Wiesloch/Rhein-Neckar, 22. April 2014. (red/ld) Das Landratsamt sucht derzeit verstärkt Tageseltern aus dem türkischen Kulturkreis, um auch muslimischen Eltern ein passendes Betreuungsangebot zu ermöglichen. Der kulturelle Hintergrund der Tageseltern spiele für türkische Familien eine geringe Rolle, sagt Emine Kaplan aus Wiesloch.
Von Lydia Dartsch
Türkischstämmige Kinder betreut Emine Kaplan erst seit diesem Jahr. Es sind die Zwillinge ihrer Freundin. Anfragen von anderen türkischen Eltern hatte die türkischstämmige Frau bisher nicht. Das werde sich ändern, wenn ihre Freundinnen Familien gründen, sagt sie. Sich zu kennen sei am wichtigsten, wenn eine türkische Familie ihre Kinder zu einer Tagesmutter gibt.
Außerhalb ihres türkischen Freundeskreises habe sie bisher keine Anfragen von türkischen Familien bekommen. Bei den anderen Eltern laufe der Kontakt wie üblich: Man lernt sich kennen. Die Kinder kommen zur Eingewöhnung und wenn alles passt, kommen sie wieder. „Bisher waren alle zufrieden mit mir“, sagt die Tagesmutter. Die Kinder betreut sie in einer großen, dafür geeigneten Erdgeschosswohnung. Das Mehrfamilienhaus gehört ihrem Vater, der mit ihrer Mutter im selben Haus wohnt.
„Manchmal gibt es auch türkische Gerichte
Mit den Kindern spricht sie Deutsch. Das wollen auch die Eltern der Zwillinge so. Als die beiden noch nicht bei ihr waren, habe sie mit den Kindern vor allem die christlichen Feste, wie Ostern und Weihnachten, gefeiert. Mit den türkischen Kindern könne sie nun auch das Opfer- und das Zuckerfest in den Jahresablauf integrieren, sagt sie.
Das Mittagessen kocht Frau Kaplans Mutter selbst. Manchmal auch türkische Gerichte. Schweinefleisch gibt es nicht. Auch das sei wichtig für die Familien aus dem türkischen Kulturkreis. Dessen könnten sich die Eltern bei einer türkischen Tagesmutter sicher sein, sagt Emine Kaplan. Schwein habe es bei ihr noch nie gegeben, sagt sie: „Es war bisher auch kein Thema, dass das sein muss.“
Seit knapp zwei Jahren ist die gelernte Erzieherin als Tagesmutter selbständig. „Die Arbeit mit den Kindern macht mir Spaß“, sagt sie. Auch, wenn ihre Arbeitstage elf Stunden lang sind und zusätzlich zur Kinderbetreuung die Büroarbeit dazu kommt: Dokumentationen über die Entwicklung der Kinder, Rechnungen und so weiter.
Traditionelle Rollenverteilung wird aufgebrochen
Frauen wie Emine Kaplan werden derzeit verstärkt im Landkreis gesucht. Eine Informationsveranstaltung am 24. März richtete sich speziell an Menschen aus dem türkischen Kulturkreis. Dadurch wolle man türkischen beziehungsweise muslimischen Eltern ein passendes Betreuungsangebot bieten und damit dem Wunsch- und Wahlrecht auch dieser Eltern näher kommen, sagt Thomas Rohleder vom Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis.
Insgesamt sind acht Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und drei Jahren bei Emine Kaplan angemeldet. Sie betreut immer fünf gleichzeitig. Meist seien beide Eltern ihrer Tageskinder arbeiten. Eine Entwicklung, die auch bei türkischstämmigen Eltern zunehme: Traditionelle Rollenverteilungen würden aufgebrochen. Die Frauen ihrer Generation seien besser ausgebildet und würden arbeiten gehen. Sie selbst kenne das noch anders, sagt sie:
Als ich klein war, haben sich meine Großmutter und meine Mutter um mich gekümmert. Mittlerweile findet ein Bewusstseinswandel statt.
Mittlerweiler fänden es viele Eltern besser, wenn ihre Kinder mit Gleichaltrigen spielen, sagt Frau Kaplan. Ihre Freundin bringe die Zwillinge unter anderem deswegen zu ihr. Hier lernen sie einen anderen Tagesablauf kennen, sagt sie. Außerdem könne sich ihre Freundin so um ihr drittes Kind kümmern.