Kandidatin empfohlen hat und gut beraten wäre, wenn die Partei sich von diesem Facebook-Post distanziert.
Ladenburg kann deshalb froh sein, dass diese Dame nicht gewählt worden ist.
“Sie sind doch das Allerletzte!”
Die Dame hat auf Facebook reagiert:
Hier nochmal die Langfassung, die mittlerweile vollständig intransparent gelöscht worden ist:
Hier kommentiert Frau Schierz, die mal eine geachtete Bürgermeisterin in Ladenburg werden wollte, auf unserer Seite. Bislang hat sie noch nicht gelöscht – mal schauen. Falls doch, ergänzen wir ihre “Beiträge”.
Sie möchte unsere Recherchen und Quellen überprüfen. Wir haben Sie aufgefordert, dass zu tun und ihr angeboten, nach Abschluss das Ergebnis bei uns zu veröffentlichen. Auch hier sind wir gespannt und meinen: Mal schauen, was dabei rauskommt.