Rhein-Neckar/Berlin, 23. März 2018. (red/pro) Aktualisiert. „Damit hat jeder das, was er zum Leben braucht“, behauptete der neue Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Anfang März. Er kommentierte damit den Anteil für Ernährung für Menschen, die von Sozialhilfe leben. Redaktionsleiter Hardy Prothmann dokumentiert seit dem 19. März zwei Wochen lang seinen täglichen Speiseplan nach dem Regelsatz. Die spannende Frage ist, ob und wie man sich von den 145,04 Euro pro Monat, die anteilig für Ernährung im Hartz IV-Regelsatz enthalten sind, ernähren kann. Tag 5 bietet bietet einen gesunden Start und dann wirds deftig.
Von Hardy Prothmann
(Anm. d. Red.: Artikel wurde am Abend ergänzt.)
Frühstück
Das Frühstück bestand wie gestern aus einer frischen halben Ananas mit Speisequark (20 Prozent Fett). Dazu Kaffee. Die Kosten: 65 Cent für die halbe Ananas, die wir im Angebot für 1,29 Euro gekauft haben. 26 Cent für 125 Gramm Quark sowie 20 Cent für den Kaffee. Also 1,11 Euro gesamt. Das Frühstück hatte rund 310 Kalorien. Aufwand: 2 Minuten.
Wir haben das Frühstück wiederholt, weil die Ananas schon sehr reif war und damit weg musste. Wegwerfen von Lebensmitteln sollte bei dem kleinen Budget vermieden werden.

Die frische Ananas ist gesund, lecker und gibt Energie. Der Quark sättigt.
Mittagessen
Gestern Abend gab es ja Fischstäbchen mit Pellkartoffeln. Wir haben einfach mehr Kartoffeln gekocht, weil es heute Bratkartoffeln mit Speck und Zwiebeln, sauren Gurken und Ketchup gibt.
Wir verwenden für eine deftige Portion 500 Gramm der vorgekochten Kartoffeln (Achtung, die haben wir gestern früher rausgenommen, damit sie nicht weichgekocht sind). Wir geben 60 Gramm Speck in eine Pfanne mit Butterschmalz, dazu eine kleingeschnittene Zwiebel. Das braten wir kurz an und holen dann Speck und Zwiebeln aus der Pfanne – denn die Kartoffeln müssen relativ lange braten, Speck und Zwiebeln sollen zwar kross sein, aber nicht verbrennen.
Bratkartoffeln sind zwar einfach, aber aufwändig im Wortsinn, man muss sie häufig wenden, damit sie schön knusprig werden, aber nicht verbrennen. Also stehen wir gut 20 Minuten am Herd und wenden so alle 30 Sekunden bis eine Minute bei Stufe 5 auf unserer Induktionsherdplatte. Tipp: Je größer die Pfanne, desto besser, weil die Kartoffelscheiben dann den besten Kontakt zur Pfanne haben. Wir geben nochmals Butterschmalz hinzu – davon braucht man recht viel, wir verwenden 50 Gramm. Am Ende kommen Speck und Zwiebeln nochmal rein. Salzen und Pfeffern, umrühren, fertig.

Deftig, lecker, kalorienreich: Bratkartoffeln mit Speck. Alternativ kann man jegliche Art von Gemüse dazu machen. Ob mit oder ohne Ketchup – da sind die Geschmäcker verschieden.
Das fertige Mittagessen, 500 Gramm Kartoffeln (10 Cent), 60 Gramm gewürfelten Speck (40 Cent), 87 Gramm Zwiebel (4 Cent). Dazu Gewürze und Butterschmalz 40 Cent, zwei Gewürzgurken (80) Gramm für 40 Cent. Gesamt: 1,34 Cent.
Die Bratkartoffeln mit Speck haben rund 700 Kalorien. Hinzu kommen 120 Kalorien durch Zucker im Ketchup (500 Milliliter), aber davon verwenden wir nur 80 Gramm, also nochmals rund 20 Kalorien dazu, Summe: 720 Kalorien.
Tipp: Man kann natürlich auch andere Kräuter (der Provence) dazu geben oder noch Eier dran machen.
Selbstgemachtes Ketchup
A propos Ketchup: Das haben wir selbst gemacht. 500 Milliliter passierte Tomate (geht auch mit ganzen Früchten, ist aber aufwändiger), 5 Teelöffel Zucker, 4 Esslöffel Apfelessig, 2 Esslöffel Olivenöl, eine kleingeschnittene Zwiebel (80 Gramm), Salz und Pfeffer.

Selbst gemachtes Ketchup ohne Konservierungsstoffe (naja, der Zucker konserviert schon). Im Kühlschrank hält sich die Sauce locker ein bis zwei Wochen. Man kann auch einfrieren.
Wir braten die Zwiebeln in Öl an, geben den Zucker dazu, lassen die Masse karamellisieren, gießen den Essig auf, kurz brodeln lassen, dann die Tomaten hinzufügen. Bei niedriger Hitze 8 Minuten kochen lassen – wer es dickflüssiger mag, gibt noch Tomatenmark hinzu. Danach ab in den Mixer und mit einem Trichter in eine Flasche abfüllen – fertig ist das selbstgemachte Ketchup. Geschmacklich kann man hier experimentieren, etwa Curry hinzugeben oder Worchestersauce (american style).
Preis: 35 Cent für die Tomaten, 4 Cent die Zwiebel, 5 Cent Öl, Essig, Gewürze, Zucker. Also 600 Milliliter Ketchup für 44 Cent – den Preis bekommt man nur, wenn man große Fertigprodukte kauft. Wer nur ab und zu Ketchup isst, macht ihn besser selbst frisch. Aufwand: 10 Minuten. 6 Cent kommen für die Portion Ketchup zum Mittagessen hinzu. Gesamtkosten: 1,40 Euro.
Über die Kartoffeln haben wir noch gefrorene Petersilie und frische Kresse gegeben, beides selbst gezogen und vom Preis her nicht messbar. Ketchup und Bratkartoffeln haben wir parallel hergestellt, Aufwand: 25 Minuten.
Zusammen mit dem Frühstück haben wir 2,51 Euro ausgegeben. Kalorien: 1.030. Aufwand für zwei Mahlzeiten: 27 Minuten.
Tipp: Gemüseabfälle sind keine. Man kann sie sehr gut verwerten, um daraus Suppen herzustellen, wie wir an Tag 4 gezeigt haben. Sehr eingedickt kann man das auch einfrieren und spart sich so den Kochaufwand beim nächsten Mal. Oder man kocht sehr dick ein und füllt diese Basis in Eiswürfelform und ab ins Eisfach. Damit hat man „Brühwürfel“ für andere Gerichte, die Gemüsegeschmack erhalten sollen – ohne jegliche Konservierungsstoffe mit den vielen „E“. Reinwerfen kann man so gut wie alles – dadurch entstehen natürlich auch unterschiedliche Geschmäcker. Die Tomatenschalen haben wir also aufbewahrt – geht gut in der Gemüsebox des Kühlschranks oder im Winter auch draußen, wenn man einen Balkon hat. Aber Achtung: Lichtgeschützt und auch gegen Tierchen und Wasser aufbewahren.
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Abendessen
La Pizza – Millionen lieben sie, wir auch. Es wird ein einfacher Weizenteig zubereitet – mit 405er Mehl, das Kilo für 35 Cent. Wir benötigen für eine Pizza 150 Gramm Mehl (5,25 Cent), 75 Gramm Wasser, 7 Gramm Hefe (1 Cent), Salz, ein Teelöffel Olivenöl (2 Cent). Das Geheimnis eines guten Pizzateigs – ordentlich kneten und dann gehen, gehen, gehen lassen. Drei, besser vier Stunden. Den Teig rollt man dann dünn aus und piekst ihn verteilt mit einer Gabel an. Knetaufwand rund 12 Minuten. Dann gehen lassen und noch zwei Mal neu falten je 2 Minuten.
Drauf kommt Sugo, also passierte Tomaten, 120 Gramm (8,4 Cent). Drei Scheiben geräucherter Schinken (13 Cent), drei Scheiben Salami (12 Cent), grüne, entkernte Oliven (23 Gramm, 11 Cent), 30 Gramm Spitzpaprika rot (18 Cent), 23 Gramm frische Champignons (14 Cent) und oben drauf 50 Gramm Käse (36 Cent).

Die Pizza – weltweit beliebt, immer lecker, nahrhaft und sättigend. Mit ein wenig Übung gelingt die jedem.
Bei 220 Grad in den Ofen mit Ober- Unterhitze, nach rund 20 Minuten duftet die Pizza und ist fertig. Gesamtkosten: 1,21 Euro. Kalorien sind das ungefähr 850 – durch die Kalorienbomben Mehl und Käse. Zeitaufwand: 18-20 Minuten.
Gesamtkosten heute: 3,72 Euro. Sprudelwasser entfällt, wir haben Leitungswasser getrunken (0,2 Cent pro Liter). 1.880 Kalorien sind leicht unter dem Tagesbedarf. 1,12 Euro wurden nicht verbraucht, wir haben jetzt mit den Einsparungen der Vortage ein „Guthaben“ von 4,35 Euro.
Zur Erinnerung: Ziel ist nicht, krampfhaft unter 4,84 Euro pro Tag zu bleiben, sondern zu zeigen, wie man einfache Gerichte kochen kann, die lecker sind, eine ausgewogene Ernährung ergeben und wenn man dabei auf den Preis achtet, tatsächlich mit dem Budget auszukommen. Das ist an allen fünf Tagen bisher ohne Anstrengung gelungen. Einzige Voraussetzung: Wir haben selbst Brot gebacken und alle warmen Mahlzeiten selbst gekocht.
Hätten wir die Pizza in einem Imbiss gekauft, wären wir mindestens 6, eher sieben Euro los gewesen. Wir hätten also nicht im Budget bleiben können.
Woher kommen die Lebensmittel und wie bereite ich sie zu?
Den Pizzateig haben wir selbst gemacht.
Alle anderen Lebensmittel haben wir in verschiedenen Supermärkten gekauft. Tipp: Man sollte Märkte suchen, wo Gemüse einzeln zu kaufen ist. Zwar spart man bei größeren Mengen meist – man wirft aber möglicherweise auch viel weg, weil das Gemüse verdirbt, dann liegt man teurer. Gutes Mehl kann man in größeren Portionen auch sehr günstig kaufen – Einkaufsgemeinschaften lohnen sich also.
Pizza ist ein gutes Gericht, um Reste zu verwerten. Dann schmeckt sie auch immer anders.
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Zubereitungszeiten: Frühstück 2 Minuten, Mittagessen 27 Minuten, Abendessen 18-20 Minuten. In Summe 49 Minuten.
Habe ich mich ausgewogen ernährt?
Wir führen hier keine Debatte über Fleisch oder kein Fleisch, Bio oder nicht. Bei der Frage zur ausgewogenen Ernährung haben wir den Grundumsatz und den Kalorienbedarf im Blick. Bei einem erwachsenen Mann sind das rund 2.000 Kalorien Grundumsatz und bis zu 2.900 bei normaler körperlicher Betätigung.
Zusammengerechnet komme ich heute auf rund 1.880 Kalorien und bin satt geworden. Die Kalorienzahl liegt nur knapp unter den nötigen 2.000 Kalorien – dieser Tag ist also auch gut für meine Figur. Wenn ich doch noch „Lust“ hätte, könnte ich mir noch ein Brot machen.
Es gab Obst, Hefe, Milchprodukte (Käse, Quark), Wurstwaren (Schinken, Salami) Mehl, Kartoffeln, Zwiebel, Oliven, Schinken, Salami, Champignons, Tomaten, Gewürzgurken. Die Ernährung enthält Kohlenhydrate, verschiedene Eiweiße, verschiedene Fette, Ballaststoffe, Vitamine, also alles, was zu einer gesunden Ernährung gehört. Mittag- und Abendessen waren „frisch“ zubereitet.
Bin ich mit dem durchschnittlichen Regelsatz ausgekommen?
Ja, wie schon in den ersten beiden Tagen. Die Kosten betrugen 3,72 Euro. Somit bleiben 1,12 Euro Guthaben. Zusammen mit den 3,23 Euro der Vortage sind aktuell 4,35 Euro eingespart.
Wichtig: Lebensmittel, die „vorbereitet“ oder bereits fertig zubereitet sind, sind meistens auch teurer. Klar, die Hersteller preisen ihre Dienstleistung der Zubereitung ein. Als Faustregel gilt also: Selber machen ist günstiger und frischer, bei gewissen Lebensmitteln lohnt sich der Aufwand aber nicht und andere kann man nicht selbst herstellen (die meisten Käse beispielsweise). Unsere Pizza war leckerer als ein Tiefkühlpizza, selbst wenn man hier eine für drei Euro gekauft hätte, wäre die sehr viel teurer und nicht so gut gewesen. Außerdem haben wir individuell belegt und keinen Verpackungsmüll.
Man muss natürlich auch Strom rechnen, doch dazu in späteren Artikeln mehr. Aktuell geht es rein um die Ernährungspreise.
Hinweis: Unsere Redaktionsküche ist nichts Besonderes. Die Ausstattung: Kühlschrank hoch mit Gefrierteil. 2 Induktionsherdplatten. Backofen. Küchenmaschine. Wasserkocher. Dazu typisches Kochbesteck, diverse Messer, Handrührgerät, Zauberstab, Schneidbretter, diverse Vorratsdosen, Schüsseln. Kleiner, mittlerer, großer Topf. Kleine und große Pfanne. Wassersprudler. Küchenwaage. Nicht eingerechnet sind Energiekosten – die sind aber auch nicht im Regelsatz enthalten. Wir berechnen Kosten für vorhandene Lebensmittel wie Öl, Essig und Gewürze und sonstige Zutaten.
Teilnehmer: Wir haben auf unseren Aufruf verschiedene Rückmeldungen erhalten. Parallel zu dieser Dokumentation schreiben die Teilnehmer auf, was diese in 15 Tagen ausgeben. Teilnehmer sind: Männlicher angestellter Single. Weibliche Studentin Single. Alleinerziehende Mutter, angestellt, ein Kind. Angestellter Vater, angestellte Mutter, zwei Kinder. Klar ist: Je weniger Menschen zu ernähren sind, umso höher sind die Kosten und der Aufwand – die sich sonst auf mehrere Personen verteilen. Allein die Zeit spielt eine Rolle: Es macht wenig Unterschied, ob man für eine Person oder für vier Personen Mahlzeiten zubereitet. Größere Mengen erzeugen meist auch im Verhältnis kleinere Kosten.
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