Mannheim/Rhein-Neckar, 22. April 2014. (red/ms/Fotos: Q-Press) Der brutale Sexual-Mord an der 20-jährigen Studentin Gabriele Z. Anfang Oktober 2013 schockierte ganz Mannheim. Heute, um 09:00 Uhr, begann im Landgericht Mannheim der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder Emil S. Dem 41-Jährigen werden außerdem gewaltsame Übergriffe und Raubüberfälle gegen drei weitere Frauen zur Last gelegt. Die Beweislage scheint in allen Fällen erdrückend. Der Angeklagte selbst wird sich nicht zu den Vorwürfen äußern, wie sein Verteidiger Maximilian Endler zu Beginn des Prozesses mitteilte. Nach den ersten zwei Stunden wurde der Prozess unterbrochen, um 13:00 Uhr beginnt die Beweisaufnahme.
Von Minh Schredle
Der Andrang ist gewaltig: Schon etwa eine halbe Stunde vor Prozessbeginn wartet eine Hundertschaft an interessierten Zuschauern vor dem Saal, in dem der Prozess gegen Emil S. in den kommenden Monaten stattfinden wird. Die Sicherheitsvorkehrungen sind hoch: Eine Gruppe von Polizisten kontrolliert penibel jeden Besucher. Jeder muss seine Taschen leeren und wird sorgfältig abgetastet. Der Prozessauftakt war auf 09:00 Uhr angesetzt. Zwanzig Minuten davor werden die ersten Besucher eingelassen. Bis die letzten kontrolliert sind, ist es schon 09:15 Uhr.

Großer Andrang am ersten Prozesstag im Mordfall Gabriele Z.
Viele Besucher schaffen es gar nicht bis in den Gerichtssaal – ihnen wird von den Sicherheitsbeamten der Zutritt verweigert. Obwohl es so aussah, als seien deutlich mehr Menschen gekommen, als Plätze im Gericht verfügbar sind, bleiben in den hinteren Reihen ein paar Sitze frei. In den vorderen Reihen sind etwa 20 Journalisten. Familienangehörige von Gabriele Z. sind zum Prozessauftakt nicht anwesend. Sie wollen im Laufe des Verfahrens aus Litauen anreisen und bei der Urteilsverkündung vor Ort sein.
Richter des Verfahrens ist Dr. Ulrich Meinerzhagen, Oberstaatswanwalt ist Oskar Gattner. Persönlich sind als Nebenkläger nur die beiden Mädchen im Gerichtssaal, die in Grünstadt überfallen wurden. Die Familie von Gabriele Z. und die 48-jährige Frau aus Speyer, die ebenfalls brutal überfallen worden war, lassen sich durch Anwälte vertreten.

Intensive Kontrollen der Zuschauer.
Angeklagter macht keinen guten Eindruck
Als der Angeklagte den Raum betritt, geht ein Raunen durch den Saal. Emil S. ist ein relativ kleiner Mann mit bauschigen Schnurrbart und zerzausten schwarzen Haaren. Er trägt ein etwas ausgewaschenes blaues Hemd, die obersten drei Knöpfe sind offengelassen. Sein rechter Ärmel ist ungestüm umgekrümpelt, sein linker sieht normal aus. Als er zu seinem Platz läuft, guckt er konsequent auf den Boden, kein einiges Mal sieht er zu den Zuschauern herüber. Sobald er sitzt, beginnt er nervös mit seinen Fingern herumzuspielen und atmet schwerfällig.
Emil S. spricht kaum Deutsch. Daher ist eine Dolmetscherin anwesend. Neben ihm sitzen noch seine zwei Verteidiger: Maximilian Endler und Inga Berg. Das einzige, was der Angeklagte dem Gericht mitteilt, sind seine Personalien: Er ist bulgarischer Staatsbürger und war als Gastarbeiter in Grünstadt beschäftigt. Geboren am 13. Februar 1973. Entgegen Meldungen der vergangenen Monate, die verkündeten, es handle sich bei ihm um einen verheirateten Familienvater, sagte er vor Gericht aus, mittlerweile geschieden zu sein.

Verteidiger Maximilian Endler kündigt an, dass sein Mandant, der des Mordes beschuldigte Emil S., keine Aussage machen wird.
Als Oberstaatsanwalt Oskar Gattner die 21 Seiten umfassende Anklageschrift verliest, in der zu rekonstruieren versucht wird, was vorgefallen ist, kommen einigen Besuchern die Tränen. Die gewaltsamen Übergriffe auf eine 48-jährige Frau in Speyer, der Raubüberfall auf zwei junge Mädchen in Grünstadt und die Vergewaltigung und der Mord an Gabriele Z. werden schonungslos detailliert geschildert. Selbst der Richter setzt kurz seine Brille ab und wischt sich über die Augen.
Sicherheitsverwahrung erscheint wahrscheinlich
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten Raubüberfälle in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung in mehreren Fällen, so wie Vergewaltigung mit Todesfolge und Mord vor. Wird Emil S. für alle Vergehen schuldig gesprochen, ist eine lebenslange Haft gewiss. Außerdem beurteilt die Staatsanwaltschaft ihn als gemeingefährlichen Triebtäter und fordert eine anschließende Sicherheitsverwahrung.
Der Angeklagte wirkt währenddessen geradezu apathisch. Zu keinem Zeitpunkt verzieht er seine Miene, er schaut vollkommen regungslos zu Boden. Als der Richter den Angeklagten auffordert, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, antwortet sein Anwalt Maximilian Endler:

Das Gericht hat 23 Prozesstage angesetzt. Vorsitzender Richter ist Dr. Ulrich Meinerzhagen (Bildmitte).
Der Angeklagte wird bis auf Weiteres von seinem Schweigerecht Gebrauch machen.
Aus juristischer Perspektive dürfen aus einem Schweigen keine nachteiligen Schlüsse gegen einen Beschuldigten gezogen werden. Aus psychologischer Perspektive ist es das anders: Denn ein Unschuldiger würde mit hoher Wahrscheinlichkeit angesichts einer derart schweren Anklage sicher versuchen, sich gegen diese Vorwürfe zu verteidigen.
Erdrückende Beweislast
Überhaupt erscheint die Beweislage erdrückend: Die DNA-Spuren, die an Gabriele Z. zurückgelassen wurden, stimmen mit denen von Emil S. überein. Verschiedene Besitztümer der Opfer wurden in seiner Wohnung gefunden, wie etwa Gabrieles Handy. Außerdem werden die geschädigten Frauen, die überlebt haben, als Zeuginnen gegen ihn aussagen. Und dennoch gilt bis zur Urteilsverkündung die Unschuldsvermutug.
Nach den ersten zwei Stunden, in denen hauptsächlich Formalitäten geklärt wurden, wurde die Verhandlung unterbrochen. Heute um 13:00 Uhr wird sie fortgesetzt, dann startet die Beweisaufnahme. in den kommenden Wochen sind insgesamt 23 Verhandlungstage angesetzt, die Urteilsverkündung ist vorläufig auf den 18. Juli festgelegt. Diese Daten sind allerdings nicht in Stein gemeiselt: Je nach Verlauf kann es schon deutlich früher oder auch sehr viel später zu einem Urteil kommen.