Mannheim, 23. Juni 2016. (red/cr/hmb) Unser FSJ-Kultur neigt sich dem Ende zu. Aber nicht unsere Motivation! Zum Abschluss lassen wir die vergangenen Monate noch einmal Revue passieren. Wir waren ausgezogen, um das Schreiben zu lernen und lernten doch viel mehr.
Von Christin Rudolph und Hannah-Marie Beck
Unser FSJ Kultur ist fast vorbei – im September 2015 ging es los und wir wussten nichts über Journalismus, also wie man den macht. Jetzt können wir beide sagen, dass uns niemand mehr so schnell etwas vormacht – wir haben gelernt, Dinge kritisch zu hinterfragen, Texte zu analysieren, Zusammenhänge zu erkennen und aufzubereiten.
Wir kennen den Redaktionsalltag und wissen, dass das Leben manchmal ein ruhiger Fluss ist und dann ein Wildwasser – Improvisationskunst auf Basis guten Handwerks ist gefragt.

Christin Rudolph beim Presserundgang auf dem Mittelaltermarkt. Lesetipp: Allerlei Gaukler, Ritter und Barden tummelten sich im Herzogenriedpark.
Termine, Termine, Termine…
Wir waren auf so vielen Terminen. Doch welcher war der beste? Vielleicht die Premiere von „Hamlet“ im Nationaltheater – ein super Stück! Und nach Schauspielintendant Burkhard C. Kosminski auch eine super Besprechung bei uns. Ebenso lobte er Christins Interviewfragen als „auf Spiegelniveau“.
So ein Termin ist kein Ausflug! Unter der ganzen Flut von Kulturveranstaltungen und Presseeinladungen muss man sich erstmal zurecht finden und Prioritäten setzen. Dann heißt es akkreditieren und fragen, ob man fotografieren darf – oder, wo man Fotos herbekommt ohne dabei Urheberrechtsverletzungen zu begehen. Veranstaltungsort und Pressetisch finden ist oft auch gar nicht so einfach.
Zum Beispiel war Christin bei ihrem ersten Besuch in einem Gemeinderatsausschuss ziemlich erleichtert, als sie endlich den Saal gefunden hatte. Nur um festzustellen, dass sie gar nicht wusste, wo die Vertreter der Presse sitzen. Doch zum Glück traf sie einen Ritter, wenn auch ohne Ross: Dennis Baranski (Stadt Mannheim) wurde schnell unser gemeinsamer Lieblingspressesprecher.
Nicht termingeil
Manchmal kommt der Chefredakteur unvermittelt mit großen Themen um die Ecke: „Hey, macht doch mal was zu Zwangsheirat!“ Uff… Gesagt getan, denn die Arbeit einer Journalistin besteht nicht nur daraus, auf Termine zu gehen. Am Anfang steht immer die Recherche.
Für einen hintergründigen Text braucht man dann auch mal länger – und mit seiner Erfahrung findet der Chef sofort alle Schwachstellen, wenn er unsere Texte liest. Auf die veröffentlichten Ergebnisse sind wir dann besonders stolz – denn wir wissen, wie viel Arbeit darin steckt und dass der Chef entschieden hat: „Das kann raus.“
Draußen „im Feld“ haben wir Fotografieren und richtig Mitschreiben gelernt – „richtig“ ist immer subjektiv. „Richtig“ heißt, das Wesentliche, das worauf es dem Reporter ankommt, um eine Geschichte zu erzählen, in der die Fakten stimmen und die Leserinnen und Leser einen Ausschnitt der Welt betrachten können. Denn Artikel sind immer nur Ausschnitte. Man muss viele lesen, um ein Gesamtbild zu bekommen.
Wir sind zahlreichen interessanten Menschen begegnet, denen wir immer wieder Löcher in den Bauch fragen durften. Mit der Zeit lernt man Gesprächsführung und Fragetechniken, die einem Plan folgen und trotzdem fair sind.
In diesem Jahr besuchten wir so viele Kultureinrichtungen, wie nie zuvor. Dabei haben wir neues kennengelernt: Neue Formate und neue Kunstformen.
Denn wir sind auch zu Veranstaltungen gegangen, die nicht unbedingt unseren Interessen entsprachen – was für ein Glück, denn häufig konnten wir uns begeistern und haben etwas Neues kennengelernt, das wir sonst nie beachtet hätten.
Als Journalistinnen lassen wir uns gerne unterhalten. Die Aufgabe ist aber zu beschreiben, wie man die Aufführung einordnen kann und wie sie dem Publikum gefällt. Wir betrachten das Große-Ganze und die kleinen Details, damit wir sie später aufschreiben können.
Kochtipps und Fahrradflicken
Zu einem fertigen Text gehören allerdings nicht nur Buchstaben. Bildbearbeitung und Layout waren für uns überwiegend Neuland. So besteht dieser Text in Wahrheit aus einem ganz verwirrenden html-code. Ohjemine. Vom Newsletter wollen wir gar nicht erst anfangen… Und dann noch Facebook und Twitter und die Organisation der Daten in der Redaktion. Die Pflege von Schlagworten, die Zusammenfassung von Texten zu Dossiers – es war nie langweilig.
Spannend war es für uns auch, Redaktionskonferenzen zu organisieren und sogar zu leiten. Es ist gar nicht so leicht, in den teils hitzigen Diskussionen zu einem Ergebnis zu kommen und das dann ordnungsgemäß zu protokollieren.
Während unseres FSJ Kultur haben wir viel fürs Leben gelernt – nicht nur journalistisch. Wir bekamen sogar Kochtipps vom Chefredakteur, der nebenbei auch mal schnell zeigt, wie Hannah-Marie ihren platten Fahrradreifen selbst flicken kann. Damit wäre bewiesen: Journalismus ist und bleibt Handwerk. 😀

Besser als in der Mensa – leckeres Essen von Chefredakteurkoch Hardy Prothmann.
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