Rhein-Neckar/Stuttgart, 24. Dezember 2015. (red) Die “frohe” Weihnachtsbotschaft lautet: Seit der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg hat Deutschland niemals mehr Flüchtlinge aufgenommen als 2015. Deutschlandweit sind das “offiziell” rund 1,35 Millionen Flüchtlinge, in Baden-Württemberg sind es über 170.000, möglicherweise bis Jahresende über 180.000 Menschen. Die nicht-frohe Botschaft lautet: Die Kapazitäten sind erschöpft, es drohen Lagerkoller und “Integration” ist höchstens gewollt, aber ohne konkrete Pläne.
Wir haben schon früh exklusiv 180. – 200.000 Flüchtlinge prognostiziert. Mit Ende der vergangenen Woche 51 sind es nach Zahlenangaben des Intregrationsministeriums Baden-Württemberg insgesamt 172.457 Flüchtlinge. Dies Zahl beinhaltet allerdings nur die offiziell registrierten Menschen. Rechnet man nicht-offizielle Flüchtlinge bis 20 Prozent mehr, ergeben sich rund 207.000 Flüchtlinge, die in Baden-Württemberg wie auch immer untergekommen sind.
Damit hat sich zum Jahresende die bis zum Ende des zweiten Quartals 2015 genannte “Prognose” von 50.000 Flüchtlingen vervierfacht. Die Zeit seit August war geprägt von immer neuen “Eröffnungen” von Sammellagern – vorwiegend in Nordbaden, wo bislang über zwei Drittel der erstankommenden Flüchtlinge untergebracht werden.
Erschöpfte Kapazitäten?
Die Kapazitäten in Nordbaden sind restlos erschöpft – außer, man ertüchtigt weitere Militärflächen. Sollte die Zahl der Flüchtlinge weiter wie bisher zunehmen, wird sich auch der Rest Baden-Württembergs der Aufnahme stellen müssen. Davon ist auszugehen. Insbesondere in ländlichen Regionen dürfte dies zu viel Missmut führen- und das in Zeiten des Landtagswahlkampfs.
Innerhalb der kommenden zwei Monate könnte sich die Stimmung im Land enorm zu Lasten von grün-rot verschlechtern. Aktuell versucht die Landesregierung sich in Erfolgsmeldungen wie beispielsweise mit dem “bundesweiten Vorzeigeprojekt” der Zentralen Registrierungsstelle in Heidelberg auf dem Gelände des Patrick Henry Village.
Tatsächlich wird in den kommenden Wochen der Druck auf die Kommunen enorm steigen, weil immer mehr Flüchtlinge aus den Landeserstaufnahmeeinrichtungen auf die Land- und Stadtkreise verteilt werden. Doch dort gibt es kaum geeignete Unterkünfte, so gut wie keine soziale Betreuung und keinerlei Konzepte, wie man mit der Masse von Menschen “integrativ” umgehen soll.
Lagerkoller drohen in den kommenden Wochen
Hinzu kommt die Jahreszeit. Dunkelheit und Kälte halten die Menschen in den Massenlagern – “Lagerkoller” sind vorprogrammiert. Insbesondere im Mannheimer Lager “Spinelli” kam es in der jüngeren Vergangenheit mehrfach zu Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingsgruppen mit teils erheblichen Polizeieinsätzen sowie zu Demonstrationen durch Lagerinsassen.
Die Lebensbedingungen für rund 16.000 Menschen in Mannheim sind mehr als “bescheiden”, wobei Flüchtlinge auf Benjamin Franklin Village noch vergleichsweise solide untergebracht sind gegenüber der Unterbringung in Maschinenhallen wie auf Spinelli.
In Heidelberg sind weit mehr Menschen untergebracht, als kommuniziert wird. Offiziell ist die Zahl 5.000 genannt, nach unseren Informationen sind es aktuell über 6.400 Menschen. Weitere Baumaßnahmen weisen darauf hin, dass die Zahl steigen wird.
Plan A – unterbringen. Plan B – offen
Dies erscheint auch für Mannheim realistisch – trotz Zusage des Landes, die Zahl nicht über 12.000 Menschen zu erhöhen, sind es derzeit 15-16.000 Menschen. “Theoretisch” gibt es Platz für bis zu 50.000 Menschen. Realistisch muss man von 20.-25.000 Menschen ab 2016/2017 ausgehen, da die Flüchtlingszahlen weiter steigen werden.
Aktuell beschränkt sich die Politik überwiegend auf die Problemlösung: “Registrieren und Unterbringen”. Der nächste Schritt wird Wohnungsbau und vor allem Integrationsarbeit in den Kommunen sein. Dies soll “ab Januar” erfolgen. Ein Plan ist bislang nicht erkennbar.