Rhein-Neckar/Südwesten, 23. Januar 2019. (red/pro) Im Kampf gegen falsche Tatsachenbehauptungen hat das RNB teilweise außergerichtlich mehrere Erfolge erzielt. Tageszeitungen wurden gebeten, Korrekturen vorzunehmen. Nur in einem Fall ging das freundlich zu, in allen anderen Fällen musste bislang Zwang angewendet werden. Doch wer berichtet darüber? Niemand! Das ist erbärmlich und zeigt, wie wenig objektiv die Branche vorgeht. Transparenz in eigener Sache gehört nicht zum Geschäft der Medien.
Von Hardy Prothmann
Ich bin nicht Caroline von Monaco, Jörg Kachelmann oder Dieter Wedel. Diese drei Personen haben auch nichts miteinander zu tun, außer, dass sie prominent sind. Die eine ist Prinzessin, der andere ein Wettermoderator, der nächste ein Filmregisseur. Ich bin nur ein Lokaljournalist. Aber ich kann nachfühlen, wie es diesen Promis ergangen ist, weil sie gejagt und durch den Dreck gezogen worden sind.
Wenn sich Medien auf einen „einschießen“, ist man plötzlich sehr alleine und der „Meinungsmacht“ ausgeliefert. Fairness darf man überwiegend nicht erwarten, wenn die Meute zutritt.
Ich bin zwar seit 1991 selbst Journalist, aber ich war nie Teil der Meute, sondern immer Einzelgänger. Die reflexhaften Reaktionen meiner Branche haben mich immer zutiefst angewidert. Nachrichtenagenturen oder „Leitmedien“ geben was vor, der journalistische Mob rennt hinterher und treibt eine Sau nach der anderen durchs Dorf.
Seit einem umstrittenen RNB-Artikel, der mit einem fiktionalen Szenario eines Terroranschlags in Mannheim beginnt, stehe ich auf der Abschussliste vieler Medien ganz oben. Vorher galt ich als „Problemfall“, weil ich immer wieder schlechte journalistische Leistungen problematisiert habe, aktuell wollen mich einige zur Strecke bringen und das ist nicht metaphorisch gemeint.
Der fiktionale Teil des einen, ausschlaggebenden Artikels ist vollständig absurd verfasst – aus Sicht der Staatsanwaltschaft Mannheim aber „realistisch geschrieben“. Einsatz der Bundeswehr im Innern als Realität? Behördliche Nachrichtensperre in Deutschland? Hallo? Wie deppert kann man sich als Strafverfolgungsbehörde entblößen? Wer eine solch absurde Schilderung als „realistisch“ bezeichnet, der hat nicht mehr alle Latten am Zaun. (Tipp: Schauen Sie mal nach, welche Medien das thematisiert haben. Die meisten nahmen das Beispiel „Bundeskanzlerinnenamt“, ebenfalls absurd, aber nicht so eindeutig wie Bundeswehr und Nachrichtensperre. Warum wohl?)
Ganz ehrlich? Ich hätte mir gewünscht, dass die „Kollegen“ sich empören würden. Das soll „journalistische Realität“ sein? Humbug. Mist. So was gibt es überhaupt nicht im Journalismus und wenn doch, wäre das ein Skandal. Doch es hat sich keiner empört, weil die Realität eine andere ist. Der Skandal ist, dass täglich journalistisch sehr viel Humbug und Mist produziert wird, aber es kaum Journalismus gibt, der Humbug und Mist als Humbug und Mist bezeichnet.
Weil dieser Humbug, dieser Mist aber journalistische Realität zu sein scheint, die sogar von einer inkompetenten Staatsanwaltschaft Mannheim als „realistisch“ aufgefasst wird, muss jemand büßen und das ist wie immer der Überbringer der schlechten Botschaft. Und es gab keinerlei Empörung darüber, sondern die Feststellung, dass ich, ein Lokaljournalist, mit einem bescheidenen regionalen Angebot „die Medien schwer beschädigt“ hätte. „Die Medien“. Das war sogar die Meinung des Deutschen Presserats. Drunter ging es nicht.
Wie peinlich die Causa ist, fällt dabei kaum jemandem auf. Der Spiegel, den ich vorgehalten habe, wurde Ende 2018 derart verzerrt, wie sich das niemand vorstellen konnte. Die Spiegel-Affäre „Class Relotius“ ist ein Sargnagel. Der Umgang damit beispielhaft für die verkommenen Verhältnisse im Journalismus. Statt klare Konsequenzen zu fordern, wird ein Sündenbock definiert, der gerichtet werden soll, dabei handelt es sich um ein systemimmanentes Problem. Und alle machen mit, denn schließlich definieren „Leidmedien“ wie der Spiegel, welche Sau als nächstes zu Tode gehetzt werden soll. Und das soll so bleiben – also will niemand den die Obersau Spiegel schlachten.
Fake News sind überwiegend kein Problem von Donald Trump oder der AfD – Fake News sind ein Problem der Mediengesellschaft, ob als Macher oder Konsumenten. Und Fake News sind kein neues Phänomen – früher nannte man das Legende oder Märchen. Fake News sind so alt wie die Menschheit.
Bei der Debatte um Fake News geht es nicht um den Wahrheitsgehalt einer „Information“ – sondern um die Deutungshoheit und den Umgang damit.
In von Diktatoren (den Sagenden) bestimmten Gesellschaften gibt es nur deren Wahrheit. In vermeintlich freien Gesellschaften gibt es vermeintlich freie Meinungen. Die werden, in Deutschland grundgesetzlich geschützt, vor allem wegen des Internets auch zunehmend geäußert. Das irritiert die, die bislang gewohnt waren, die öffentliche Debatte entscheidend zu beeinflussen, erheblich. Der Kurzschluss ist, alles, was vom Mainstream abweicht, als Fake News zu bezeichnen und nicht durch inhaltliche Auseinandersetzung, sondern durch moralisch-ideologische Ausgrenzung mit maximalen Mitteln zu bekämpfen.
Dies erzeugt enorme Spannungen und Extreme – auch politische. Zu beobachten ist das in allen europäischen Ländern und darüber hinaus.
Und ich beobachte das auch aktuell bei mir selbst, denn plötzlich bin ich im Fokus des „Mainstreams“, den ich bewusst gereizt habe und ich erfahre das, was ich befürchtet habe: Ich bin plötzlich die Sau, die der Mob jagt und schlachten will. Und ich muss mich, da bin ich sehr ehrlich, täglich selbst mäßigen, nicht reflexartig auf die Hatz zu reagieren, sondern bei Verstand zu bleiben.
Der Mob hat dabei allerdings nicht realisiert, dass die alten Regeln immer weniger gelten und dass sich der Mob selbst entblößt. Wer sich erhaben gegen Fake News fühlt und präsentiert, sollte tunlichst vermeiden, selbst Fake News zu produzieren, weil es einem in den Kram passt.
Die allermeisten Medien bezeichnen mich seit langem als Blogger. Das machen sie bewusst, weil man mir den Status „Journalist“ damit absprechen will. Man will aufzeigen, dass es Journalisten gibt (die Guten) und Blogger (die Bösen). Das ist ein ziemlich dummer Abgrenzungskampf der alten Medien, die ganz überwiegend selbst Blogs anbieten, weil man ja modern sein will. Klingt absurd? Ist so.
Aktuell verhandle ich eine nächste Abmahnung mit einer großen südwestdeutschen Zeitung. Dort hat man um Fristverlängerung gebeten, dem Anliegen bin ich nachgekommen – trotz schlechter Erfahrungen. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Morgen versende ich weitere Abmahnungen, unter anderem an ein Portal, an dem eine frühere Volkspartei Anteile hält. Mal schauen, wie man sich da verhält.
Mein Appell wird wie immer sein, dass ich fair behandelt werden will und eine faire Korrektur wünsche. Dabei gehe ich immer freundlich, aber bestimmt vor. Und wenn es freundlich nicht geht, dann muss es halt weh tun.
Dabei bin ich sehr erfolgreich – doch berichten die Medien darüber, dass ich von Medien Korrekturen fordere und dabei erfolgreich bin? „Natürlich“ nicht. Denn das würde ja das „Vertrauen“ in „die Medien“ vielleicht beschädigen. Geht so faire Berichterstattung – „liebe Kollegen“? Ich halte Euch den Spiegel vor, bei dessen Anblick Ihr konsequent die Augen zukneift. Wie die drei Affen. Erbärmlich ist das.
Warum wird das nicht berichtet? Das würde ja Vorurteile und Weltbilder zerstören. Die Welt erfährt es trotzdem, wenn gewisse unfaire Medien das so haben wollen.
Medien haben immer noch viel Deutungsmacht, aber längst keine Hoheit mehr. Das sollte man sich in den Medienhäusern hinter die Ohren schreiben, denn sonst gibt es was auf dieselben.
Die Aufgabe von Medien ist zuverlässige Information zu übermitteln. Diese müssen nachvollziehbar und fair sein. Alles andere ist inakzeptabel und dagegen kann man und muss man auch mit allen gebotenen Mitteln vorgehen.
Caroline von Monaco hatte Recht, sich zu wehren. Das Urteil hat allerdings enorm negative Folgen für den Journalismus gehabt – weil der es übertrieben hatte. Jörg Kachelmann hatte Recht, sich zu wehren, doch es scheint, dass die Branche immer noch lernresistent ist. Die Causa Wedel ist noch nicht ausgestanden – ich finde es widerlich, wie Die Zeit sich hier verhält und viele Medien sich nicht verhalten.
Und die Causa Prothmann? Die fechte ich selbst durch. Gegen sehr große „Gegner“, die nicht erkennen wollen, dass sie sich am Ende nur selbst beschädigen. Wenn das aber so sein muss, dann muss das so sein.
Was mich antreibt? Der Glaube, dass jede demokratische Gesellschaft nur funktioniert, wenn es einen guten, nachvollziehbaren und qualitativ hochwertigen Journalismus gibt. Den betreibe ich, so gut ich das kann und ich habe mir nichts vorzuwerfen. Und die Sorge, dass ein mieser Journalismus die demokratische Gesellschaft zerstört. Da habe ich erhebliche Sorgen, dass dies der Fall sein könnte und dafür gibt es zahlreiche Belege.
Ich bin aktuell gespannt, wie das nächste Medium auf meine Abmahnung reagiert – wird das verständig gelöst oder soll es zum Konflikt kommen? Ich bin für alle Möglichkeiten gewappnet.
Hintergrund: Hardy Prothmann (52) hat ein Studium der Germanistik und Politischen Wissenschaften mit Abschluss Magister Artium an der Uni Mannheim absolviert (Magisterarbeitsnote: 1,0 bei Prof. Dr. Jochen Hörisch) und ist verantwortlicher Redakteur des Rheinneckarblog. Er ist seit 1991 als freiberuflicher Journalist tätig. Seit 1995 überregional und international. Er ist Mitbegründer von „Netzwerk Recherche“. 2009 gründete er das „Heddesheimblog“, das überregional bekannt wurde. 2011 folgte das Rheinneckarblog, das bei Entscheidern als feste Größe etabliert ist.
Von 1994-2008 hatte er einen Schwerpunkt auf Medienberichterstattung und ist einer von wenigen umfassenden Medienexperten in Deutschland. Im Studium lagen Schwerpunkte auf Extremismus, Terrorismus und Krisenkommunikation sowie Lyrik und Hermeneutik. In der Praxis sind seine Schwerpunkte Investigation, Porträt und Reportage. Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Artikel und war Teilnehmer zahlreicher Expertenkonferenzen und Hintergrundrunden zu diesen Themenfeldern, national wie international. Seit er „bloggt“, ist er in den vergangenen zehn Jahren rund 50 mal juristisch angegriffen worden, nur den ersten Prozess hat er „aus technischen Gründen“ verloren.
Seine Hobbies sind Reisen und Kochen. Er lebte mehrere Jahre im europäischen Ausland und kommt in den Sprachen italienisch, französisch und englisch gut zurecht. Vor 22 Jahren begann er Da-sheng-men (Affenboxen) zu lernen und übt immer noch.
2018 hat er erstmals außerhalb des Journalismus einen Beratungsauftrag aus der Wirtschaft in Sachen Krisenkommunikation angenommen und umgehend Erfolg damit gehabt. Zwei weitere Beratungsaufträge folgten kurz darauf, ebenfalls erfolgreich. Der Geschäftsbereich „Beratung“ wird von ihm ausgebaut, dabei wird auf strikte Trennung journalistischer und beratender Tätigkeiten geachtet. Sein Credo: „Konflikte gehören zum Leben. Man sollte sie verständig lösen – und eine Lösung gibt es immer, notfalls auch eine harte.“ Kontakt: kontakt@prothmann.org.