Rhein-Neckar/Stuttgart/Berlin, 23. März 2020. (red/pro) Der Staat übernimmt das öffentliche Leben und schränkt es massivst ein. Da kann man mitgehen, wenn es eine Bedrohung gibt, wie aktuell durch SARS-CoV-2, die das öffentliche Leben ohne geeignete Maßnahmen ins Chaos stürzen könnte. Aber man muss wachsam bleiben, denn diese Maßnahmen dürfen nicht zum Normalfall werden.
Von Hardy Prothmann
Das RNB steht aus Überzeugung für gnadenlose Transparenz und grundlegende Information. Um Ihnen das ganz ehrlich mitzuteilen: Wir sind nur eine kleine Redaktion und am Ende unserer Kräfte.
Wenn Sie unsere Texte aus den vergangenen zwei Wochen gelesen haben, wissen Sie, dass wir Sie trotzdem sehr gut informiert haben und vor allem vorausschauend. Wenn nicht, holen Sie das nach.
Aktuell wird die öffentliche Information fast ausschließlich durch Behörden, Ämter, Regierungen und wissenschaftliche Institute bestimmt. Eine Kontrolle der Informationen, die sich fast stündlich, mindestens täglich ändern, ist kaum noch möglich. Wer was anderes behauptet, lügt.
Gleichzeitig ermächtigt sich der Staat in atemberaubender Geschwindigkeit der Aussetzung von Grundrechten und dem Erlass von „Allgemeinverfügungen“. Hier arbeiten sehr komplexe Systeme vieler Verwaltungen, die erheblich besser in Rechtssachen gerüstet sind, also jede Redaktion in dieser Republik.
Es ist schier unmöglich, sich solide an eine konstruktive Überprüfung zu machen, insbesondere dann, wenn eine Allgemeinverfügung die nächste jagt.
Die grundlegenden Sachverhalte sind enorm komplex und entsprechen nicht dem „journalistischen Alltag“, den man sonst so kennt.
Erschwerend kommt hinzu, dass es zwar jede Menge staatliche Informationen gibt, die auf allen Kanälen in kurzer Folge veröffentlicht werden, aber kaum eine Pressestelle erreichbar ist.
Absolut empörend ist, dass einzelne Behörden dazu übergehen, die Meinungsbildung mit emotionalen Mitteln zu beeinflussen zu versuchen. In autoritären Systemen würde man das Propaganda nennen.

Wer ist „wir“, wer ist „ihr“. Fordert die Polizei Mannheim Ärzte, Pfleger, medizinisches Personal, kommunale Mitarbeiter, sonstige Arbeitnehmer, also „alle“ auf, „daheim zu bleiben“? Warum für „uns“? Weil man dann keine Arbeit hat? Was das Polizeipräsidium Mannheim aktuell veranstaltet, ist vielleicht gut gemeint, aber denkbar schlecht gemacht. Behörden haben zu informieren und keine Meinung zu machen. Artikel 5 GG. Eine staatliche Zensur findet nicht statt – auch nicht „im Guten“. Quelle: Polizeipräsidium Mannheim
Hervorzuheben ist hier das Polizeipräsidium Mannheim unter dem neuen Präsidenten Andreas Stenger. Kein Wunder, hat sich dieser doch schon in der Vergangenheit eher als Facebook-Posterboy hervorgetan.
Es steht amtlichen Behörden nicht nur gut an, sondern es wird verwerflich, wenn nicht faktenbezogen informiert wird, sondern über eine emotionale Ansprache „Meinung“ gemacht wird. Das ist nicht Aufgabe staatlicher Behörden. Diese haben Sachverhalte zu kommunizieren und damit basta – alles andere sind staatliche Übergriffe, die verfassungsmäßig höchst problematisch sind.
Offenbar fällt das nur dem RNB als kritischem Medium auf. Der Rest der Medien im Berichtsgebiet schläft mal wieder, völlig inkompetent und ohne Blick aufs Ganze.
Es gibt sicher wieder Leute, die das bewusst falsch verstehen wollen. Deshalb: Nein, ich kritisiere nicht eine offensive Öffentlichkeitsarbeit der Polizei oder anderer Behörden. Die müssen sich aber an Fakten halten.
Ab dem Zeitpunkt, ab dem inszenierte Fotos veröffentlicht werden, mit „Botschaften“ jenseits von Fakten, wird die Behörde Akteur der Meinungsbildung und damit auch Zensor, weil Behörden insgesamt als besonders glaubwürdig gelten müssen.
Ein Blick ins Grundgesetz macht die Sache klar: Eine staatliche Zensur findet nicht statt. Wenn Behörden aber „Themen setzen“ und „emotional ansprechen“, greifen sie aktiv in den Meinungsbildungsprozess ein.
Und das ist grundgesetzwidrig.
Herr Polizeipräsident Stenger – beenden Sie das, bevor Sie möglicherweise rechtlich belangt werden.
P.S. Alle Leser/innen des RNB wissen, dass ich ein großer Freund der Polizei bin und mir sehr viele Beamte bis hin in behördliche Strukturen sehr dankbar sind, weil ich in den vergangenen Jahren durch Gegenrecherchen mehrmals massive Vorwürfe gegen Beamte nicht nur entkräften, sondern darlegen konnte, wie subversive Kräfte und auch sensationsgeile Medien versucht haben, die Polizei insgesamt oder einzelne Beamte zu beschädigen. Es ist meine Pflicht als Journalist, immer kritisch zu sein – in diesem Fall geht es halt gegen eine Öffentlichkeitsarbeit der Polizei, die Grenzen des amtlichen Handelns überschreitet. Sorry, muss aber sein. Ist nur professionell und nicht persönlich gemeint.